»Mir ist eben was eingefallen«, sagte Harry. Er war bleich geworden.»Wir mussen zu Hagrid, und zwar gleich.«
»Warum?«, keuchte Hermine, muhsam Schritt haltend.
»Findest du es nicht ein wenig merkwurdig«, sagte Harry, den grasbewachsenen Abhang emporhastend,»da? Hagrid sich nichts sehnlicher wunscht als einen Drachen und dann uberraschend ein Fremder auftaucht, der zufallig gerade ein Ei in der Tasche hat? Wie viele Leute laufen mit Dracheneiern herum, wo es doch gegen das Zauberergesetz ist? Ein Gluck, da? er Hagrid gefunden hat. Warum hab ich das nicht schon vorher gesehen?«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Ron, doch Harry, der jetzt uber das Schlo?gelande zum Wald hinuberrannte, antwortete nicht.
Hagrid sa? in einem Lehnstuhl vor seiner Hutte, die Armel und Hosenbeine hochgerollt; uber eine gro?e Schussel gebeugt enthulste er Erbsen.
»Hallooh«, sagte er lachelnd.»Fertig mit den Prufungen? Wollt ihr was trinken?«
»Ja, bitte«, sagte Ron, doch Harry schnitt ihm das Wort ab.
»Nein, keine Zeit, Hagrid, ich mu? dich was fragen. Erinnerst du dich noch an die Nacht, in der du Norbert gewonnen hast? Wie sah der Fremde aus, mit dem du Karten gespielt hast?«
»Wei? nicht«, sagte Hagrid lassig,»er wollte seinen Kapuzenmantel nicht ablegen.«
Er sah, wie verdutzt die drei waren, und hob die Augenbrauen.
»Das ist nicht so ungewohnlich, da gibt's 'ne Menge seltsames Volk im Eberkopf – das ist der Pub unten im Dorf Hatt 'n Drachenhandler sein konnen, oder? Sein Gesicht hab ich nicht gesehen, er hat seine Kapuze aufbehalten.«
Harry lie? sich langsam neben der Erbsenschussel zu Boden sinken.
»Woruber habt ihr gesprochen, Hagrid? Hast du zufallig Hogwarts erwahnt?«
»Konnte mal vorgekommen sein«, sagte Hagrid und runzelte die Stirn, wahrend er sich zu erinnern versuchte.»ja… er hat mich gefragt, was ich mache, und ich hab ihm gesagt, ich sei Wildhuter hier… Er wollte horen, um was fur Tiere ich mich kummere… also hab ich's ihm gesagt… und auch, da? ich immer gerne einen Drachen haben wollte… und dann… ich wei? nicht mehr genau, weil er mir standig was zu Trinken spendiert hat… Wartet mal… ja, dann hat er gesagt, er hatte ein Drachenei und wir konnten darum spielen, Karten, wenn ich wollte… aber er musse sicher sein, da? ich damit umgehen konne, er wolle es nur in gute Hande abgeben… Also hab ich ihm gesagt, im Vergleich zu Fluffy war ein Drache doch ein Kinderspiel… «
»Und schien er… schien er sich fur Fluffy zu interessieren?«, fragte Harry mit angestrengt ruhiger Stimme.
»Nun – ja – wie viele dreikopfige Hunde trifft. man schon, selbst um Hogwarts herum? Also hab ich ihm gesagt, Fluffy ist ein Scho?hundchen, wenn man wei?, wie man ihn beruhigt, spiel ihm einfach 'n wenig Musik vor, und er wird auf der Stelle einschlafen -«
Plotzlich trat Entsetzen auf Hagrids Gesicht.
»Das hatt ich euch nicht sagen sollen!«, sprudelte er hervor.»Verge?t es! Hei – wo lauft ihr hin?«
Harry, Ron und Hermine sprachen kein Wort miteinander, bis sie in der Eingangshalle ankamen, die nach dem sonnendurchfluteten Schlo?hof sehr kalt und duster wirkte.
»Wir mussen zu Dumbledore«, sagte Harry.»Hagrid hat diesem Fremden gesagt, wie man an Fluffy vorbeikommt, und unter diesem Mantel war entweder Snape oder Voldemort – es mu? ganz leicht gewesen sein, sobald er Hagrid betrunken gemacht hat. Ich kann nur hoffen, da? Dumbledore uns glaubt. Firenze hilft uns vielleicht, wenn Bane ihn nicht daran hindert. Wo ist eigentlich Dumbledores Arbeitszimmer?«
Sie sahen sich um, als hofften sie, ein Schild zu sehen, das ihnen den Weg wies. Nie hatten sie erfahren, wo Dumbledore lebte, und sie kannten auch keinen, der jemals zu Dumbledore geschickt worden war.
