lustigen Totoschka tapfer auf den Weg.

* * *

Nicht weit von dem Hauschen gabelte sich die Stra?e. Elli wahlte die, die mit gelbem Backstein ausgelegt war. Die Sonne schien, die Vogel zwitscherten, und das kleine Madchen, das vom Schicksal in ein wunderliches Land verschlagen worden war, fuhlte sich ganz wohl.

Zu beiden Seiten des Weges zogen sich blaue Zaune hin, hinter denen bestellte Felder lagen. Da und dort waren runde Hauschen zu sehen, deren Dacher den Spitzhuten der Kauer ahnelten. Auf den Dachern glitzerten Kristallkugeln. Die Hauschen waren blau

angestrichen.

Auf den Feldern arbeiteten kleine Manner und Frauen.

Sie zogen vor Elli die Hute und nickten ihr freundlich zu, denn jeder wu?te jetzt, da? das Madchen mit den Silberschuhen das Land von der bosen Zauberin befreit hatte, da? sie mit ihrem Hauschen — krak, krak! — auf den Kopf der Hexe niedergesaust war.

Die Kauer, denen sie unterwegs begegneten, blickten angstlich staunend auf Totoschka und hielten sich die Ohren zu, wenn er bellte. Wenn das brave Hundchen auf einen Kauer zulief, so floh dieser, so schnell er konnte. Im Lande Goodwins gab es namlich keine Hunde.

Am Abend verspurte Elli Hunger. Sie dachte nach, wo sie die Nacht verbringen solle, da erblickte sie ein gro?es Haus, das dicht am Wege stand. Auf einem Rasen vor dem Hause tanzten kleine Manner und Frauen. Musikanten spielten eifrig auf kleinen Geigen und bliesen Flote. Auch Kinder tummelten sich da, die so klein waren, da? Elli staunte. Sie sahen wie Puppen aus. Auf einer Terrasse standen lange Tische mit Tellern voller Obst, Nussen und Bonbons, schmackhaften Kuchen und gro?en Torten.

Als Elli herankam, trat ein schoner, hoher Greis aus der tanzenden Schar (er war um einen ganzen Finger gro?er als Elli!), verneigte sich und sagte:

«Ich und meine Freunde feiern heute die Befreiung unseres Landes von der bosen Zauberin. Darf ich die machtige Fee des Totenden Hauschens zu unserem Fest einladen?»

«Warum meint Ihr, da? ich eine Fee bin?» fragte Elli.

«Du hast die bose Zauberin Gingema zerdruckt — krak, krak! -, wie eine hohle Eierschale; du tragst ihre Zauberschuhe und hast ein merkwurdiges Tier bei dir, wie wir es noch nie gesehen haben und von dem unsere Freunde sagen, da? es gleichfalls Zauberkrafte besitzt…» Darauf wu?te Elli nichts zu erwidern, und sie folgte dem Alten, der Prem Kokus hie?. Die Leute nahmen sie wie eine Konigin auf. Ihre Schellen an den Huten klingelten ohne Unterla?, es wurde viel getanzt, man verzehrte unzahlige Kuchen und trank eine Menge erfrischender Getranke. Es war ein so angenehmer und lustiger Abend, da? Elli erst beim Einschlafen an Vater und Mutter dachte.

Am Morgen nach dem reichlichen Fruhstuck fragte sie den alten Kokus:

«Ist es von hier weit bis zur Smaragdenstadt?»

«Das wei? ich nicht», erwiderte dieser nachdenklich. «Ich war nie dort. Man halt sich dem Gro?en Goodwin lieber fern, besonders, wenn man kein wichtiges Anliegen an ihn hat. Au?erdem ist auch der Weg in die Smaragdenstadt sehr lang und beschwerlich. Du wirst durch finstere Walder gehen und rei?ende Flusse uberqueren mussen.»

Elli war betrubt, solches zu horen, aber sie wu?te, da? nur der Gro?e Goodwin sie nach Kansas zuruckbringen konne, und so verabschiedete sie sich denn von den lieben Leuten und beschritt wieder den Weg, der mit gelbem Backstein gepflastert war.

