Größe und seine Schuld in dem brennenden Schoße begraben. Er war entrückt dem kleinen Haß seiner Feinde.
Scävola und Albinus, die den Vorgang mit angesehen hatten, eilten zu Narses und forderten von ihm, man solle an dem Krater
nach der Leiche forschen.
Narses aber sprach: «Gönnt dem Gewalt'gen sein gewaltig Grab. Er hat's verdient. Mit Lebenden und nicht mit Toten kämpf ich.»
Aber im gleichen Augenblick fast verstummte auch der laute klirrende Kampf um den Engpaß, an welchem Adalgoth, nicht unwürdig seines königlichen Harfen- und Speermeisters Teja, dem Ansturm der Feinde heldenmütig und todeskühn wehrte.
Denn während, hinter Adalgoth stehend, Hildebrand und Wachis plötzlich riefen: «Seht auf das Meer! Das Meer! Die Drachenschiffe! Die Nordlandhelden! Harald! Harald!» mahnten von unten, von der Sänfte des Narses her, feierliche Tubatöne zur Einstellung des Kampfes, zur Waffenruhe sehr freudig senkten die kampfesmüden Byzantiner die Schwerter.
König Teja aber, der auf seinem Schilde lag - den Speer des Cethegus herauszuziehen hatte Hildebrand verboten «denn mit seinem Blute fließt sein Leben hin» -, forschte mit leiser Stimme: «Was hör' ich da rufen? Die Nordlandhelden? Ihre Schiffe? Harald ist da?»
«Ja: Harald und Errettung für den Rest des Volkes, für uns und - für die Frauen, die Kinder» jubelte Adalgoth, an seiner Seite kniend. «So war es nicht umsonst, du ewig teurer Held, dein unvergleichlich Heldentum, dein stundenlanges Ausharren über Menschenkraft! - Basiliskos kam soeben als Gesandter des Narses: Harald hat die <jonische Flotte> des Kaisers vernichtet im Hafen von Brundisium. Er droht mit Landung, mit neuem Angriff den müden Byzantinern; er fordert, was von uns noch lebt, davonzuführen, mit Wehr und Waffen und Gerät, in die Freiheit, nach Thuleland. Narses hat eingewilligt: er ehre, sagte er, König Tejas hohes Heldentum an seines Volkes Resten. Dürfen wir? O dürfen wir, mein König?»
«Ja», sprach Teja mit brechenden Augen. «Ihr dürft und sollt. Frei, gerettet unseres Volkes Reste! Die Frauen, die Kinder -
Heil mir! - nicht in den Vesuv! Ja, führt nach Thuleland alle noch Lebenden; und nehmt auch mit die beiden Toten: den König Theoderich -»
«Und König Teja!» sprach Adalgoth und küßte des Toten Mund.
Sechzehntes Kapitel
Und so war's geschehen, und also geschah's.
Schon gleich, nachdem Narses sein Zelt verlassen, ward ihm ein Fischer zugeführt, der, auf kleinem, schnellem Fahrzeug soeben um die Landzunge von Sorrentum gesegelt, versicherte, eine ungeheure Kriegsflotte der Goten sei im vollen Ansegeln begriffen. Narses lachte dazu: er wußte, daß auf allen Meeren kein Gotenkiel mehr schwamm. Näher befragt mußte der Fischer gestehn, die Flotte allerdings nicht selbst gesehen zu haben: Kaufleute hätten ihm davon erzählt und von einer großen Seeschlacht, in welcher die Goten bei Brundisium die «jonische Flotte» des Kaisers vernichtet. Das war nun unmöglich, wie Narses wohl wußte. Und nachdem der Fischer das Ansehen der angeblichen Gotenschiffe, nach Mitteilung seiner Gewährsmänner, geschildert, rief der Feldherr: «Nun, endlich kommen sie! Trieren und Galeeren: das sind ja unsere Schiffe, die also in Sicht sind, nicht gotische.»
An die Wikingerflotte, die seit vier Monden verschollen war und als nach Norden zurückgekehrt galt, dachte niemand.
Wenige Stunden darauf, während der Kampf um den Engpaß, alle Aufmerksamkeit fesselnd, tobte, ward Narses von den Küstenwächtern wirklich die Annäherung einer sehr großen kaiserlichen Flotte gemeldet: deutlich habe man das Schiff des Nauarchen, die Sophia, erkannt; doch sei die Zahl der Segel viel größer, als man erwartet, auch die von Narses entgegengeschickten Schiffe, die zur Eile hatten mahnen sollen, seien darunter; diese segelten in erster Linie, der frische Südostwind müsse sie bald auf die Höhe des Lagers führen. Und bald konnte Narses selbst von seiner Sänfte aus auf dem Hügel den prachtvollen Anblick der mit vollen Segeln und von eifriger Ruderkraft herangetriebenen Flotte genießen.
