Wood griff in seinen Korb und nahm den vierten und letzten Ball heraus. Er war kleiner als der Quaffel und die Klatscher, so klein etwa wie eine gro?e Walnu?. Er war hellgolden und hatte kleine, flatternde Silberflugel.

»Das hier«, sagte Wood,»ist der Goldene Schnatz, und der ist der wichtigste Ball von allen. Er ist sehr schwer zu fangen, weil er sehr schnell und kaum zu sehen ist. Der Sucher mu? ihn fangen. Du mu?t dich durch die Jager, Treiber, Klatscher und den Quaffel hindurchschlangeln, um ihn vor dem Sucher der anderen Mannschaft zu fangen, denn der Sucher, der ihn fangt, holt seiner Mannschaft zusatzlich hundertfunfzig Punkte, und das hei?t fast immer, da? sie gewinnt. Ein Quidditch-Spiel endet erst, wenn der Schnatz gefangen ist, also kann es ewig lange dauern. Ich glaube, der Rekord liegt bei drei Monaten, sie mu?ten damals standig Ersatzleute ranschaffen, damit die Spieler ein wenig schlafen konnten.

»Nun, das war's. Noch Fragen?«

Harry schuttelte den Kopf. Er hatte begriffen, wie das Spiel ging, und nun mu?te er es in die Tat umsetzen.

»Wir uben heute noch nicht mit dem Schnatz«, sagte Wood und verstaute ihn sorgfaltig wieder in der Kiste.»Es ist zu dunkel, er konnte verloren gehen. Am besten fangst du mit ein paar von denen an.«

Er zog einen Beutel mit gewohnlichen Golfballen aus der Tasche und ein paar Minuten spater waren die beiden oben in den Luften. Wood warf die Golfballe, so weit er konnte, in alle Himmelsrichtungen und Harry mu?te sie Auffangen.

Harry fing jeden Ball, bevor er den Boden beruhrte, was Wood ungemein freute. Nach einer halben Stunde war die Nacht hereingebrochen, und sie mu?ten aufhoren.

»Der Quidditch-Pokal wird dieses Jahr unseren Namen tragen«, sagte Wood glucklich, als sie zum Schlo? zuruck schlenderten.»Wurde mich nicht wundern, wenn du besser bist als Charlie Weasley, und der hatte fur England spielen konnen, wenn er nicht Drachenjagen gegangen ware.«

Vielleicht war Harry so beschaftigt mit dem Quidditchtraining drei Abende die Woche und dazu noch mit all den Hausaufgaben jedenfalls konnte er es kaum fassen, als ihm klar wurde, da? er schon seit zwei Monaten in Hogwarts war. Im Schlo? fuhlte er sich mehr zu Hause als jemals im Ligusterweg. Auch der Unterricht wurde nun, da er die Grundlagen beherrschte, immer interessanter.

Als sie am Morgen von Halloween aufwachten, wehte der kostliche Geruch gebackener Kurbisse durch die Gange. Und es kam noch besser: Professor Flitwick verkundete im Zauberunterricht, sie seien nun so weit, Gegenstande fliegen zu lassen, und danach hatten sie sich alle gesehnt, seit sie erlebt hatten, wie er Nevilles Krote im Klassenzimmer umherschwirren lie?. Fur die Ubungen stellte Professor Flitwick die Schuler paarweise zusammen. Harrys Partner war Seamus Finnigan (woruber er froh war, denn Neville hatte schon zu ihm herubergespaht). Ron sollte jedoch mit Hermine Granger arbeiten. Es war schwer zu sagen, wer von den beiden deshalb mi?mutiger war. Seit Harrys Besen gekommen war, hatte sie nicht mehr mit ihnen gesprochen.

»Also, verge?t nicht diese flinke Bewegung mit dem Handgelenk, die wir geubt haben!«, quiekte Professor Flitwick, wie ublich auf seinem Stapel Bucher stehend.»Wutschen und schnipsen, denkt daran, wutschen und schnipsen. Und die Zauberworte richtig herzusagen ist auch sehr wichtig – denkt immer an Zauberer Baruffio, der ›r‹ statt ›w‹ gesagt hat und plotzlich auf dem Boden lag – mit einem Buffel auf der Brust.«

Es war sehr schwierig. Harry und Seamus wutschten und schnipsten, doch die Feder, die sie himmelwarts schicken sollten, blieb einfach auf dem Tisch liegen. Seamus wurde so ungeduldig, da? er sie mit seinem Zauberstab anstachelte, worauf sie anfing zu brennen – Harry mu?te das Feuer mit seinem Hut ersticken.

Ron, am Tisch nebenan, erging es auch nicht viel besser.

»Wingardium Leviosa!«, rief er und lie? seine langen Arme wie Windmuhlenflugel kreisen.

»Du sagst es falsch«, horte Harry Hermine meckern.»Es hei?t Wing-gar-dium Levi-o-sa, mach das ›gar‹ schon und lang.«

»Dann mach's doch selber, wenn du alles besser wei?t«, knurrte Ron.

