Richtung. »Michael Moretti?«

»Richtig.«

»Warum wollte der Angeklagte, da? die Bruder Ramos sterben sollten?«

»Na ja, Eddie und Al nahmen Wetten an...«

»Sie waren Buchmacher? Illegale Wetten?«

»Ja. Mike hatte herausgefunden, da? sie fur sich selber absahnten. Er mu?te ihnen eine Lektion erteilen, weil, nun schlie?lich arbeiteten sie fur ihn, verstehen Sie? Er dachte...«

»Einspruch!«

»Stattgegeben. Der Zeuge soll sich an die Tatsachen halten.«

»Nun, tatsachlich hat Mike mir befohlen, die Jungs einzuladen...«

»Eddie und Albert Ramos?«

»Genau, zu einer Party im Pelikan. Das ist ein Privatclub am Strand.« Sein Arm begann erneut zu zucken. Als Stela das bemerkte, versuchte er, ihn mit der anderen Hand festzuhalten. Jennifer Parker warf einen Blick auf Michael Moretti. Er verfolgte das Verhor teilnahmslos, ohne sich zu bewegen. »Was geschah dann, Mr. Stela?«

»Ich habe Eddie und Al in den Wagen geladen und zum Parkplatz gefahren. Als die Jungs aus dem Wagen stiegen, hab' ich gemacht, da? ich aus dem Weg kam, und Mike begann loszuballern.«

»Haben Sie die Bruder Ramos hinfallen gesehen?«

»Ja, Sir.«

»Und sie waren tot?«

»Zumindest wurden sie beerdigt, als waren sie tot gewesen.« Ein Raunen ging durch den Gerichtssaal. Di Silva wartete, bis wieder Stille herrschte. »Mr. Stela, sind Sie sich bewu?t, da? Ihre Aussage in diesem Saal Sie selbst belastet?«

»Ja, Sir.«

»Und da? Sie unter Eid stehen und da? es um das Leben eines Menschen geht?«

»Ja, Sir.«

»Sie haben mit eigenen Augen gesehen, wie der Angeklagte, Michael Moretti, kaltblutig zwei Manner erschossen hat, weil sie ihn ubers Ohr gehauen hatten?«

»Einspruch! Der Staatsanwalt beeinflu?t den Zeugen.«

»Stattgegeben.«

Staatsanwalt Di Silva betrachtete die Gesichter der Geschworenen, und ihre Mienen sagten ihm, da? er den Fall gewonnen hatte.

Er wandte sich wieder an Camillo Stela. »Mr. Stela, ich wei?, da? es Sie sehr viel Mut gekostet hat, hier in den Zeugenstand zu treten und auszusagen. Ich mochte Ihnen im Namen der Burger dieses Staates danken.«

Di Silva wandte sich an Thomas Colfax. »Ihr Zeuge.« Thomas Colfax erhob sich beinahe anmutig. »Ich danke Ihnen, Mr. Di Silva.« Er warf einen kurzen Blick auf die Uhr an der Wand und wandte sich dann zur Richterbank. »Wenn Sie gestatten, Euer Ehren, es ist jetzt fast Mittag. Ich wurde mein Kreuzverhor gern ohne Unterbrechung durchfuhren. Darf ich vorschlagen, da? das Gericht sich jetzt zum Mittagessen zuruckzieht und ich mein Kreuzverhor am Nachmittag abhalte?«

»Einverstanden.« Richter Lawrence Waldman lie? den Hammer auf die Richterbank fallen. »Die Verhandlung wird auf zwei Uhr vertagt.«

Alle Anwesenden im Gerichtssaal standen auf, als sich der Vorsitzende erhob und durch eine Seitentur ins Richterzimmer ging. Im Gansemarsch verlie?en die Geschworenen den Saal. Vier bewaffnete Deputies umgaben Camillo Stela und eskortierten ihn durch eine Tur an der Stirnseite des Raums zum Aufenthaltsraum der Zeugen. Fast sofort war Di Silva von Reportern umzingelt. »Wollen Sie eine Erklarung abgeben?«

»Wie sind Sie mit dem Verlauf bis jetzt zufrieden, Herr Staatsanwalt?«

»Wie wollen Sie Stelas Sicherheit gewahrleisten, wenn alles vorbei ist?«

Normalerweise hatte Robert Di Silva einen solchen Aufruhr im Gerichtssaal nicht toleriert, aber in Anbetracht seiner politischen Ambitionen wollte er sich mit der Presse gutstellen, und so beschlo? er, hoflich zu ihnen zu sein.

