DIESES BUCH IST MEINER TOCHTER KAREN, MEINEN SOHNEN MARK UND MICHAEL UND IHRER MUTTER GEWIDMET

Dieses Buch behandelt in romanhafter Form ein historisches Geschehen. Die meisten der darin geschilderten Ereignisse sind verburgte Geschichte, wenn auch die einzelnen Szenen gro?enteils vom Autor frei erfunden wurden.

Es mag Menschen geben, die heute noch leben und ahnliches miterlebt haben, wie es hier beschrieben wird, und es ware daher denkbar, da? der Irrtum entsteht, einzelne Figuren dieses Buches seien identisch mit realen Personen.

Ich mochte deshalb betonen, da? es sich bei samtlichen Gestalten um Geschopfe des Autors und frei erfundene Romanfiguren handelt. Eine Ausnahme bilden naturlich namentlich erwahnte Personlichkeiten des offentlichen Lebens, wie Churchill, Truman, Pearson und andere, die in dem hier behandelten Zeitabschnitt eine bestimmte Rolle gespielt haben.

ERSTES BUCH

JENSEITS DES JORDANS

Bis Gott auch euren Brudern Ruhe gibt, wie Er sie euch gab; und auch sie das Land in Besitz nehmen, das Gott ihnen gibt jenseits des Jordans; dann sollt ihr wiederkehren zu eurem Besitztum, das ich euch gegeben habe.

MOSES, 5. BUCH, 3, 20

WORTE DES DANKES

Bei der Sammlung des Materials fur »Exodus« habe ich annahernd 50000 Meilen zuruckgelegt. Die Anzahl der Tonbander und der Interviews, die Massen von Buchern und die Menge der Filmaufnahmen und des ausgegebenen Geldes ergeben ahnlich eindrucksvolle Zahlen.

Im Laufe von zwei Jahren haben Hunderte von Leuten mir ihre Zeit, ihre Energie und ihr Vertrauen geschenkt. Ich hatte doppeltes Gluck: Ungewohnliche Hilfsbereitschaft und gro?tes Vertrauen begegneten mir.

Leider bin ich au?erstande, allen, die mir geholfen haben, hier zu danken. Alle diese Personen aufzufuhren, ergabe ein eigenes Buch.

Es schiene mir aber mehr als undankbar, wenn ich die Bemuhungen von zwei Menschen nicht betonte, ohne deren Hilfe »Exodus« nicht entstanden ware.

Ich hoffe, da? ich keinen gefahrlichen Prazedenzfall schaffe, wenn ich meinem Agenten offentlich danke. »Exodus« wurde wahrend einer Unterhaltung beim Essen geboren und wurde dank der Beharrlichkeit von Malcolm Stuart ein greifbares Projekt. Trotz unzahliger Ruckschlage lie? er den Plan nicht fallen.

Ebenso danke ich aus ganzem Herzen Ilan Hartuv in Jerusalem. Er organisierte meine Reisen und begleitete mich durch ganz Israel im Zug, Flugzeug, Vauxhall oder Austin, im Jeep oder zu Fu?. Manchmal waren es ziemliche Strapazen. Vor allem aber danke ich Ilan, da? ich von seinem umfassenden Wissen lernen durfte.

I.

NOVEMBER 1946 WILLKOMMEN HIER IN ZYPERN (SHAKESPEARE)

Die Maschine rollte holpernd auf die Halle zu und hielt vor einer gro?en Tafel mit der Aufschrift: WELCOME TO CYPRUS. Mark Parker, der durch das Fenster zu der Bergkette an der Nordkuste sah, erkannte in der Ferne den seltsam zerklufteten Gipfel der Funffingerspitze. Ungefahr in einer Stunde wurde er uber den Pa? hinuber nach Kyrenia fahren. Er trat in den Gang, ruckte den Schlips zurecht, rollte die Hemdsarmel herunter und zog seine Jacke an. Welcome to Cyprus, ging ihm dabei durch den Kopf, Willkommen hier in Zypern — das war doch Othello. Aber er konnte nicht daraufkommen, wie die Stelle weiterging.

»Irgendwas zu verzollen?« fragte der Zollbeamte.

»Zwei Pfund Heroin und ein Buch mit pornographischen Zeichnungen«, antwortete Mark, wahrend er nach Kitty Ausschau hielt.

Mussen doch immer ihre Witze machen, diese Amerikaner, dachte der Zollbeamte und lie? Parker passieren. Eine junge Dame vom Empfang der britischen Flugleitung kam auf ihn zu. »Sind Sie Mr. Mark Parker?«

»Bekenne mich schuldig.«

»Mrs. Kitty Fremont hat angerufen. Sie la?t Ihnen ausrichten, es sei ihr leider nicht moglich, zum Flugplatz zu kommen, und Sie mochten doch gleich nach Kyrenia fahren, in das Dom-Hotel. Sie hat dort ein Zimmer fur Sie bestellt.«

»Danke, mein Engel. Wo bekomme ich ein Taxi nach Kyrenia?« »Ich werde Ihnen einen Wagen besorgen, Sir. Es wird einen Augenblick dauern.«

»Kann ich hier irgendwo eine Coffein-Transfusion bekommen?«

»Ja, Sir. Die Kaffeebar befindet sich dort druben am Ende der Halle.«

Mark lehnte an der Theke und nahm einen kleinen Schluck von dem hei?en schwarzen Kaffee. Willkommen hier in Zypern — er kam einfach nicht darauf, wie das vollstandige Zitat hie?.

