alle mit dunklen Eichenmobeln eingerichtet waren, die mit glanzenden Messingbeschlagen verziert waren. Auf den Tischen lagen sorgfaltig gebugelte Decken. Ein rot getigerter Kater hatte sich mude gegen einige Geranientopfe gelehnt und blinzelte in die Sonne.

In der letzten steilen Kurve fuhrte der Weg hinab zur Kuste, und Danny sturmte nach unten, und seine Sandalen verursachten auf dem hei?en Teer ein klatschendes Gerausch. Der Strand eignete sich kaum zum Schwimmen, da er mit Steinen und mit grunlich braunem Seetang ubersat war. Aber wenn sich die Flut zuruckzog, konnte sich Danny mit den zahlreichen zuruckbleibenden Pfutzen beschaftigen und Heerscharen kleiner gruner Taschenkrebse fangen.

Wir spazierten bis zum Strandcafe und suchten uns einen Platz in einem kleinen von einer Mauer umgebenen Garten unter einer rot und wei? gestreiften Markise.

Eine mutterliche Frau mit einer wei?en Schurze brachte uns zwei Bier und ein Eis fur Danny.

»In dieser Saison ist es schrecklich ruhig gewesen«, sagte sie. »Schon, mal ein paar neue Gesichter zu sehen.«

»Ich schatze, dass die Pauschalreisenden in diesem Jahr nach Korfu geflogen sind«, sagte ich. »Machen Sie sich keine Sorgen, nachstes Jahr sind die alle wieder hier. Warten Sie nur ab, bis sie gemerkt haben, wie schlimm es da ist. Souvlaki und Fritten und so viel Tequila, wie man trinken kann.«

»Wie lange werden Sie bleiben?«

»Den ganzen Sommer«, erwiderte ich. »Ich repariere das Fortyfoot House.«

»Tatsachlich? Fortyfoot House? Die Tarrants wollen doch nicht wieder da einziehen, oder?«

»Oh, nein, sie wollen es verkaufen.«

»Na ja, es wird ja auch Zeit, das da mal irgendjemand einzieht. Solange ich das nicht bin.«

»Ach?«

Sie schuttelte den Kopf. Sie erinnerte mich an die Oma der Waltons aus der Fernsehserie.

»Ich wurde ja nach Einbruch der Dunkelheit nicht mal den Garten betreten.«

Liz lachte. »Sie glauben doch nicht an Geister, oder?«

»Nein«, entgegnete die Frau. »Aber es gibt da Lichter und Gerausche, und so etwas mag ich nicht.«

»Lichter und Gerausche? Welcher Art?«, wollte ich wissen. Liz lachte noch immer.

»Ach, Sie wollen mich doch jetzt blo? auf den Arm nehmen, was?«, gab die Frau zuruck.

»Nein, uberhaupt nicht«, sagte ich. »Entschuldigen Sie meine Begleiterin. Sie kommt von der Essex University und ist eine von den skeptischen Intellektuellen.«

»Und Sie?«, fragte mich die Frau.

Ich war es nicht gewohnt, so direkt gefragt zu werden. »Ich bin ... ich wei? nicht, ich mache Gelegenheitsarbeiten. Hier ein Verputz, da ein Anstrich. Das ist alles.«

»Und Sie haben eine Nacht im Fortyfoot House verbrach!?«

»J-a-a«, antwortete ich gedehnt und neugierig.

»Und Sie haben keine Gerausche gehort?«

»Kommt drauf an, was Sie meinen. In jedem alten Haus gibt es Gerausche.«

Die Frau schuttelte den Kopf. »Kein altes I laus ... kein altes Haus auf der ganzen Welt... uberhaupt kein alles I laus macht solche Gerausche wie Fortyfoot House.« »Also«, raumte ich ein, »es gab Gerausche. Vor allem auf dem Dachboden. Aber die stammten von Schwalben oder von Eichhornchen.«

»Horten Sie ein Kratzen, wie von einer Ratte? Oder Gerausche, fur die Sie keine Erklarung hatten?« Die Frau starrte mich durch ihre Brillenglaser an. Ihre Augen sahen aus, als wurden sie in einem Goldfischglas umherschwimmen. Es war offensichtlich, dass sie mich auf eine zuruckhaltende Weise zu provozieren versuchte.

»Nein, es waren eigentlich keine unheimlichen Gerausch. Ich glaube, wir reden aneinander vorbei.«

»Oh«, sagte die Frau. »Haben Sie denn die Lichter gesehen?«

»Keine Lichter. Ich habe nur Gerausche gehort.«

»Wie haben sich die angehort?«, bohrte sie weiter.

