«Und wenn er es getan hatte?«schrie Peter.

«Dann hatte ich gesagt: Guten Abend, Peterlein. Wie gelenkig bist du geworden.«

Peter rang nach Atem. Er wich zum Radio zuruck und hielt sich an ihm fest.»Du, du hast gewu?t, wer ich bin?«

Sabine nickte.»Glaubst du, eine Maske konnte dich verbergen? Ich erkenne dich aus Millionen heraus, am Schritt, an deiner Kopfbewegung, an den Handen, am Klang der Stimme, an allem. Ich kenne dich so genau.«

«Sabine!«Peter wurgte es im Hals. Er wollte zu ihr sturzen, aber sie hob abwehrend beide Arme. Ihr Gesicht war steinern.

«Aber du hast einen Schmuck wie diesen, der ein Vermogen kostet, einer fremden Frau geschenkt. Einer Frau, die du eine Stunde lang kanntest und die du dir mit diesen Rubinen erobern wolltest!«

Peter nickte. Wie schon sie ist, wenn sie wutend ist. Er hatte es bisher nie bemerkt.

«Es war eine ganz fremde Frau«, sagte er leise.»Sie wohnte im Hotel Majestic in Begleitung eines Herrn Ferro. «Sabine wurde bla? und wollte etwas sagen. Aber Peter hob abwehrend seine Hand.»…hatte sich als Frau Sacher eingetragen und wurde von zwei Mannern hinter der Scheibe eines Cafes beobachtet, wie sie auf der Promenade von Nizza spazierenging.«

«Du wei?t alles?«fragte Sabine leise.

«Fast alles.«

«Und warum, warum dieses Spiel im Park. Am >See des Verges-sens<, dieser Schmuck?«

«Ab und zu sollen gute Ehemanner ihre Frauen uberraschen.«

Er ging zu dem Sektkuhler, hob die Flasche aus dem Eis und go? die beiden Glaser voll.

Mit den gefullten Glasern in den Handen kam er zu Sabine zuruck.

«Warum hast du die Flasche kaltgestellt und zwei Glaser dazugesetzt? Fur wen?«

«Fur dich«, sagte sie kaum horbar.

«Fur mich?«

«Ich wu?te, da? du kommst. Ich habe vorher den Fahrplan studiert.«

Er hielt die beiden Glaser fest. Nirgendwo konnte er sie in der Mitte des Zimmers absetzen.

«Ku? mich!«sagte er laut.»Komm sofort her und ku? mich, oder ich werfe die Glaser an die Wand!«

«Aber nein! Die guten Tapeten!«sagte sie.

Sie nahm Peters Kopf in beide Hande und ku?te ihn. Innig, lange. Er hielt die Sektglaser zur Seite, steif, damit nichts uberschwappte.

Wenig spater gingen im ganzen Haus und auch drau?en die Lichter aus.

Dr. Portz wartete zwei Tage auf den Besuch Peter Sachers. Sooft er anrief, horte er das Besetztzeichen. Die Leitung mu? gestort sein, dachte er. Oder Peter hat Selbstmord begangen vor Gram.

Am dritten Tag machte er sich auf den Weg und fuhr zu Sacher hinaus. Es war ein herrlicher Sonnentag. Warm, wolkenlos. Sogar der Rhein schimmerte blau.

Dr. Portz sah vor dem Haus Peters vollige Ode. Kein Wagen, kein Hausmadchen, kein Gartner. Nichts. Auch als er an der Au?entur des Vorgartens schellte, ruhrte sich nichts in der Villa.

Er druckte das Tor auf und eilte uber den Zufahrtsweg zur Haustur. Genau hatte Dr. Portz alles durchdacht. Er kam mit einem fertigen Schriftsatz: Sacher kontra Sacher wegen Scheidung. Beiderseitiges Verschulden. Eine glatte Sache.

Dr. Portz wollte gerade auf die Klingel drucken, als er ein Schild bemerkte. Es war an die Tur geklebt und mit Rotstift geschrieben.

Bis auf weiteres verreist.<

Unmoglich, dachte Dr. Portz. Ich mu?te es wissen.

Er klingelte trotzdem. Dreimal, funfmal, zehnmal. Er druckte den Daumen einige Minuten lang auf den Knopf. Der schrille Ton im Haus mu?te Scheintote wecken.

Aber es blieb still.

Eine unheimliche Ahnung schlich in Dr. Portz empor. Ein Drama entstand vor seinen Augen.»Mein Gott!«murmelte er.»Mein Gott. Das sieht dem Jungen doch nicht ahnlich.«

Mit weichen Beinen schwankte er zum Gartentor. Noch einmal las er das Schild: >Bis auf weiteres verreist.<

Der Park war leer. Nur dort, wo die Terrasse uberging in die Rosenbeete, standen zwei Liegestuhle unter einem bunten Schirm in der Sonne.

Sabine und Peter lagen in ihnen, und als Dr. Portz sie bemerkte, hatten sie sich gerade umschlungen und ku?ten sich.

«O Gott!«sagte Dr. Portz noch einmal.

Er klappte seine Aktentasche auf, nahm den Schriftsatz Sacher kontra Sacher wegen Ehescheidung, zerri? ihn in kleine Stucke und streute die Schnipsel in eine leere Regentonne. Dann nahm er einen Bleistift und schrieb unter das Schild

Bis auf weiteres verreist

kurz und knapp:

Viel Gluck Dr. Portz und Bornemeyer

Als er wieder abfuhr, wandte Peter Sacher den Kopf und sah dem Wagen nach, der uber die Rheinstra?e zuruck nach Dusseldorf raste.

«Dort fahrt Ernst«, sagte er.»Er glaubt auch, da? wir verreist sind.«

Sabine legte den Arm um seinen Kopf.

«Wir sind ja verreist, Peter.«»Und wo sind wir?«

«Im siebenten Himmel unseres siebten Jahres. «Peter Sacher nickte. Er konnte nicht sprechen. Warum nicht, das mag der Leser bitte erraten.

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