und im Hals wurde es warm. So musste es sein.

»Okay«, sagte der Alteste, »nun sag schon, was du willst!«

»Ich mochte meine Dienste als Modul anbieten«, sprudelte es aus mir heraus.

»Welcher Shunt?«

»Kreativ-Gigabit.«

»Fur Dauerbetrieb zugelassen?«

»Vierundachtzigeinhalb.«

Der Alteste kratzte sich am Kinn. Schenkte sich Wodka nach und schaute mich fragend an. Ich nickte und er goss mein Glas halb voll.

»Hast du eine Genehmigung?«

»Ja.« Ich griff in die Tasche, aber der Kosmonaut schuttelte den Kopf: »Nicht jetzt… alles geregelt, alles geklart, alle Genehmigungen vorhanden, ich glaube dir… aber warum?«

»Ich mochte hier nicht leben«, antwortete ich ehrlich.

»Wenn du gesagt hattest, du konntest ohne den Kosmos nicht leben, hatte ich dir den Riemen zu kosten gegeben«, au?erte sich der Alteste etwas nebulos, »Aber hier leben… ja, das wurde ich auch nicht wollen… Wei?t du denn uberhaupt, was ein Modul ist?«

»Darunter versteht man den Onlineanschluss eines Gehirns als Prozessor der ununterbrochenen Datenverarbeitung, welche die Navigation im Hyperkosmos ermoglicht«, legte ich los. »Da beim Uberschreiten der Konstante c die Schnelligkeit elektronischer Datenverarbeitungssysteme direkt proportional zur Geschwindigkeit des Raumschiffs abnimmt, stellt die Nutzung der Fahigkeiten des menschlichen Gehirns die einzige Navigationsmethode im Zeittunnel dar.«

»Du kannst dabei nicht denken!«, erklarte der Alteste. »Du wirst dich nicht einmal an etwas erinnern. Der Stecker wird angeschlossen und du schaltest dich ab. Erst nach der Landung lebst du wieder auf. Der Kopf tut etwas weh, und es kommt dir vor, als ob nur eine Minute vergangen ware, lediglich ein Bart ist dir inzwischen gewachsen… na ja, bei dir vielleicht nicht gerade. Und? Was ist daran so schon?«

»Ich mochte hier nicht leben«, wiederholte ich. Dieser Grund schien den Altesten ja uberzeugt zu haben.

»Die Bezahlung der Module ist progressiv. Wahrend der funf Jahre Realzeit kannst du genugend Geld sparen, um in die Kosmonautenschule aufgenommen zu werden«, fuhrte der Alteste aus. »Au?erdem hast du das richtige Alter dafur. Die Sache hat aber einen Haken: Die Arbeit im Dauerbetrieb schadigt die Prozesse der Motivation und Zielsetzung im Gehirn. Du mochtest dann nicht mehr weg. Verstehst du das?«

»Ich schon.«

»Nur zwei Prozent der Personen, die als Modul tatig sind, verlassen ihren Platz nach Ablauf des funfjahrigen Standardvertrages. Ungefahr ein Prozent kundigt den Vertrag vorzeitig. Alle anderen arbeiten bis… bis zum Tod.«

»Ich riskiere es.«

»Du liebst das Risiko.« Der Alteste erhob das Glas und trank. Ich zogerte und folgte dann seinem Beispiel. Dieses zweite Mal klappte es nicht so richtig, ich fing an zu husten und der Alteste klopfte mir auf den Rucken.

»Nehmen Sie mich, bitte«, flehte ich ihn an, nachdem ich wieder atmen konnte. »Ich verdinge mich so oder so als Modul. Wenn nicht bei Ihnen, dann eben bei einem anderen.«

Der Alteste erhob sich. In seiner Flasche war noch ein Rest, aber er schien nicht darauf zu achten. Die Kosmonauten sind alle ungeheuer reich.

»Gehen wir!«

Als wir hinausgingen, blinzelte ich dem Barkeeper zu. Er lachelte und winkte mir zu. So, als ob er mir nicht wirklich zustimmen, aber meine Entscheidungsfreiheit anerkennen wurde.

Ein wirklich guter Mensch, bestimmt deshalb, weil er auf dem Kosmodrom arbeitete.

Durch das schone Hotelfoyer gingen wir zu den Fahrstuhlen.

