„Dann dürft ihr jetzt runterkommen.'

„Und darf ich Ihnen übrigens zu Ihrem Nest gratulieren? Gar nicht schlecht für einen ersten Versuch!'

Herr und Frau Hei und Philipp und Willi hüpften aus dem Nest und flogen nach unten. Da wurde ihnen plötzlich schwarz vor Augen, und sie konnten nichts mehr sehen. Gleichzeitig überfiel
alle vier ein komisches Gefühl, und es brauste in ihren Ohren wie ein mächtiger Sturm. Dann wurde das Schwarz vor ihren Augen

zu BLAU

zu GRÜN

zu ROT

und dann zu GOLD

und plötzlich standen sie im schönsten hellen Sonnenschein auf ihrem eigenen Hof, dicht beim Haus, und alles war wieder ganz genauso wie vorher.

„Unsere Flügel sind weg!' rief Herr Hei.
„Und unsere Arme sind wieder da!'

„Und wir sind nicht mehr winzig!' lachte Frau Hei.
„Ach, wie bin ich froh!'

Philipp und Willi fingen vor Freude an zu tanzen. Da hörten sie hoch über sich den Ruf einer Wildente. Alle schauten nach oben, und sie sahen die vier Vögel, die, dicht beieinander und wunderschön anzuschauen vor dem blauen Himmel, zum See im Wald zurückflogen. Ungefähr eine halbe Stunde darauf muß es gewesen sein, als ich zu Heis auf den Hof kam. Ich war hingegangen, um herauszufinden, wie es um sie stand, und ich muß zugeben, ich rechnete mit dem Schlimmsten. Am Tor blieb ich stehen und riß die Augen weit auf. Es war solch ein merkwürdiger Anblick.

In einer Ecke zertrümmerte Herr Hei gerade alle drei Flinten mit einem dicken Vorschlaghammer in winzige Stückchen.

In einer anderen Ecke legte Frau Hei schöne Blumen auf sechzehn winzige Erdhügel - die Gräber der am Vortag geschossenen Enten, wie ich später erfuhr.

Und mitten auf dem Hof standen Philipp und Willi mit einem Sack von Vaters bester Gerste. Vögel
schwirrten und hüpften um sie herum - Enten, Tauben, Spatzen, Rotkehlchen, Lerchen und viele andere, die ich nicht kannte, und die Vögel pickten die Gerste auf die die Jungen mit vollen Händen ausstreuten. „Guten Morgen, Herr Hei', sagte ich. Herr Hei ließ seinen Hammer sinken und guckte mich an. „Ich heiße nicht mehr Hei', sagte er. „Zu Ehren meiner gefiederten Freunde habe ich mich in Ei umbenannt.'

„Und ich bin Frau Ei', sagte Frau Hei.

„Was ist denn passiert?' fragte ich. Sie kamen
mir vor wie total plemplem, alle vier.

Nun erzählten mir Philipp und Willi die ganze
Geschichte. Als sie fertig waren, sagte Willi: „Da!
Da ist das Nest! Kannst du's sehen? Ganz oben
in dem Baum! Da haben wir letzte Nacht
geschlafen!'

„Ich habe das ganze Nest allein gebaut', sagte Herr Ei stolz. „Vom ersten bis zum letzten Zweig.'

„Falls du uns nicht glaubst', sagte Frau Ei, „dann geh nur mal ins Haus und wirf einen Blick ins Badezimmer. Da sieht's vielleicht aus!' „Sie haben die Wanne bis an den Rand vollaufen lassen', sagte Philipp. „Sie müssen die ganze Nacht darin herumgeschwommen sein! Und überall Federn!'

„Enten haben gern Wasser', sagte Herr Ei. „Es
freut mich, daß sie Spaß gehabt haben.'

In dem Augenblick ertönte aus der Richtung des
Sees ein lautes PENG!

„Da schießt jemand!' rief ich.

„Wird Jan Küfer sein', sagte Herr Ei. „Mit seinen
drei Jungen. Die sind schießwütig, diese Küfers,
die ganze Familie.'

Plötzlich fing ich an, rot zu sehen...

Dann wurde mir am ganzen Körper ganz heiß... Dann fing es in meiner Fingerspitze ganz
schrecklich zu kribbeln an. Ich spürte, wie es sich immer mehr auflud in mir... Ich machte kehrt und rannte, so schnell ich konnte, zum See hinauf.

„He!' rief Herr Ei hinter mir her. „Was ist denn los? Wo willst du hin?' „Küfers suchen!' rief ich zurück. „Aber warum?'

„Warten Sie nur mal ab!' rief ich. „Die nisten heute nacht in den Bäumen, alle miteinander!'

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