Hermine rollte die Armel ihres Kleids hoch, knallte kurz mit dem Zauberstab auf den Tisch und sagte»Wingardium Leviosa!«.

Die Feder erhob sich vom Tisch und blieb gut einen Meter uber ihren Kopfen in der Luft schweben.

»Oh, gut gemacht!«, rief Professor Flitwick und klatschte in die Hande.»Alle mal hersehen, Miss Granger hat es geschafft!«

Am Ende der Stunde hatte Ron eine hundsmiserable Laune.

»Kein Wunder, da? niemand sie ausstehen kann«, sagte er zu Harry, als sie hinaus in den belebten Korridor drangten,»ehrlich gesagt ist sie ein Alptraum.«

Jemand stie? im Vorbeigehen Harry an. Es war Hermine. Fur einen Augenblick sah er ihr Gesicht – und war Uberrascht, da? sie weinte.

»Ich glaube, sie hat dich gehort.«

»So?«, sagte Ron und schaute allerdings etwas unbehaglich drein.»Ihr mu? selbst schon aufgefallen sein, da? sie keine Freunde hat.«

Hermine erschien nicht zur nachsten Stunde und blieb den ganzen Nachmittag lang verschwunden. Auf ihrem Weg hinunter in die Gro?e Halle zum Halloween-Festessen horten Harry und Ron, wie Parvati Patil ihrer Freundin Lavender sagte, Hermine sitze heulend im Madchenklo und wolle allein gelassen werden. Daraufhin machte Ron einen noch verlegeneren Eindruck, doch nun betraten Sie die Gro?e Halle, die fur Halloween ausgeschmuckt war, und verga?en Hermine.

Tausend echte Fledermause flatterten an den Wanden und an der Decke, und noch einmal tausend fegten in langen schwarzen Wolken uber die Tische und lie?en die Kerzen in den Kurbissen flackern. Auf einen Schlag, genau wie beim Bankett zum Schuljahresbeginn, waren die goldenen Platten mit dem Festessen gefullt.

Harry nahm sich gerade eine Pellkartoffel, als Professor Quirrell mit verrutschtem Turban und angstverzerrtem Gesicht in die Halle gerannt kam. Aller Blicke richteten sich auf ihn, als er Professor Dumbledores Platz erreichte, gegen den Tisch rempelte und nach Luft schnappend hervorstie?:»Troll – im Kerker – dachte, Sie sollten es wissen.«

Dann sank er ohnmachtig auf den Boden.

Mit einem Mal herrschte heilloser Aufruhr. Etliche purpurrote Knallfrosche aus Professor Dumbledores Zauberstab waren notig, um den Saal zur Ruhe zu bringen.

»Vertrauensschuler«, polterte er, #fuhrt eure Hauser sofort zuruck in die Schlafsale!«

Percy war in seinem Element.

»Folgt mir! Bleibt zusammen, Erstkla?ler! Kein Grund zur Angst vor dem Troll, wenn ihr meinen Anweisungen folgt! Bleibt jetzt dicht hinter mir. Platz machen bitte fur die Erstkla?ler. Pardon, ich bin Vertrauensschuler!«

»Wie konnte ein Troll reinkommen«, fragte Harry, wahrend sie die Treppen hochstiegen.

»Frag mich nicht, angeblich sollen sie ziemlich dumm sein«, sagte Ron.

Wielleicht hat ihn Peeves hereingelassen, als Streich zu Halloween.«

Unterwegs trafen sie immer wieder auf andere Haufchen von Schulern, die in verschiedene Richtungen eilten. Als sie sich ihren Weg durch eine Gruppe verwirrter Hufflepuffs bahnten, packte Harry Ron plotzlich am Arm.

»Da fallt mir ein – Hermine.«

»Was ist mit ihr?«

»Sie wei? nichts von dem Troll.«

Ron bi? sich auf die Lippe.

»Von mir aus«, knurrte er.»Aber Percy sollte uns lieber nicht sehen.«

Sie duckten ihre Kopfe in der Menge und folgten den Hufflepuffs, die in die andere Richtung unterwegs waren, huschten dann einen verlassenen Korridor entlang und rannten weiter in Richtung der Madchenklos. Gerade waren sie um die Ecke gebogen, als sie hinter sich schnelle Schritte horten.

»Percy!«, zischte Ron und zog Harry hinter einen gro?en steinernen Greifen.

Als sie um die Ecke spahten, sahen sie nicht Percy, sondern Snape. Er ging den Korridor entlang und entschwand ihren Blicken.

»Was macht der hier?«, flusterte Harry.»Warum ist er nicht unten in den Kerkern mit den anderen Lehrern?«

»Keine Ahnung.«

So vorsichtig wie moglich schlichen sie den nachsten Gang entlang, Snapes leiser werdenden Schritten nach.

»Er ist auf dem Weg in den dritten Stock«, sagte Harry, doch Ron hielt die Hand hoch.

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