* * *

Kloofman hatte schon so lange nicht mehr mit jemandem aus einer niedrigen Klasse gesprochen, da? er gar nicht mehr wu?te, wie er sich verhalten sollte. Mitglieder aus Klasse Drei, Vier und sogar Funf umsorgten ihn, aber selbstverstandlich unterhielt er sich nicht mit ihnen. Sie hatten ebensogut Roboter sein konnen.

So wartete er mit einiger Neugier auf das Erscheinen von Quellen. Naturlich war er verargert. Er lie? sich nicht gerne zwingen. Aber Kloofman besa? auch Humor. Seit vielen Jahren hatte niemand einen wunden Punkt in ihm entdeckt. Die unerwartete Krise machte ihm Spa?.

Und er hatte Angst. Die Leute an den Televektoren konnten Mortensen tatsachlich nirgends entdecken. Ein scheu?liches Gefuhl. Eine direkte Bedrohung von Kloofmans Macht.

Die Sonde in seinem Kopf sagte: »Quellen ist hier.«

»Er soll hereinkommen.«

Die Wand des Zimmers glitt zuruck. Ein schmaler, hagerer Mann trat unsicher ein und blieb vor der riesigen Pneumo-Hangematte stehen, in der Kloofman ruhte. Zwischen Kloofman und Quellen erhob sich ein feiner, fast unsichtbarer Nebel, ein Schirm gegen Attentate, der sich vom Boden bis zur Decke erstreckte. Jedes feste Materieteilchen, das den Schirm zu durchdringen versuchte, wurde sofort zerstaubt, egal mit welcher Masse und Geschwindigkeit es ankam.

Zusatzlich wurde Kloofman von Robotern bewacht. Kloofman wartete geduldig. Die kunstlichen Systeme in seinem Korper schnurrten, pumpten Blut durch die Adern und versorgten die Muskeln mit Lymphe. Kloofman sah, da? sich Quellen in seiner Gegenwart nicht wohlfuhlte. Es uberraschte ihn nicht.

Schlie?lich sagte er: »Ihr Wunsch wurde erfullt. Da bin ich. Was wollen Sie von mir?«

Quellen offnete den Mund, aber es dauerte eine Zeitlang, bis er ein Wort hervorbrachte. »Wissen Sie, was ich denke?« stie? er schlie?lich hervor. »Ich bin froh, da? Sie existieren. Das war mein erster Gedanke.«

Kloofman lachelte. »Woher wissen Sie, da? ich keine Maschine bin?«

»Ich …« Quellen unterbrach sich. »Gut, ich mu? mich verbessern. Ich hoffe, da? Sie wirklich existieren.« Seine Hande zitterten. Kloofman bemerkte, wie sehr er sich zu beherrschen versuchte. Nach au?en hin gelang es ihm fast.

»Sind Sie der Mann, der Mortensen entfuhrte?«

»Ja.«

»Wo ist er?«

»Das kann ich Ihnen nicht verraten, Sir. Noch nicht. Ich mochte Ihnen zuerst ein Geschaft vorschlagen.«

»Mir — ein Geschaft?« Kloofman lachte scheppernd. »Ihre Frechheit ist unglaublich«, sagte er mild. »Wissen Sie nicht, was ich Ihnen antun kann?«

»O doch.«

»Und dennoch kommen Sie her, um mir einen Handel vorzuschlagen?«

»Ich habe Mortensen«, erinnerte ihn Quellen. »Wenn ich ihn nicht freilasse, kann er am vierten Mai den Sprung nicht machen. Und das bedeutet …«

»Schon gut«, unterbrach ihn Kloofman scharf. Er spurte wie seine Spannung anstieg. Dieser Mann hatte seine wunde Stelle gefunden. Es war lacherlich, da? ihn ein Prolet in Schach halten konnte, aber es war nicht zu andern. Mit einem Mann, der die Vergangenheit zu verandern drohte, war nicht zu spa?en. Kein Komputer konnte berechnen, wie sich das Verschwinden Donald Mortensens aus der Zeitmatrix auswirken wurde. Der Weltherrscher war machtlos. »Sie spielen ein gefahrliches Spiel, Quellen«, sagte Kloofman. »Bringen Sie Ihren Vorschlag vor. Danach werden wir Ihnen das Versteck Mortensens gewaltsam entrei?en.«

»Mortensen ist so programmiert, da? er sich selbst umbringt, wenn etwas mit meinem Gehirn unternommen wird.«

Ob das stimmen konnte? Oder ob es ein gro?er Bluff war?