Der Scheuch

Elli wanderte rastlos mehrere Stunden, und als sie mude wurde, setzte sie sich vor einem der blauen Zaune hin, hinter dem sich ein Feld mit reifem Weizen zog. In der Nahe stand ein hoher Pfahl, auf dem eine Vogelscheuche aufgesteckt war. Der Kopf bestand aus einem mit Stroh ausgestopften Sack, auf den man Augen und Mund gemalt hatte, so da? das Gesicht sehr komisch wirkte. Die Scheuche hatte einen abgetragenen blauen Rock an, aus dessen Nahten an manchen Stellen das Stroh herausragte. Der Kopf war mit einem alten schabigen Hut bedeckt, dem man die Schellen abgeschnitten hatte, und die Fu?e staken in blauen Schaftstiefeln, wie sie die Manner des Landes trugen.

Die Scheuche hatte ein komisches und gutmutiges Aussehen.

Elli betrachtete aufmerksam das bemalte Gesicht und staunte nicht wenig, als ihr plotzlich

das rechte Auge zublinzelte. Zunachst dachte sie, es sei eine Tauschung, denn in Kansas blinzelten die Vogelscheuchen nicht. Als ihr aber der Strohmann freundlich zunickte, erschrak sie, und der tapfere Totoschka sprang bellend am Zaun hoch, hinter dem die Scheuche stand.

«Guten Tag», sagte diese mit heiserer Stimme.

«Du sprichst?» wunderte sich Elli.

«Ja. Ich habe es gelernt, als ich mich mit einer Krahe zankte. Wie geht es dir?»

«Danke, gut! Sag, lieber Mann, hast du einen sehnlichen Wunsch?»

«O ja! Ich hab eine Menge Wunsche!» Die Scheuche begann hastig ihre Wunsche aufzuzahlen: «Erstens brauche ich silberne Schellen fur meinen Hut, zweitens neue Stiefel, drittens…»

«Oh, das reicht vollauf», unterbrach ihn Elli. «Aber was ist dein sehnlichster Wunsch?»

«Der sehnlichste?» Der Strohmann dachte einen Augenblick nach. «Nimm mich herunter. Es ist schrecklich langweilig, Tag und Nacht hier zu stehen und die widerlichen Krahen zu verscheuchen, die, nebenbei gesagt, gar keine Angst vor mir haben!»

«Kannst du denn selber nicht heruntersteigen?»

«Nein. Man hat mich auf den Pfahl aufgespie?t. Zieh ihn doch aus mir heraus, ich werde dir sehr dankbar sein!»

Elli bog den Pfahl um, fa?te den Strohmann mit beiden Handen und hob ihn ab.

«Besten Dank!» stie? er hervor, als er auf der Erde stand. «Ich fuhle mich wie neugeboren. Wenn ich jetzt noch silberne Schellen fur meinen Hut und ein Paar neue Stiefel

bekame…»

Der Strohmann zupfte sorgfaltig seine Jacke zurecht, klopfte das Stroh von den Kleidern ab, machte einen Knicks und stellte sich vor:

«Scheuch!»

«Was sagst du'?»

«Scheuch. Man hat mich so getauft, weil ich die Krahen verscheuchen mu?. Und wie hei?t du?»

«Elli.»

«Ein schoner Name!»

Das Madchen war sprachlos. Es konnte nicht begreifen, wie eine Strohpuppe mit bemaltem Gesicht gehen und sprechen konnte.

Totoschka aber war emport.

«Und warum sagst du mir nicht guten Tag'?» rief er zornig.

«Ach, bitte um Verzeihung!» entschuldigte sich der Scheuch und druckte des Hundchens Pfote. «Ich habe die Ehre, mich vorzustellen: Scheuch!»

«Sehr angenehm. Mein Name ist Toto. Meine besten Freunde durfen mich aber Totoschka nennen!»

«Oh, lieber Scheuch, wie froh ich bin, deinen sehnlichsten Wunsch erfullt zu haben!» sagte Elli.

«Verzeih, Elli», entgegnete der Scheuch und machte wieder einen Knicks. «Aber ich hab mich wohl geirrt, denn mein sehnlichster Wunsch ist ein Gehirn.»

«Ein Gehirn?»

«Na ja, ein Gehirn. Es ist doch nicht angenehm, wenn man einen Kopf voll Stroh hat.»

«Du lugst ja!» sagte Elli vorwurfsvoll.

«Lugen? Was ist das? Man hat mich erst gestern gemacht,

und ich versteh noch nichts…'

«Wieso verstehst du dann, da? du Stroh im Kopf hast und kein Gehirn wie die Menschen?»

«Das hat mir eine Krahe gesagt, als wir uns zankten. Ich will's dir erzahlen. Heute morgen flog eine gro?e

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