„Keine Sorge', sagte sie. „Ich kann alles ganz
fein zerkleinern, dann merkt ihr überhaupt keinen
Unterschied. Leckerer Schnackbraten. Köstliche
Würmberger Klopse.'

„Bitte nein!' rief Willi.

„Nie!' sagte Philipp und schüttelte sich.

„Ekelhaft!' sagte Herr Hei. „Weil wir Flügel
haben, brauchen wir ja nicht gleich Vogelfutter zu
fressen - Verzeihung: essen. Wir essen statt
dessen Äpfel. Unsere Bäume hängen voll davon.
Kommt!'

Also flogen sie zu einem Apfelbaum. Aber es ist gar nicht so einfach, einen Apfel zu essen, wenn man ihn nicht in der Hand halten kann. Sobald man abbeißen will, rutscht er einem weg.

Schließlich gelang es ihnen aber doch noch, ein paar kleine Häppchen abzuknabbern. Und dann fing es an, dunkel zu werden, also flogen sie alle zum Nest zurück und legten sich zum Schlafen nieder.

Ungefähr um diese Zeit muß es gewesen sein,
als ich bei uns zu Haus zum Telefon griff und
Philipp anzurufen versuchte.

Ich wollte wissen, ob bei ihm zu Haus alles in
Ordnung war.

„Hallo', sagte ich.

„Quack!' sagte jemand am anderen Ende. „Wer ist da?' fragte ich. „Quack-quack!'

„Philipp', sagte ich, „bist du das?' „Quack-quack-quack-quack- quack!'

„Ach, hör doch auf!' sagte ich.

Darauf gab es ein sehr komisches Geräusch. Es
hörte sich an wie ein Vogel, der lacht.

Ich legte schleunigst den Hörer auf.

„Oh, dieser Zauberfinger!' rief ich. „Was hat er
bloß mit meinen Freunden gemacht?'

In der Nacht, während Herr und Frau Hei und
Philipp und Willi in ihrem hohen Nest ein bißchen
zu schlafen versuchten, erhob sich ein gewaltiger
Wind. Der Baum schwankte hin und her, und
alle, sogar Herr Hei, hatten Angst, das Nest
könne herunterfallen. Dann kam der Regen. Es
regnete und regnete, und das Wasser lief ins
Nest, und alle wurden durch und durch naß -
und, ach! es war eine ganz, ganz schreckliche
Nacht!

Endlich kam der Morgen und mit ihm die warme Sonne.

„So!' sagte Frau Hei. „Das ist ja nun zum Glück vorbei! Ich möchte nie wieder in einem Nest schlafen!' Sie richtete sich auf und guckte über den Rand...

„Hilfe!' schrie sie. „Da! Guckt mal da unten!' „Was ist denn, meine Liebe?' fragte Herr Hei. Er stand auf und linste vorsichtig über den Nestrand. Und kriegte den größten Schreck seines Lebens!

Unten auf der Erde standen die vier Riesenenten, so groß wie Menschen, und drei
von ihnen hielten eine Flinte im Anschlag. Eine
hatte Herrn Heis Flinte, eine hatte Philipps Flinte
und eine hatte Willis Flinte.

Alle drei Flinten zeigten genau auf das Nest.

„Nein! Nein! Nein!' riefen Herr und Frau Hei
gleichzeitig. „Nicht schießen! Bitte nicht
schießen!'

„Warum nicht?' fragte eine von den Enten. Es war die, die keine Flinte hielt. „Ihr schießt doch auch immer auf uns.'

„Oh, das ist aber nicht dasselbe!' sagte Herr Hei.

„Wir
dürfen
Enten schießen!'

„Wer hat gesagt, daß ihr es dürft?' fragte die
Ente.

„Einer sagt's dem anderen. Wir erlauben es uns gegenseitig', antwortete Herr Hei. „Na, prima', sagte die Ente. „Und jetzt erlauben
wir
es uns gegenseitig,
euch
zu schießen.'

(Für mein Leben gern hätte ich Herrn Heis Gesicht in dem Augenblick gesehen!)

„Oh,
bitte!'
rief Frau Hei. „Unsere beiden kleinen Kinder sind hier oben bei uns! Ihr wollt doch sicher nicht meine
Kinder
totschießen!' „Gestern habt ihr
meine
Kinder totgeschossen', sagte die Ente. „Alle sechs habt ihr mir totgeschossen.'

„Ich will's nie wieder tun!' rief Herr Hei. „Nie, nie, nie!'

„Ehrlich?' fragte die Ente. „O ja, ehrlich!' sagte Herr Hei. „In meinem ganzen Leben will ich nie wieder eine Ente schießen!'

„Das genügt nicht', sagte die Ente. „Nämlich zum Beispiel die Rehe?'

„Ich tu alles, was ihr von mir wollt, wenn ihr nur endlich die Flinten herunternehmt!' rief Herr Hei. „Ich schieße bis an mein Lebensende keine Ente mehr und kein Reh mehr und überhaupt nichts mehr!'

„Gibst du mir dein Wort darauf?' fragte die Ente. „Ja! Ja!' sagte Herr Hei. „Wirfst du deine Flinten weg?' fragte die Ente. „Ich zerbreche sie in tausend winzige Stücke!' sagte Herr Hei. „Und ihr braucht nie wieder Angst vor mir oder meinen Kindern zu haben.' „Gut', sagte die Ente.

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