»Also, fangen Sie an.«

Quellen nickte. Er schien an Starke zu gewinnen, als bemerkte er, da? Kloofman auch kein Superwesen war. »Man beauftragte mich mit der Klarung des Zeitreiseproblems«, begann Quellen. »Es gelang mir, den Mann zu entdecken, der dahintersteckt. Er ist verhaftet. Leider ist er im Besitz von Informationen, die fur mich sehr ungunstig sind.«

»Haben Sie etwas verbrochen, Quellen?«

»Ich habe etwas Illegales getan. Es konnte zu Degradierung und Schlimmerem fuhren. Wenn ich den Mann Ihren Leuten ubergebe, wird er mich blo?stellen. Ich will also Immunitat. Das ist mein Geschaft. Ich ubergebe Ihnen den Verbrecher, aber Sie verfolgen mich nicht, wenn er mein Vergehen ausplaudert.«

»Was ist es denn, Quellen?«

»Ich besitze eine Klasse-Zwei-Villa in Afrika.«

Kloofman lachelte. »Sie sind wirklich ein Gauner«, sagte er leichthin. »Sie geben sich mit Ihrer Klasse nicht zufrieden, Sie erpressen die Hohe Regierung …«

»Ich halte mich eigentlich fur ziemlich ehrenwert, Sir.«

»Wahrscheinlich. Dennoch sind Sie ein Gauner. Wissen Sie, was ich mit einem so gefahrlichen Mann tun wurde, wenn ich freie Wahl hatte? Ich wurde Sie in die Zeitmaschine stecken und weit in die Vergangenheit schleudern. Das ist die sicherste Methode, mit Revolutionaren fertigzuwerden. Und sobald wir im Besitz der Maschine sind, werden wir …« Kloofman schwieg. Dann fuhr er fort: »Ihre Kuhnheit verblufft mich. Und was ist, wenn ich Sie beluge? Ich gestehe Ihnen Immunitat zu, Sie liefern mir Mortensen aus und ubergeben mir den Zeitreise-Bo?, und dann lasse ich Sie verhaften.«

»Ich habe noch zwei andere Zeitreisende versteckt, die in den Listen stehen«, erklarte Quellen ruhig. »Einer davon soll noch heuer den Sprung machen und der andere im Fruhjahr. Die beiden sind meine Versicherung.«

»Sie bluffen, Quellen. Sie haben die beiden anderen einfach erfunden. Ich werde eine Sonde an Ihr Gehirn ansetzen lassen, um die Wahrheit zu erfahren.«

»In diesem Augenblick stirbt Mortensen.«

Kloofman war wutend. Es stand fur ihn fest, da? dieser Prolet einen Bluff nach dem anderen vorbrachte. Aber es gab keinen Beweis, wenn man sein Gehirn nicht untersuchte. Und das Risiko war zu gro?.

»Was wollen Sie wirklich, Quellen?«

»Ich sagte es Ihnen bereits. Immunitat — vor Zeugen. Sie sollen mir garantieren, da? ich wegen meines Besitzes in Afrika nicht bestraft werde und da? man mich auch nicht verfolgt, weil ich Sie erpre?t habe. Dann ubergebe ich Ihnen Mortensen und Lanoy.«

»Und die beiden anderen Zeitreisenden?«

»Auch die. Wenn ich mich von Ihrem guten Willen uberzeugt habe.«

»Sie sind unglaublich, Quellen. Aber Ihre Stellung ist stark. Sie durfen Mortensen nicht zuruckhalten. Und ich brauche die Zeitmaschine. Sie kann uns sehr nutzlich sein. Politisch nutzlich. In Privathanden ist sie zu gefahrlich. Sie sollen Ihren Willen haben, Quellen. Und mehr als das.«

»Mehr?«

»Ihre Villa ist Klasse Zwei, sagten Sie? Ich nehme an, da? Sie sie behalten mochten. Also mussen wir Sie wohl zu Klasse Zwei machen.«

»Sie wollen mich in die Hohe Regierung nehmen, Sir?«

»Naturlich«, sagte Kloofman freundlich. »Uberlegen Sie doch: Wie kann ich Sie in Ihre niedrige Klasse zuruckschicken, nachdem Sie derart uber mich triumphiert haben? Sie haben an Status gewonnen. Giacomin wird ein neues Buro fur Sie herrichten.« Kloofman lachelte. »Sie haben mehr bekommen, als Sie wollten, Quellen. Ich gratuliere Ihnen.«

* * *

Quellen tauchte endlich an der Erdoberflache auf, nachdem er Stockwerk um Stockwerk nach oben gefahren war. Er schwankte auf die Stra?e hinaus und mu?te sich breitbeinig hinstellen, um nicht von Schwindel erfa?t zu werden. Er sah die hohen Turme, die zierlichen Brucken uber den Stra?en und die Leuchtdreiecke an den obersten Stockwerken der Gebaude.

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