»Gerausche von Tieren. Keine Ahnung. Ratten oder Eichhornchen oder so.«

Sie betrachtete mich eindringlich. »Sie haben niemanden schreien gehort?«

Ich war fast schon entsetzt: »Naturlich nicht!«

»Hort auf, ich zittere ja schon«, sagte Liz mit gespieltem Entsetzen.

»Und Sie sagen, dass Sie auch keine Lichter gesehen haben?«, fragte die Frau, wahrend sie Liz vollig ignorierte.

Ich schuttelte den Kopf.

»Na gut. Vielleicht kommt das erst noch.«

Sie sammelte Glaser ein und war im Begriff, in die Kuche zuruckzukehren, doch ich rief ihr nach: »Augenblick noch.«

»Ja?«, fragte sie, als sie sich mir wieder zuwandte.

»Erzahlen Sie mir was uber die Schreie.«

Sie hielt kurz inne, dann schuttelte sie den Kopf. »War nur so eine Idee«, sagte sie dann.

»Erzahlen Sie«, beharrte ich. Aber wieder schuttelte sie den Kopf, und ich wusste, dass ich aus ihr nichts herausbekommen wurde.

»Das war etwas sonderbar, findest du nicht?«, meinte Liz,

die ihren Bierkrug mit ihren blassen Fingern fest umschlossen hielt.

»Wenn du mich fragst, will sie damit die Touristen unterhalten«, sagte ich. »Eine gute Geistergeschichte gefallt schlie?lich jedem.«

»Aber du hast doch etwas gehort.«

Ich nickte. »Ja. Ich habe sogar etwas gesehen. Vielleicht ein Eichhornchen oder eine Ratte. Ich werde nachher mal im Telefonbuch den Kammerjager heraussuchen, vielleicht kann man mir ja jemanden nach Hause schicken.«

Im glei?enden Licht des Morgens erschien mir das Ding, das auf dem Dachboden an mir vorbeigehuscht war, nicht mehr so Furcht erregend. Immerhin war es da oben stockfinster gewesen. Ich hatte einen Mantel oder einen Vorhangstoff beruhren konnen, das hatte sich mindestens genauso unangenehm angefuhlt. Wenn man in Panik gerat, dann kann es sein, dass man sich alle moglichen entsetzlichen Dinge einbildet.

Ich verstand allerdings noch immer nicht, was es mit dem Blick durch das Fenster der Kapelle auf Fortyfoot House auf sich hatte. Allerdings begann ich zu vermuten, dass es sich um irgendeine Art von Illusion handelte, verursacht durch Ubermudung und Stress. Liz hatte den Garten betreten, und ich hatte aus irgendeinem Grund angenommen, es handele sich um den Mann auf dem Foto. Mein Verstand hatte mir einen Streich gespielt.

Ich ging ins Cafe, um zu bezahlen. Die alte Frau sa? an einem der Tische und sortierte 5-und 10-Pence- Munzen. Ich stand da und wartete ab, bis sie fertig war. An der Wand hing ein handgeschriebenes Schild mit der Aufschrift >Fish 'n' Chips<.

»Haben Sie wirklich Lichter gesehen?«, fragte ich schlie?lich.

Sie blickte zu mir auf. Ein gekrummtes Abbild der Kuste spiegelte sich in ihrem linken Brillenglas. »Ja, das habe ich«, antwortete sie. »Lichter. Und Gerausche habe ich gehort.

Ich mochte nachts nicht mal in die Nahe dieses Hauses kommen.«

»Naja, Mrs. ...?«, begann ich.

»Kemble«, sagte sie. »Aber Sie konnen mich Doris nennen, wenn Sie wollen. Das macht jeder. Eigentlich hei?e ich Dorothy, aber alle nennen mich Doris.«

»Okay, Doris. Ich hei?e David.«

»Freut mich, Sie kennen zu lernen«, erwiderte sie, wahrend sie die Munzen zu Ein-Pfund-Stapeln aufturmte.

»Erzahlen Sie mir etwas uber Fortyfoot House«, bat ich sie.

Sie schurzte die Lippen. »Wenn Sie dort wohnen, ist es besser, dass Sie nichts wissen.«

»Es ist doch nicht gefahrlich, oder?«

»Kommt drauf an, was Sie als >gefahrlich< bezeichnen.«

»Doris ... ich habe Gerausche auf dem Speicher gehort. Ich habe irgendein Ding gesehen. Ich glaube, es

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