Poul Anderson

Dominic Flandry — Spion im All

MOEWIG-VERLAG MUNCHEN

Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!

Titel des amerikanischen Originals: Ensign Flandry

Aus dem Amerikanischen ubersetzt von Walter Brumm

1

Seine kaiserliche Majestat Georgios Manuel Krischna Murasaki, vierter Herrscher der Wang-Dynastie, hochster Bewahrer des Friedens, Vorsitzender des stellaren Rates, Herr uber unzahlige Welten, feierte Geburtstag. Auf den entferntesten Planeten, so fern, da? das unbewaffnete Auge ihre Sonnen nicht sehen konnte, hoben Manner zu diesem Anla? ihre Glaser und brachten feierliche Trinkspruche aus.

Auf Erden ging es weniger steif zu. Abgesehen vom Hof, wo eine ermudende Zeremonie der anderen folgte, war der Geburtstag des Herrschers nichts als eine Gelegenheit, Karneval zu feiern. Wahrend seine Maschine uber das nachtliche Meer dahinsummte, sah Graf Markus Hauksberg den hellen Lichtschein am Osthimmel, vielfarbige, bewegte Schleier, bunte Explosionen und Lichtkaskaden: das Festfeuerwerk. Ware er in der Stimmung gewesen, seinen Fernseher einzuschalten, hatte er von jeder beliebigen Station den gleichen Vergnugungsrummel aus Festsalen und von offentlichen Platzen empfangen.

Seine Gattin brach das Schweigen mit einer halblauten Bemerkung: „Ich wunschte, wir lebten hundert Jahre fruher.“

„Wie bitte?“ Manchmal konnte sie ihn immer noch in Erstaunen setzen.

„Damals bedeutete so ein Geburtstag noch etwas.“

„Ach so — ja, das mag sein.“ Hauksberg lie? seine Gedanken zuruckwandern. Sie hatte recht. Fruher hatten die Vater ihre Sohne am Abend eines solchen Tages hinausgefuhrt, ihnen den Sternenhimmel gezeigt und gesagt: „Schau hinauf. Das alles ist unser. Fast vier Millionen Sterne liegen innerhalb der Grenzen des Imperiums. Hunderttausend Planeten kennen uns, gehorchen uns, entrichten ihren Tribut und genie?en als Gegenleistung Frieden und Wohlstand. Das haben unsere Ahnen erreicht. Du mu?t es bewahren.“

Hauksberg zuckte die Achseln. Man konnte den spateren Generationen nicht verargen, da? sie der Naivitat entwachsen waren. Noch nicht einmal der Arm des Spiralnebels, der die Erde umschlo?, war ganz erforscht, und man brauchte kein Fernrohr, um Riesensterne wie Beteigeuze und Antares oder den Polarstern zu sehen, die nicht zum Imperium gehorten. Uberdies wu?te inzwischen auch der einfaltigste und gutglaubigste Mensch, da? das Imperium seine Machtfulle durch nackte Gewalt erlangt hatte und erhielt; da? die Zentralregierung korrupt und in ihren Methoden nicht wahlerisch war; da? es in den Grenzregionen brutal zuging und da? die letzte Organisation, der man noch so etwas wie inneren Zusammenhalt und Korpsgeist nachsagen konnte, die Marine, nur noch fur Krieg und Unterdruckung lebte und einen ruden Antiintellektualismus zur Schau trug.

Konnte sein, da? ich etwas daran andere, dachte Hauksberg.

Alicia unterbrach ihn. „Wir hatten wenigstens zu einer anstandigen Party gehen konnen. Aber nein, du mu?t zum Kronprinzen. Hoffst du vielleicht, da? er dir einen seiner hubschen Junglinge uberla?t?“

„Komm, Schatz, du tust mir unrecht“, antwortete Hauksberg lachelnd. „Du wei?t, da? ich immer noch hinter Frauen her bin. Besonders hubschen Frauen wie dir.“

„Oder Persis d'Io.“ Sie seufzte und lie? sich zurucksinken. „Wie dem auch sei, ich mag einfach keine Orgien. Schon gar nicht, wenn sie vulgar sind.“

„Ich auch nicht.“ Er streichelte ihre Hand. „Aber du wirst schon zurechtkommen. Unter den vielen Dingen, die ich an dir bewundere, finde ich deine Fahigkeit, jede Situation zu meistern, besonders bemerkenswert.“

Er betrachtete ihre feingeschnittenen Zuge unter dem diademgeschmuckten Haar und fuhlte Bedauern. Warum konnten sie aus dieser Vernunftehe nicht wenigstens eine Kameradschaft herausdestillieren? Oder gar Liebe… Nein, er war kein Peleas und sie keine Melisande. Sie war schlau, anmutig und einigerma?en ehrlich mit ihm; sie hatte ihm einen Erben geschenkt; mehr war im Kontrakt nie vorgesehen gewesen. Er hatte ihr Rang und nahezu unbegrenzte Geldmittel gegeben. Was seine Zeit anging… wie konnte er? Jemand mu?te sich der Reparaturen annehmen, wenn ein Imperium auseinanderzufallen drohte. Die meisten Frauen hatten dafur Verstandnis.

