«Ich rufe heute abend noch einmal an.«

Als Jeff zuruckkam, berichtete Tracy ihm von dem Gesprach.

«Hast du ihm nicht gesagt, da? wir gesetzestreueBurger werden?«

«Doch, naturlich, Liebling. Ich habe ihm vorgeschlagen, er soll sich jemand anderen suchen.«

«Aber das will er wohl nicht«, vermutete Jeff.

«Er hatbehauptet, nur wir konnten das machen. Und er hat gesagt, es sei vollig gefahrlos undbrachte uns zwei Millionen Dollar.«

«Also ist das, was er im Sinn hat, ungefahr so gutbewacht wie Fort Knox.«

«Oder wie der Prado«, erwiderte Tracy schelmisch.

«Das war ein erstklassiger Plan, mein Schatz. Ich glaube, da habe ich angefangen, dich zu lieben.«

«Und ich glaube, als du meinen Goya gestohlen hast, habe ich angefangen, dich zu hassen.«

«Sei ehrlich«, mahnte Jeff.»Damit hast du schon viel fruher angefangen.«

«Stimmt. Was sagen wir Gunther?«

«Du hast es ihm schon gesagt. Wir arbeiten nicht mehr auf diesem Gebiet.«

«Sollten wir nicht wenigstens herausfinden, was ihm so vorschwebt?«

«Tracy, wir haben abgemacht, da?…«

«Wir fahren ohnehin nach Amsterdam, nicht?«

«Ja, aber…«

«Und wenn wir schon da sind, konnen wir uns doch anhoren,

was er vorzuschlagen hat, oder?«

Jeffbetrachtete sie voll Argwohn.»Du willst es machen, wie?«

«Nein, naturlich nicht! Aber anhoren konnen wir's uns doch…«

Am nachsten Tag fuhren sie nach Amsterdam und stiegen im Amstel?Hotel ab. Gunther Hartog flog aus London ein, um sich mit ihnen zu treffen.

Sie sa?en als harmlose Touristen auf einem Aussichtsboot, das uber die Amstel tuckerte.

«Es freut mich sehr, da? Sie heiraten«, sagte Gunther.»Meinen herzlichen Gluckwunsch.«

«Danke, Gunther. «Tracy wu?te, da? er es ehrlich meinte.

«Ich respektiere selbstverstandlich Ihren Entschlu?, sich zur Ruhe zu setzen, aber ichbin da auf etwas gesto?en… Es ist so einmalig, da? ich das Gefuhl hatte, ich mu?te Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken. Konnte sozusagen Ihr Schwanengesang sein. Und ein sehr lukrativer obendrein.«

«Wir sind ganz Ohr«, sagte Tracy.

Guntherbeugte sich vor undbegann mit gedampfter Stimme zu sprechen. Als er ausgeredet hatte, fugte er hinzu:»Zwei Millionen Dollar, wenn Sie das Ding drehen konnen.«»Ausgeschlossen«, erklarte Jeff.»Tracy…«Aber Tracy horte nicht zu. Sie warbereitsbei der Planung.

Die Polizeidirektion von Amsterdam, an der Ecke Marnixstraat/Elandsgracht gelegen, ist ein hubsches altes funfgeschossigesBacksteingebaude. In einem der Konferenzzimmer in den oberen Stockwerken fand gerade eineBesprechung statt. Sechs niederlandische Kriminalbeamte sa?en im Raum. Und ein einsamer Auslander: Daniel Cooper.

Kommissar Joop van Duren war ein Riese von Mann mit

fleischigem Gesicht, gestruppartigem Schnurrbart und rohrendemBa?. Er richtete das Wort an Toon Willems, den wie aus dem Ei gepellten, etwas steifen und ungemein tuchtigen Polizeichef von Amsterdam.

«Tracy Whitney ist heute morgen in Amsterdam eingetroffen. Interpol glaubt mit Sicherheit zu wissen, da? sie die De?Beers?Diamanten gestohlen hat. Und Mr. Cooper, unser Gast, meint, da? sie in die Niederlande gekommen ist, um ein weiteres Verbrechen zubegehen.«

Polizeichef Willems wandte sich Cooper zu.»Haben SieBeweise dafur, Mr. Cooper?«

Daniel Cooperbrauchte keineBeweise. Er kannte Tracy Whitney in- und auswendig. Naturlich war sie hier, um eine Straftat zu veruben, etwas Unerhortes, das diebescheidene Vorstellungskraft dieser Leute uberstieg. Er mu?te sich zwingen, gelassen zubleiben.

«Nein, ich habe keineBeweise. Darum mu? sie auf frischer Tat ertappt werden.«

«Und wie?«

«Indem wir sie nicht aus den Augen lassen.«

Dieses wirbehagte dem Polizeichef nicht. Er hatte mit Inspektor Trignant in Paris uber Cooper geredet. Er ist ein ekelhafter Kerl, aber er wei?, wovon er spricht. Wenn wir auf ihn gehort hatten, hatten wir die Whitney auf frischer Tat ertappt. Genau die Wendung, die Cooper auch gerade gebraucht hatte.

