ihn einen idiotischen Hund. Ich war so wütend, daß ich gleich heulte.

«Geh und wasch dir das Gesicht», sagte Stradlater. «Hörst du?»

Ich sagte, er solle doch sein eigenes Idiotengesicht waschen gehn. Das war kindisch, aber ich hatte eine rasende Wut. Ich sagte, er solle doch einen Umweg zum Waschraum machen und mit Mrs.

Smith schlafen. Mrs. Smith war die Frau vom Hausmeister und ungefähr fünfundsechzig.

Ich blieb am Boden sitzen, bis ich hörte, daß Stradlater die Tür hinter sich zumachte und durch den Gang zum Waschraum ging. Dann stand ich auf. Ich konnte meine verdammte Jagdmütze nirgends finden. Endlich sah ich sie doch. Sie lag unter dem Bett. Ich setzte sie auf, mit dem Schild im Nacken, so wie es mir am besten gefiel, und dann ging ich zum Spiegel und schaute mein blödes Gesicht an. Dieses Schlachtfeld war sehenswert. Mund und Kinn und alles war blutüberströmt, sogar mein Pyjama und mein Bademantel. Halb grauste es mir und halb faszinierte es mich. Ich sah sozusagen aus wie ein «echter» Kerl. Ich hatte erst ungefähr zweimal in meinem Leben eine Rauferei mitgemacht und beide Male verloren. So «echt» bin ich gar nicht. Ich bin Pazifist, falls das jemand interessiert.

Ich vermutete, daß Ackley wahrscheinlich den ganzen Lärm gehört hatte und wach war. Deshalb ging ich durch die

Vorhänge zum Duschraum in sein Zimmer, nur um nachzusehen, was er i n achte.

Ich ging fast nie in sein Zimmer. Es war immer ein sonderbarer Gestank darin, weil er so unsauber war.

7

Von unserem Zimmer fiel durch den Duschraum ein schwacher Lichtschimmer zu ihm hinein. Ich konnte erkennen, daß er im Kett lag. Ich wußte ganz genau, daß er hellwach war. «Ackley?» sagte ich. «Bist du wach?»

«Ja.»

Es war ziemlich dunkel. Ich trat auf irgendeinen Schuh am Boden und wäre fast umgefallen. Ackley setzte sich im Bett auf und stützte sich auf den Arm. Sein Gesicht war dick mit weißer Salbe eingeschmiert, gegen die Pickel. Er sah im Dunkeln ganz gespenstisch aus. «Was machst du?» fragte ich.

«Was ich mache? Ich habe versucht zu schlafen, bis ihr mit dem Höllenspektakel angefangen habt.

Wegen was habt ihr euch denn überhaupt geprügelt?»

«Wo ist der Schalter?» Ich konnte den Lichtschalter nicht finden. Ich tastete die ganze Wand ab.

«Warum mußt du Licht haben?... Dort neben deiner Hand.»

Endlich fand ich den Schalter. Ackley hielt sich die Hand über die Augen, weil es ihn blendete.

«Großer Gott!» sagte er dann. «Was ist denn mit dir passiert?» Er meinte das Blut und alles.

«Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit Stradlater», sagte ich. Dann setzte ich mich auf den Boden. Die beiden hatten nie Stühle in ihrem Zimmer. Ich weiß nicht, was zum Kuckuck sie mit ihren Stühlen machten. «Hör mal», fragte ich, «hättest du Lust auf ein bißchen Canasta?» Er spielte gern Canasta.

«Du blutest immer noch. Du solltest etwas drauftun.»

«Das hört von selber auf. Aber hättest du nicht Lust auf Canasta?»

«Canasta, Herr im Himmel! Weißt du vielleicht, wie spät es ist?»

«Es ist noch gar nicht so spät. Erst ungefähr elf, oder erst halb zwölf.»

«Erst!»

sagte er. «Ich muß doch morgen früh aufstehn und in die Messe gehn, um Himmels willen.

Ihr fangt da einfach einen Höllenlärm an, mitten in der verdammten - wegen was habt ihr euch denn überhaupt verprügelt?»

«Das ist eine lange Geschichte. Ich will dich nicht damit langweilen, Ackley. Ich habe nur dein Wohl im Auge», sagte ich. Ich informierte ihn nie über meine Privatangelegenheiten. Vor allem deshalb nicht, weil er sogar noch dümmer war als Stradlater. Im Vergleich zu ihm war Stradlater ein gottverdammtes Genie. «He», sagte ich, «kann ich wohl heute nacht in Elys Bett schlafen? Er kommt doch erst morgen abend zurück, nicht?» Ich wußte ganz genau, daß Ely nicht vorher zurückkommen würde. Er fuhr fast jedes Wochenende nach Hause.

«Verdammt, ich weiß doch nicht, wann er zurückkommt», sagte Ackley.

Junge, wie mich das ärgerte. «Was zum Teufel soll das heißen, daß du nicht weißt? Er kommt überhaupt nie vor Sonntagabend.»

«Nein, aber verflucht noch mal, ich kann deshalb doch nicht jedermann sagen, sie könnten in seinem verdammten Bett schlafen, wenn sie Lust dazu hätten.»

Das war mir zuviel. Ich streckte von meinem Sitzplatz am Boden den Arm aus und klopfte ihm auf die Schulter. «Du bist ein Prinz, Kleiner», sagte ich. «Weißt du das?»

«Nein, im Ernst - ich kann doch nicht jedem sagen, er könne in Elys-» «Du bist ein echter Prinz. Ein Gentleman und wahrer Studiosus, Kleiner.» Das stimmte ja sogar.

«Hast du zufällig Zigaretten da? Sag nein, sonst falle ich tot um.»

Nein, ich habe tatsächlich keine. Aber wegen was habt ihr euch verprügelt?»

Ich gab keine Antwort. Ich stand nur auf, ging ans Fenster und haute hinaus. Ich fühlte mich plötzlich so allein. Am liebsten wäre ich tot gewesen.

«Wegen was zum Teufel habt ihr euch geprügelt?» fragte Ackley zum fünfzigstenmal. Er war wirklich hartnäckig. Wegen dir», sagte ich.

«Um Himmels willen, wegen mir?»

«Jawohl. Ich habe deine verdammte Ehre verteidigt. Stradlater sagte, du wärst ein ekelhafter Mensch.

Das konnte ich ihm nicht durchgehen lassen.»

Ackley wurde ganz aufgeregt. «Wirklich? Im Ernst? Hat er das wirklich gesagt?»

Ich sagte, es sei alles nur Blödsinn, und dann legte ich mich auf Elys Bett. Es war mir reichlich schlecht. Ich fühlte mich so verdammt allein.

«n diesem Zimmer stinkt es», sagte ich. «Ich kann sogar von hier aus deine Socken riechen. Gibst du sie nie zum Waschen?»

«Wenn's dir nicht paßt, weißt du ja, was du tun kannst», sagte Ackley. Wie geistreich. «Wie wir's, wenn du dieses verdammte Licht ausdrehen würdest?»

Ich ließ es aber vorläufig noch brennen. Ich blieb auf Elys Bett liegen und dachte an Jane und alles.

Es machte mich einfach rasend, wenn ich sie mir mit Stradlater im Auto von diesem Fettarsch Ed Banky vorstellte. Sobald ich daran dachte, hätte ich aus dem Fenster springen können. Ich kannte Stradlater viel zu gut. Die meisten andern in

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