Beruhigt wandte er den Blick wieder den Kämpfenden auf dem Vesuv zu - als plötzlich aus dem Lager Boten ihn erreichten, die furchtbar jene Gerüchte bestätigten oder vielmehr noch Schlimmeres meldeten. Sie waren einer Gesandtschaft vorausgeeilt, die, gerade als Cethegus gegen Teja zum letzten Kampfe schritt, bei des Narses Sänfte anlangte: es waren, mit gebundenen Händen, die Nauarchen der «jonischen Flotte», die zugleich die Botschaft der vier sie begleitenden Nordmänner verdolmetschten.
Sie erzählten kurz, daß sie im Hafen von Brundisium, in stürmischer Nacht, von der für längst verschwunden erachteten Flotte der Wikinger überfallen und ihre Schiffe fast alle genommen seien; entkommen, um zu warnen, konnte nicht eines, da die Feinde den Hafen sperrten.
Nachdem Jarl Harald den drohenden Untergang des am Vesuv zusammengedrängten Restes der Goten erfahren, habe er geschworen, deren Fall zu wenden oder zu teilen: und nun seien sie, die genommenen Griechenschiffe vorausschickend und hinter diesen ihre Drachen weislich bergend, auf den Flügeln des Ostwinds herangebraust.
«Und so», schloß der Dolmetsch, «so spricht Harald der Wiking: Entweder ihr verstattet, daß alle noch lebenden Goten, mit Waffen und Habe, auf unseren Schiffen abziehen aus dem Südland, mit uns in die Heimat kehrend, wofür wir alle unsre Tausende von Gefangenen und alle genommenen Schiffe, die wir nicht zur Unterbringung der Goten brauchen, herausgeben. Oder wir töten sofort alle unsre Gefangenen, landen und fassen dein Lager und Heer im Rücken. Dann siehe zu, wie viele von euch, von den Goten und von uns, von Stirn und Rücken angegriffen, übrigbleiben werden: denn wir Nordmänner kämpfen dann bis zum fetzten Mann: ich hab's geschworen bei Odin.»
Ohne Besinnen gewährte Narses den Abzug der Goten. «Ich habe nur geschworen, sie aus dem Reich, nicht aus der Welt zu schaffen. Wenig Ruhm brächte es, den armen Rest solch edeln Volkstums mit Übermacht zu Tod zu würgen; ich ehre dieses Teja Heldentum: in vierzig Jahren des Krieges hab' ich seinesgleichen nicht gesehen. Und durchaus nicht verlangt mich, zu erproben, wie mein tief erschüttert Heer, das einen Tag des furchtbarsten Kampfes hinter sich, fast alle seine Führer und die tapfersten Männer verloren hat, diesen Nordlandriesen, die frisch an Kraft und Mut daherkommen, widerstehn würde.»
Und so hatte denn Narses sofort Herolde auf die Schiffe Haralds und nach dem Engpaß geschickt: der Kampf ward eingestellt, der Abzug der Goten begann.
In langer, vom Berge bis an das Meer reichender Doppelreihe bildete das Heer des Narses ein Spalier; die Wikinger hatten vierhundert Helme gelandet, die an der Küste die schnell Heranschreitenden in Empfang nahmen.
Noch bevor jedoch der Zug begann, winkte Narses Basiliskos heran und sprach: «Der Gotenkrieg ist aus - der Edelhirsch erlegt -, jetzt fort mit den Wölfen, die ihn uns gehetzt: die Führer der Langobarden, wie steht's mit ihren Wunden?»
«Bevor ich antworte», sprach Basiliskos ehrerbietig, «nimm hier den Lorbeerkranz, den dir dein Heer gewunden hat: es ist Lorbeer vom Vesuvius, vom Paß da oben; Blut liegt auf den Blättern.»
Narses schob den Kranz zuerst abweisend mit der Hand zurück, dann sprach er: «Gib, 's ist gut.» Aber er legte ihn neben sich in die Sänfte.
«Autharis, Warnfrid, Grimoald, Aripert, Agilulf und Rotharis sind tot: sie haben
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