Und was ihr Aussehen betraf — Alicias Schonheit war das Ergebnis kostspieliger gesichtschirurgischer Korrekturen. Er hatte schon zu viele Variationen dieses modischen Idealgesichts gesehen.

„Ich ware auch lieber zu Mboto oder Bhatnagar gegangen“, verteidigte er sich. „Aber mein Schiff geht in drei Tagen. Dies ist die letzte Gelegenheit, um ein paar unaufschiebbare Geschafte zu erledigen.“

„So sagst du.“ Sie machte ein unwilliges Gesicht.

Er hatte nicht den Eindruck, da? dieser Abend ein gro?es Opfer fur sie bedeutete. Wahrend der Monate seiner Abwesenheit wurde sie sich mit Liebhabern trosten. Wie sonst sollte eine Dame von vornehmem Stand, die sonst keine besonderen Talente hatte, ihre Zeit verbringen? Aber wenn sie verbittert wurde, konnte sie ihm schaden.

„Schatz“, sagte er, „ich konnte vorher nicht davon sprechen. Es gibt zu viele Ohren, verstehst du. Diese Sache darf nicht vorzeitig publik werden, sonst kann ich mich vor Querschussen nicht mehr retten.“

Sie warf ihm einen kalten Blick zu. Er war gro?, schlank und blond. In seiner grunen Uniform mit reichen Dekorationen an der Brust, dem beigefarbenen Umhang und den weichen, hellbraunen Halbstiefeln sah er stattlicher und hubscher aus, als recht war. „Ich wei?“, spottete sie. „Deine Karriere.“

Er nickte. „Gewi?. Aber auch die Erhaltung des Friedens. Mochtest du einen Angriff auf die Erde miterleben? Das konnte passieren.“

„Markus!“ rief sie entsetzt. „Ist das dein Ernst?“

Er nickte. „Diese Sache auf Starkad ist mehr als ein kleiner Grenzzwischenfall. Es wird als solcher ausgegeben, und viele Leute glauben daran. Aber ich habe meine eigenen Informationen — unzensiert, wenn du wei?t, was ich meine. Die Gefahr eines gro?en Krieges mit Merseia ist gewachsen, und sie wachst weiter. Ich habe den Auftrag, mich an Ort und Stelle uber den Konflikt zu unterrichten und dem Kaiser Meldung zu machen. Vielleicht la?t sich die Affare auf dem Verhandlungsweg beilegen. Vielleicht auch nicht; es gibt machtige Interessengruppen, die den Konflikt ausweiten mochten. Jedenfalls wird die Eskalation einstweilen weitergehen, und solange sie weitergeht, wird eine friedliche Regelung immer schwieriger zu erreichen sein. Das ist es, worauf einige ehrgeizige Militars spekulieren. Darum mochte ich die ganze Burokratie beiseite lassen. Ich werde mir Vollmacht besorgen, von Starkad direkt nach Merseia weiterzufliegen und dort eine Vereinbarung auszuhandeln. Ich glaube, es la?t sich machen. Die Leute dort sind schlie?lich auch vernunftbegabte Wesen, und auch unter ihnen wird es verantwortungsbewu?te Fuhrer geben, die nach einem Ausweg suchen. Ich kann ihnen einen zeigen.“

Alicia sa? still. „Ich verstehe“, sagte sie nach langerer Pause. „Du kannst dich auf mich verlassen.“

„Du bist ein gutes Madchen.“ Er legte seine Hand auf die ihre und druckte sie kurz.

2

Der hochste Gipfel im zentralen Gebirgskamm der Insel Kursoviki war die Narpaspitze, die sich zwolftausend Meter uber den Meeresspiegel aufreckte. In dieser Hohe war der Luftdruck auf Starkad dem irdischen Standard etwa angemessen, und ein Mensch konnte unbesorgt atmen. Hier, auf einem kleinen Hochplateau im Schatten des Gipfels, hatten die Menschen den Stutzpunkt Highport errichtet; einen Landeplatz, umgeben von ha?lichen vorfabrizierten Unterkunften. Zur Zeit beherbergte die Kolonie funftausend Menschen, aber sie war in raschem Wachstum begriffen. Durch die Wande seines Buros horte Oberst Max Abrams vom Nachrichtendienst der

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