»Tatsachlich!« sagte eine drohnende Stimme neben ihm. »Sie waren mir schon im Flugzeug so bekannt vorgekommen. Sie sind Mark Parker, stimmt's? Ich wette, Sie wissen nicht mehr, wer ich bin.« Zutreffendes bitte unterstreichen, dachte Mark. Kennengelernt in: Rom, Paris, London, Madrid; und zwar an der Theke bei: Charley, Romeo, Alfonso, Jacques. Ich berichtete damals gerade uber: Krieg, Revolution, Unruhen. An dem betreffenden Abend hatte ich mir: eine Blonde, Braune, Rothaarige (oder vielleicht war es auch die mit den zwei Kopfen).

Der Mann stand jetzt unmittelbar vor Mark und war vor Begeisterung kaum noch zu halten. »Na horen Sie, ich bin doch der Mann, der damals den Martini bestellte, als der Mixer keine Oliven hatte. Na, fallt's Ihnen jetzt wieder ein?« Mark seufzte, trank einen Schluck Kaffee und wartete auf den nachsten Ausbruch — »Ich wei?, das bekommen Sie dauernd zu horen, aber ich freue mich wirklich jedesmal, wenn ich Ihre Sachen in der Zeitung lese. Was machen Sie denn hier in Zypern?« Der Mann zwinkerte Mark zu und stie? ihm den Daumen in die Rippen. »Bestimmt wieder irgend so 'ne ganz kitzlige Sache. Aber wollen wir uns nicht mal irgendwo treffen und einen trinken? Ich wohne in Nikosia im Palast-Hotel.« Er druckte Mark eine Visitenkarte in die Hand. »Ich hab' hier au?erdem so ein paar Beziehungen«, sagte er und blinzelte erneut.

»Verzeihung, Mr. Parker — Ihr Wagen ist da.«

Mark stellte die Tasse auf die Theke. »War nett, Sie mal wiederzusehen«, sagte er und ging rasch hinaus. Am Ausgang warf er die Visitenkarte in einen Papierkorb.

Das Taxi fuhr los. Mark lehnte sich zuruck und schlo? fur einen Augenblick die Augen. Er war froh, da? Kitty nicht zum Flugplatz gekommen war. Es war so lange her, und jetzt gab es so viel zu berichten, sich an so vieles zu erinnern. Er fuhlte, wie bei dem Gedanken an das Wiedersehen mit ihr eine Welle der Erregung in ihm aufstieg. Kitty — schone, wunderschone Kitty. Als das Taxi durch das Tor am Ende des Flughafengelandes fuhr, war Mark tief in Gedanken versunken.

Ja, Kitty. Sie war auch so ein typisch amerikanisches Produkt. Kitty war das sprichwortliche »Madchen von nebenan«, das ha?liche junge Entlein, wie es im Buche steht. Sie entsprach genau der Klischeevorstellung von der ungebardigen Range mit abstehenden Zopfen, Sommersprossen und Zahnklammern; und ganz diesem Klischee entsprechend kamen die Klammern eines Tages herunter, auf die Lippen kam Rouge, der Pullover bekam Ausbuchtungen, und aus dem ha?lichen jungen Entlein war ein wunderschoner Schwan geworden. Mark mu?te lacheln, als er daran dachte — sie war so schon damals, so frisch und klar.

Und Tom. Tom Fremont war ein ebensolches amerikanisches Erzeugnis. Er war der gut gewachsene, gut aussehende Bursche mit dem jungenhaften Lacheln, der hundert Meter in knapp zehn Sekunden lief, beim Basketball aus zehn Meter Entfernung in den Korb traf und einen Ford-A mit verbundenen Augen zusammenbauen konnte. Tom Fremont war Marks bester Freund gewesen, schon immer, solange Mark zuruckdenken konnte. Wir mussen schon miteinander befreundet gewesen sein, als wir entwohnt wurden, dachte Mark.

Tom und Kitty — der typisch amerikanische Boy, das typisch amerikanische Girl, und der typisch amerikanische Mittlere Westen von Indiana. Ja, Tom und Kitty pa?ten zueinander wie Regen und Fruhling.

Kitty war immer ein stilles Madchen gewesen, sehr nachdenklich, mit einem leisen Schimmer von Trauer im Blick. Vielleicht war es nur Mark, der diese Trauer wahrnahm, denn fur alle Menschen ihrer Umgebung war sie die

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