zu schlie?en.«

»Aber sind die sich denn daruber klar, was das bedeutet?« O'Donnell war aufgesprungen, seine Stimme klang erregt. »Wissen die denn nicht, da? das praktisch der Schlie?ung des Krankenhauses gleichkommt? Sie haben ihnen doch erklart, da? wir von au?erhalb die Verpflegung fur nicht mehr als eine Handvoll Patienten bekommen konnen.«

Immer noch ruhig antwortete Tomaselli: »Das habe ich ihnen auseinandergesetzt, aber darauf wollen sie keine Rucksicht nehmen. Das Problem ist, da? die Gesundheitsbehorde ein Ubergreifen der Epidemie auf die Stadt befurchtet.«

Orden Brown fragte: »Liegt noch nichts Neues aus der Pathologie vor?«

»Nein.« O'Donnell schuttelte den Kopf. »Sie arbeiten immer noch. Ich war vor einer halben Stunde unten.«

»Ich kann es nicht verstehen.« Der Aus schu?vorsitzende war beunruhigter, als Kent O'Donnell ihn je gesehen hatte. »Vier Tage und zehn Typhusfalle direkt hier im Krankenhaus. Vier davon Patienten. Und wir haben immer noch nicht die Quelle gefunden.«

»Es steht au?er Frage, da? es fur das Labor eine schwere Aufgabe ist«, erklarte O'Donnell, »und ich bin uberzeugt, da? sie dort keine Zeit vergeudet haben.«

»Niemand macht einen Vorwurf«, antwortete Orden Brown scharf. »Jedenfalls nicht in diesem Stadium. Aber wir mussen zu einem Ergebnis kommen.«

»Joe Pearson sagte mir, er rechne damit, da? sie bis morgen vormittag alle Kulturen uberpruft haben. Wenn der Typhustrager sich unter dem Kuchenpersonal befindet, haben sie ihn bis dahin entdeckt.« O'Donnell wandte sich an Tomaselli. »Konnen Sie die Gesundheitsbehorde nicht uberreden, wenigstens bis morgen mittag zu warten?«

Der Verwaltungsdirektor schuttelte verneinend den Kopf. »Das habe ich schon fruher versucht. Sie haben uns schon vier Tage Zeit gelassen, und sie wollen nicht langer warten. Der Leiter des Gesundheitsamts war heute vormittag hier und kommt um funf Uhr wieder. Wenn wir dann kein Ergebnis vorlegen konnen, mussen wir, furchte ich, seiner Anordnung folgen.«

»Und was beabsichtigen Sie in der Zwischenzeit zu tun?« fragte Orden Brown.

»Meine Abteilung arbeitet schon den Plan aus.« Harry Tomasellis Stimme verriet jetzt den gleichen unglaubigen Arger, der sie alle gepackt hatte. »Wir gehen dabei von der Annahme aus, da? wir das Krankenhaus schlie?en mussen.«

Wieder herrschte ein langes Schweigen, dann fragte der Verwaltungsdirektor: »Kent, konnen Sie um funf Uhr hier sein, um den Leiter des Gesundheitsamtes mit mir zu empfangen?«

»Ja«, antwortete O'Donnell finster, »das kann ich wohl einrichten.«

Die Anspannung, mit der die drei Manner in dem Labor arbeiteten, war ebenso gro? wie ihre Erschopfung.

Dr. Joseph Pearson war zusammengefallen, seine Augen rot gerandert, und die Langsamkeit seiner Bewegungen verriet seine Mudigkeit. Wahrend der letzten vier Tage und drei Nachte war er im Krankenhaus geblieben, hatte sich nur ein paar Stunden Schlaf auf einem Feldbett gegonnt, das in seinem Buro aufgestellt worden war. Er war seit zwei Tagen nicht rasiert, sein Anzug war zerknittert, sein Haar stand ihm wild um den Kopf. Nur am zweiten Tag war er ein paar Stunden nicht in der Pathologie anwesend gewesen. Niemand wu?te, wohin er gegangen war, und Coleman war nicht in der Lage gewesen, ihn ausfindig zu machen, obwohl von dem Verwaltungsdirektor und Kent O'Donnell mehrfach nach Pearson gefragt wurde. Als er wieder erschien, hatte er fur seine Abwesenheit keinerlei Erklarung abgegeben und sich wieder der Uberwachung der Kulturen und Unterkulturen zugewendet, mit denen sie beschaftigt waren.

Jetzt fragte Pearson: »Wieviel haben wir fertig?«

Coleman sah in eine Liste. »Neunundachtzig«, antwortete er. »Damit bleiben noch funf fur morgen vormittag, die im Brutkasten stehen.«

David Coleman, der zwar frischer als der alte Pathologe erschien und dessen personliche Erscheinung nicht die Zeichen au?erlicher Vernachlassigung zeigte wie Pearson, spurte trotzdem eine uberwaltigende Mudigkeit, die ihn sich fragen lie?, ob er so lange aushalten wurde wie der alte Mann. Im Gegensatz zu Pearson hatte Coleman die drei Nachte in seiner eigenen Wohnung geschlafen, wenn er das Labor auc h erst lange nach Mitternacht verlie? und schon gegen sechs Uhr morgens in das Krankenhaus zuruckkehrte.

