die Anker gelichtet und war der Flotte Laigins gefolgt, als sie die Kuste von Muman verlie?. Geblieben war ein ruhiger, beschaulicher Anblick.
»Wirklich, Fidelma«, sagte Colgu aufgeraumt, »du hast bewiesen, da? dein Ruf wohlbegrundet ist.«
Fidelma zuckte gleichmutig die Achseln.
»Es gibt keinen Grund zur Selbstzufriedenheit«, erwiderte sie. »Ware ich es nicht gewesen, der diese bosen Menschen zu Fall bringen half, dann hatte es jemand anders getan. Sagt nicht schon Euripides, da? bose Menschen durch ihr eigenes Wesen daran gehindert werden, Erfolg zu haben?«
»Ich glaube, du denkst da mehr an Salbach als an den jungen Nechtan, nicht wahr?« meinte Colgu ernst. »Wenn du Salbach nicht uberfuhrt hattest, dann hatten wahrscheinlich noch viele Menschen ihr Leben verloren, bevor wir ihm auf die Schliche gekommen waren. Wenigstens konnen sich die Corco Loigde jetzt einen neuen Fursten wahlen, und zwar einen, wie ich hoffe, der mehr Ehre und Menschlichkeit besitzt. Und Osraige wird wohl auch zufrieden sein, wenn es sich seine alten Herrscher wieder erwahlen kann. Ich fur mein Teil bin der Ansicht, da? Scandlan ebensoviel Schande trifft wie Salbach.«
»Ja, es ist gut so«, pflichtete ihm Fidelma bei. »Ich kann es zwar nicht beweisen, aber ich glaube, da? Scandlan von Osraige auch an der Verschworung beteiligt war, alle Gegner seiner Dynastie zu vernichten. Was den jungen Nechtan angeht, wenn er mich als seine Anwaltin haben will, dann werde ich ihn verteidigen«, sagte Fidelma noch einmal. »Er war ein Gefangener der Umstande und lebte in gro?er Furcht.«
»Aber seine Hand fuhrte das Messer, das in Dacans Brust stach«, wandte Colgu ein.
»Die Angst leitete ihn und verlieh ihm die Kraft. In allen Dingen gibt es Abstufungen der Schuld.«
»Nun, das Gespenst des Krieges hat sich verzogen, und das verdanken wir dir, Fidelma.«
»Fur diesmal jedenfalls.« Fidelma lachelte spottisch. »Mein Mentor, der Brehon Morann von Tara, sagte immer, da? dem Menschen auf seinem Wege durch die Geschichte Walder vorangingen und Wusten und Einoden folgten.«
»Der war kein Optimist«, erwiderte Colgu.
»Wenn du die Menschen aus der Distanz betrachtest, wirst du an ihnen zwangslaufig nicht viel Lobenswertes finden«, meinte Fidelma. »Die Kunst und die Philosophie sind nicht dem Wesen des Menschen entsprungen, sie entstehen trotz des menschlichen Wesens.«
Der Klang der Vesperglocke lie? sie gleichzeitig zum Glockenturm der Abtei aufblicken. Colgu lachelte seine Schwester an und legte ihr bruderlich den Arm um die Schulter.
»Komm, gehen wir hinein zum Essen. Trubsal blasen konnen wir spater. Es steht dir nicht gut, so pessimistisch zu sein, meine kleine Schwester.«
»Nun, was ware, wenn wir so taten, als ware alles gut, wahrend es uns doch so elend geht. Nein«, wehrte sie mit erhobener Hand den argerlichen Protest ihres Bruders ab. »Ich bin schon still. Gehen wir essen. Bereits Euripides sagte, wenn der Magen voll ist, dann hort die Streitlust auf.«
Arm in Arm schritten die Geschwister dem Refektorium der Abtei entgegen.