Toon Willems traf seine Entscheidung. Sie grundete sich teilweise auf die inzwischen von den Medien vielbeschriene Unfahigkeit der franzosischen Polizei, die Diebe der De?Beers?Diamanten zu fassen. Was der franzosischen Polizei mi?lungen war, wurde der niederlandischen gelingen.

«Also gut«, sagte der Polizeichef.»Wenn die Dame in Holland ist, um die Schlagkraft unserer Polizei zu testen, werden wir ihr freundlich entgegenkommen. «Er wandte sich

Kommissar van Duren zu.»Ergreifen Sie alle Ma?nahmen, die Sie fur notig halten.«

Und das tat der Kommissar. Er ignorierte die Grenzen der sechs Polizeidistrikte von Amsterdam undberief Kriminalbeamte aus der ganzen Stadt in uberbezirkliche Observierungsteams.»Ich will, da? die Whitney rund um die Uhr uberwacht wird. Lassen Sie sie nicht aus den Augen.«

Kommissar van Durenblickte Daniel Cooper an.»Na, Mr. Cooper… sind Sie zufrieden?«

«Erst wenn wir sie haben.«

«Bald«, sagte der Kommissarberuhigend,»sehrbald. Wir haben namlich diebeste Polizei der Welt, Mr. Cooper.«

Amsterdam ist, wie man wei?, ein Paradies fur Touristen. Die alten, krummen Giebelhauser, die vonBaumen gesaumten Grachten, die Hausboote mitBlumenkasten und frohlich flatternder Wasche…

Tracy und Jeff gingen Hand in Hand durch die Stadt. Es ist so schon, mit ihm zusammen zu sein, dachte Tracy. Er ist einfach wunderbar. Und Jeff dachte: Ichbin der glucklichste Mann auf Erden.

Siebesichtigten alles, was Touristen nun malbesichtigen. Sie schlenderten die Albert?Cuyp?Straat entlang, diesen gro?enbunten Markt unter freiem Himmel mit Antiquitaten, Obst und Gemuse, Blumen und Kleidern; sie spazierten uber den Dam, wo sich junge Leute versammelten, um Stra?enmusikanten und Punk?Bands zuzuhoren, und sie machten Ausfluge in die Umgebung.

Die Polizei folgte ihnen wie ein treuer Hund, und jeden Abend studierte Daniel Cooper denBericht, der Kommissar van Duren vorgelegt wurde. Es war nie etwas Ungewohnliches zu verzeichnen, aber dadurch wurde Coopers Argwohn nicht gemildert. Sie fuhrt etwas im Schild, sagte er sich, etwas

Ungeheuerliches. Obsie wei?, da? sie uberwacht wird? Obsie wei?, da? ich sie vernichten werde?

Soweit die Kriminalbeamten sehen konnten, waren Tracy Whitney und Jeff Stevens nichts weiter als Touristen.

Kommissar van Duren sagte zu Cooper:»Ware es nicht moglich, da? Sie sich irren? Vielleicht sind diebeiden nur hier, um das Leben zu genie?en?«

«Nein«, entgegnete Cooper halsstarrig,»ich irre mich nicht. Bleiben Sie ihr auf den Fersen. «Er hatte das ungute Gefuhl, da? die Zeit knapp wurde, da? die Uberwachung, wenn Tracy Whitney nichtbald zur Tat schritt, womoglich wieder abgeblasen wurde. Das durfte nicht geschehen. Daniel Cooper schlo? sich den Kriminalbeamten an, die Tracy observierten.

Tracy und Jeff hatten im Amstel?Hotel kein Doppelzimmer, sondern zwei Einzelzimmer, die nebeneinander lagen.»Aus Grunden der Wohlanstandigkeit«, hatte Jeff zu Tracy gesagt,»aber ich werde meistens in deiner Nahe sein.«

«Versprichst du's?«

Er versprach es, und jede Nachtblieberbei ihr, bis der Morgen graute, und jede Nacht liebten sie sich.

Bei Tag durchstreiften sie die Stadt. Ziellos, wie es schien. Sie a?en im Excelsior im Hotel de l'Europe zu Mittag und imBowedery zu Abend, sie lie?en imBali keinen der zweiundzwanzig Gange der indonesischen Reistafel aus. Sie probierten die niederlandischen Spezialitaten, sie gingen durchsBordellviertel, und Tag fur Tag endete derBericht, der Kommissar van Duren vorgelegt wurde, mit denselben Worten: Keinebesonderen Vorkommnisse.

Geduld, sagte sich Daniel Cooper. Geduld.

Auf sein Drangen hinbegabsich Kommissar van Duren zu Polizeichef Willems undbat um Erlaubnis,

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