So fruh das auch war, nur einmal war er vor John Alexander dagewesen, und auch in diesem Fall nur wenige Minuten. An den anderen Tagen hatte der junge Laborant wie von Anfang an schon vor einem der Labortische gestanden und wie eine genau eingestellte Maschine mit sicheren und sparsamen Bewegungen gearbeitet und die Ergebnisse aus jedem Test sorgfaltig in sauberer, lesbarer Schrift niedergeschrieben. Nach den ersten Erklarungen am Anfang war es auch nicht mehr notwendig gewesen, ihm weitere Anweisungen zu geben. Es war so unverkennbar, da? Alexander seine Arbeit vollig beherrschte und wu?te, was er tat, da? Dr. Pearson, nachdem er ihn kurz beobachtet und uberpruft hatte, anerkennend nickte und ihn von da an ganz sich selbst uberlie?.

Pearson wandte sich von Coleman zu Alexander und fragte: »Wie weit sind wir mit den Unterkulturen?«

Alexander las von seinen Notizen ab: »Von neunundachtzig untersuchten Schalen sind zweiundvierzig fur Unterkulturen bestimmt und zweihundertachtzig Unterkulturen angesetzt worden.«

Pearson rechnete im Kopf nach. Halb zu sich selbst sagte er: »Das bedeutet, da? noch weitere hundertvierzig Unterkulturen uberpruft werden mussen und dazu noch die Partie von morgen.«

David Coleman sah zu John Alexander hinuber und fragte sich, was der junge Mann in diesem Augenblick empfinden mochte und ob seine Arbeitswut ihn wenigstens teilweise von seinem personlichen Kummer ablenke. Vier Tage waren seit dem Tod des Babys der Alexanders vergangen. In dieser Zeit waren die ersten Anzeichen des Schocks und der Verzweiflung, die der junge Laborant gezeigt hatte, verschwunden, oder mindestens hatten sie nachgelassen. Coleman vermutete jedoch, da? John Alexanders Empfindungen erst von einer dunnen Schutzschicht verdeckt wurden, und als der junge Laborant ihm seine Absicht mitteilte, Medizin zu studieren, hatte er sie zu entdecken geglaubt. Dieser Plan war ein Thema, auf das David Coleman bisher nicht zuruckgekommen war, aber er beabsichtigte es noch, und sobald die gegenwartige Krise uberwunden war, wollte er mit Alexander ausfuhrlich daruber sprechen. Coleman konnte dem jungen Mann auf Grund seiner eigenen Erfahrungen in vieler Hinsicht raten und behilflich sein. Zweifellos fiel es Alexander, wie er selbst gesagt hatte, nicht leicht - besonders finanziell nicht -, eine bezahlte Stellung aufzugeben und noch einmal Student zu werden. Aber es gab gewisse Punkte und Fallgruben, auf die Coleman Alexander hinweisen konnte, um ihm zu helfen.

Das vierte Mitglied des ursprunglichen Laborteams, Carl Bannister, war zeitweise arbeitsunfahig. Der alte Laborant hatte drei Tage lang und den gro?ten Teil der Nachte durchgearbeitet, die Routineaufgaben des Labors allein ubernommen und den anderen geholfen, sobald er dazu Zeit fand. Heute morgen allerdings war seine Stimme so heiser und stand er offensichtlich so nahe dem volligen Zusammenbruch, da? David Goleman, ohne Pearson erst zu fragen, ihn nach Hause schickte. Bannister war dankbar und ohne Widerspruch gegangen.

Die Vorbereitungen der Stuhlkulturen waren ohne Unterbrechung weitergegangen, wie die Proben im Labor eintrafen. Am zweiten Tag waren die Proben, die am ersten Tag in den Brutkasten gestellt worden waren, zur weiteren Untersuchung bereit gewesen. Dr. Pearson hatte seine Streitkraft neu eingeteilt, damit die Arbeit ohne Unterbrechung weiterging. John Alexander und er selbst setzten die Unterkulturen an, wahrend David Coleman weiter die neuankommenden Stuhlproben vorbereitete.

Die rosa Oberflachen der vorbereiteten Nahrboden in den Schalen zeigten, als sie aus dem Brutkasten genommen wurden, kleine, feuchte Bakterienkolonien an den Stellen, wo am Tage vorher winzige Mengen menschlichen Kots aufgetragen worden waren. Da jede einzelne Stuhl probe Millionen von Bakterien enthielt, bestand die erste Aufgabe darin, die Bakterienkolonien, die offensichtlich harmlos waren, von denen zu trennen, die weiter untersucht werden mu?ten.

Rosafarbene Bakterienkolonien wurden sofort ausgeschieden, da sie keinen Typhuserreger enthielten. Von den blassen Kolonien, die moglicherweise Typhusbazillen enthielten, wurden Proben fur die Unterkulturen in Zuckerlosungen entnommen. Zu jeder ursprunglichen Kultur gehorten zehn Reagenzglaser mit verschiedenen Zuckerlosungen. Es waren diese Reagenzmittel, die nach einer weiteren Behandlung im Brutkasten schlie?lich zeigen wurden, welche Stuhlproben die gefahrlichen und ansteckenden Typhuserreger enthielten.

Heute, am vierten Tag, waren endlich die letzten Stuhlproben eingegangen. Sie stammten alle von

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