Wortlos zeigte der Alteste dem Sicherheitsdienst seinen galaktischen Pass. Der Sicherheitsdienst lie? ihn ebenso wortlos passieren. Neben den Fahrstuhlen befand sich in einer Nische noch eine kleine Bar. Dort sa?en ungefahr funf junge Frauen, alle sehr schon und sehr verschieden — eine Asiatin, eine Schwarze und eine Wei?e. Sie tranken genusslich ihren Kaffee. Die Asiatin schaute zu uns heruber und sagte etwas zu ihren Freundinnen, die zu lachen anfingen.

»Kuscht euch, ihr Pack!«, schnappte der Alteste und sein Gesicht farbte sich dunkelrot.

Die Damen lachten noch mehr. Ich schaute sie verstohlen von der Seite an, als wir uns im glasernen Fahrstuhl in die oberen Etagen bewegten.

»Wir warten erst einmal ab, was der Arzt sagt«, teilte mir der Alteste mit. »Eurem Gesundheitswesen vertraue ich nicht.«

»Hm«, stimmte ich ihm zu, »unser Gesundheitswesen ist gut, aber veraltet.«

Ich folgte dem Altesten durch eine der Turen. Wir befanden uns in einem luxuriosen Hotelzimmer mit Videoscreen, auf dem gerade ein Historienfilm lief. Im Sessel davor hing ein hagerer, gro?er Mann, der einen edlen Glaskelch mit irgendeinem Getrank in der Hand hielt.

Das Glas sah ihm sehr ahnlich und ich konnte mir ein Lacheln nicht verkneifen.

Es lief uberhaupt alles wie am Schnurchen!

»Anton«, sagte der Alteste und schubste mich nach vorn, »untersuche den Jungen. Er will als Modul bei uns anfangen.«

Der Mann wandte sich um, stellte das Glas ab und sagte: »Die Dummen werden immer junger. Hast du ihm wenigstens klargemacht, was es bedeutet, auf Dauerbetrieb zu sein?«

»Habe ich. Er kennt sich aus.« Der Alteste kicherte. »Hat sogar bemerkt, dass die Arizona mit Hauptmotor gestartet ist.«

Anton beugte sich zum Videoscreen vor und schaltete ihn aus. Das Licht im Zimmer wurde heller. Mir fiel auf, dass die Zimmerfenster genauso undurchsichtig waren wie in der Bar. Bestimmt missfallt den Kosmonauten unser Planet derma?en, dass sie alle Fenster abdunkeln.

»Zieh dich aus!«, befahl er.

»Ganz?«, fragte ich.

»Nein, die Stiefel kannst du anbehalten.«

Er machte sich naturlich uber mich lustig. Wer tragt denn Stiefel innerhalb der Kuppel? Ich zog mich nackt aus und legte meine Kleidung uber den Stuhl, den mir der Alteste zuschob.

»Was hast du fur einen Shunt?«, fragte Anton, »einen Neuron?«

Wie dankbar ich doch meinen Eltern war! In meiner Klasse hatten fast alle einen Neuron, ein furchterliches Ding. Ich sagte, dass ich einen Kreativ hatte.

»Ein ernstzunehmender Junge«, bestatigte Anton und holte ein kleines Kofferchen hervor.

»Stell dich hierhin!«

Ich stellte mich hin wie gewunscht und bewegte die Arme wie befohlen. Anton holte ein Kabel aus dem Kofferchen und warnte mich: »Gleich wird dir schwindlig!«

Mir war so schon schwindlig, aber das verriet ich ihm nicht. Der Weltraumarzt — Anton war auf alle Falle einer — schloss das Kabel an meinen Neuroshunt an und stellte vor mir einen Scanner auf ein Stativ.

»Hast du gute Nerven?«, wollte er wissen.

»Sicher!«

»Das ist auch gut so!«

Der Videoscreen leuchtete wieder auf. Nur dass jetzt ich darauf zu sehen war. Der Scanner summte leise, der Detektorkopf vibrierte. Die Abbildung auf dem Screen begann sich zu verandern.

Zuerst kam es mir vor, als ob man mir die Haut abziehen wurde. Ich warf einen schnellen Blick auf mich, um mich zu uberzeugen, dass sie noch an Ort und Stelle war.

Um mein Abbild leuchteten verschiedene Bezeichnungen und Ziffern auf. Nicht in Lingua, sondern in einer unbekannten Sprache.

»Ernahrst du dich vollwertig?«, fragte Anton.

»Ja.«

»Das ist verteufelt gut… Eindeutig, du bist nicht zum Sackeschleppen bestimmt.«

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