»Dann mussen wir eben -«, begann Harry, doch plotzlich drang eine gebieterische Stimme durch die Halle.
»Was machen Sie drei denn hier drin?«
Es war Professor McGonagall, mit einem hohen Stapel Bucher in den Armen.
»Wir mochten Professor Dumbledore sprechen«, sagte Hermine recht kuhn, wie Harry und Ron fanden.
»Professor Dumbledore sprechen?«, wiederholte Professor McGonagall, als ob daran etwas faul ware.»Warum?«
Harry schluckte – was nun?
»Es ist sozusagen geheim«, sagte er, bereute es jedoch gleich, denn Professor McGonagalls Nasenflugel fingen an zu beben.
»Professor Dumbledore ist vor zehn Minuten abgereist«, sagte sie kuhl.»Er hat eine eilige Eule vom Zaubereiministerium erhalten und ist sofort nach London geflogen.«
»Er ist fort?«, sagte Harry verzweifelt.»Gerade eben?«
»Professor Dumbledore ist ein sehr bedeutender Zauberer, Potter, er wird recht haufig in Anspruch genommen -«
»Aber es ist wichtig.«
»Etwas, das Sie zu sagen haben, ist wichtiger als das Zaubereiministerium, Potter?«
»Sehen Sie«, sagte Harry und lie? alle Vorsicht fahren,»Professor – es geht um den Stein der Weisen -«
Was immer Professor McGonagall erwartet hatte, das war es nicht. Die Bucher in ihren Armen plumpsten zu Boden.
»Woher wissen Sie das?«, prustete sie los.
»Professor, Ich glaube – ich wei? – da? Sn…, da? jemand versuchen wird den Stein zu stehlen. Ich mu? Professor Dumbledore sprechen.«
Sie musterte ihn mit einer Mischung aus Entsetzen und Mi?trauen.
»Professor Dumbledore wird morgen zuruck sein«, sagte sie schlie?lich.»Ich wei? nicht, wie Sie von dem Stein erfahren haben, aber seien Sie versichert, da? niemand in der Lage ist, ihn zu stehlen, er ist bestens bewacht.«
»Aber, Professor -«
»Potter, ich wei?, wovon ich spreche«, sagte sie barsch. Sie buckte sich und hob die Bucher auf»Ich schlage vor, Sie gehen alle wieder nach drau?en und genie?en die Sonne.«
Doch das taten sie nicht.
»Heute Nacht passiert es«, sagte Harry, sobald er sicher war, da? Professor McGonagall sie nicht mehr horen konnte.»Heute Nacht steigt Snape durch die Falltur. Er hat alles herausgefunden, was er braucht, und jetzt hat er Dumbledore aus dem Weg geschafft. Diesen Brief hat er geschickt. Ich wette, im Zaubereiministerium kriegen sie einen gewaltigen Schrecken, wenn Dumbledore dort auftaucht.«
»Aber was konnen wir -«
Hermine blieb der Mund offen. Harry und Ron wirbelten herum.
Snape stand hinter ihnen.
»Einen schonen Nachmittag«, sagte er sanft.
Sie starrten ihn an.
»An so einem Tag solltet ihr nicht hier drin sein«, sagte er mit einem merkwurdigen, gequalten Lacheln.
»Wir waren -«, begann Harry, vollig ahnungslos, was er eigentlich sagen wollte.
»Seid besser etwas vorsichtiger«, sagte Snape.»So, wie ihr hier herumhangt, konnte man auf den Gedanken kommen, da? ihr etwas ausheckt. Und Gryffindor kann sich nun wirklich nicht leisten, noch mehr Punkte zu verlieren, oder?«
Harry wurde rot. Sie waren schon auf dem Weg nach drau?en, als Snape sie zuruckrief.
»Ich warne dich, Potter, noch so eine Nachtwanderung und ich werde personlich dafur sorgen, da? du von der Schule verwiesen wirst. Einen schonen Tag noch.«
Er schritt in Richtung Lehrerzimmer davon.
Drau?en auf den steinernen Stufen drehte sich Harry zu den andern um.
»Ich wei? jetzt, was wir tun mussen«, flusterte er.»Einer von uns mu? ein Auge auf Snape haben – vor dem Lehrerzimmer warten und ihm folgen, wenn er es verla?t. Am besten du, Hermine.«
»Warum ich?«
»Ist doch klar«, sagte Ron.»Du kannst so tun, als ob du auf Professor Flitwick wartest.«Er ahmte Hermines Stimme nach:»Oh, Professor Flitwick, ich mache mir solche Sorgen, ich glaube, ich habe Frage vierzehn b falsch