Jennifer Parker beobachtete, wie der Staatsanwalt die Fragen der Reporter parierte.

»Glauben Sie, da? Sie eine Verurteilung erreichen?«

»Ich bin kein Wahrsager«, horte sie Di Silva bescheiden antworten. »Ich will der Jury nicht vorgreifen, meine Damen und Herren. Die Geschworenen werden entscheiden mussen, ob Mr. Moretti unschuldig oder schuldig ist.« Jennifer bemerkte, wie sich Michael Moretti erhob. Er wirkte ruhig und entspannt. Jungenhaft war das Wort, das ihr einfiel. Es fiel ihr schwer, zu glauben, da? er all der schrecklichen Dinge, deren er angeklagt war, schuldig sein sollte. Wenn ich einen Schuldigen bestimmen mu?te, dachte sie, ware es Stela mit seinem ewigen Zucken. Die Reporter waren abgezogen, und Di Silva beriet sich mit den Angehorigen seines Stabs. Jennifer hatte ihren rechten Arm dafur gegeben, zu horen, woruber sie sprachen. Sie bemerkte, wie einer der Manner etwas zu Di Silva sagte, sich aus der Gruppe um den Staatsanwalt loste und zu ihr eilte. Er hielt einen gro?en Manilaumschlag in der Hand. »Mi? Parker?« Uberrascht sah Jennifer auf. »Ja.«

»Der Chef mochte, da? Sie dies Mr. Stela geben. Er soll sein Gedachtnis mit den Papieren etwas auffrischen. Colfax wird heute nachmittag versuchen, seine Aussage in der Luft zu zerfetzen, und der Chef mochte sicher sein, da? er sich nicht in Widerspruche verwickelt.«

Er handigte Jennifer den Umschlag aus, und sie sah zu Di Silva hinuber. Ein gutes Omen, dachte sie, er erinnert sich an meinen Namen.

»Am besten beeilen Sie sich. Der Chef halt Stela nicht gerade fur schnell von Begriff.«

»Ja, Sir.« Jennifer sprang auf. Sie ging zu der Tur, durch die Stela verschwunden war. Ein bewaffneter Deputy versperrte ihr den Weg.

»Kann ich Ihnen helfen, Mi??«

»Buro des Staatsanwalts«, sagte Jennifer trocken. Sie forderte ihren Ausweis zutage und wies ihn vor. »Ich habe Mr. Stela einen Umschlag von Mr. Di Silva zu ubergeben.« Der Uniformierte prufte den Ausweis sorgfaltig, dann offnete er die Tur, und Jennifer stand im Aufenthaltsraum des Zeugen. Es war ein kleines, ungemutlich wirkendes Zimmer, das lediglich einen abgenutzten Tisch, ein altes Sofa und ein paar Holzstuhle enthielt. Stela sa? auf einem der Stuhle, sein Arm zuckte unkontrolliert. Au?er ihm befanden sich noch vier bewaffnete Deputies in dem Zimmer.

Als Jennifer eintrat, sagte einer von ihnen: »He, hier hat niemand Zutritt.«

Die Wache drau?en rief: »Das geht in Ordnung, Al. Buro des Staatsanwalts.«

Jennifer ubergab Stela das Kuvert. »Mr. Di Silva mochte, da? Sie Ihr Gedachtnis hiermit etwas auffrischen.« Stela blinzelte. Er horte nicht auf, zu zucken.

2

Auf ihrem Weg zum Mittagessen kam Jennifer an der offenen Tur des verlassenen Sitzungssaals vorbei. Sie konnte nicht widerstehen und betrat den Raum fur einen Moment. Im hinteren Teil des Saals standen funfzehn Zuschauerbanke zu beiden Seiten des Mittelgangs. Gegenuber der Richterbank gab es zwei lange Tische, der linke trug ein Schild mit der Aufschrift Klager, der rechte eins mit dem Wort Angeklagter. Der Geschworenenstand enthielt zwei Reihen von je acht Stuhlen. Ein ganz gewohnlicher Gerichtssaal, dachte Jennifer, ganz schlicht - sogar ha?lich, aber dennoch das Herz der Freiheit. Dieser Raum und alle anderen Gerichtssale auf der ganzen Welt stellten nichts Geringeres dar als den Unterschied zwischen Zivilisation und Barbarei. Das Recht auf einen Proze? vor einer Jury von Gleichgestellten war das Kernstuck einer jeden freien Nation.

Sie war jetzt ein Bestandteil dieses Justizsystems, und in diesem Augenblick, da sie allein im Gerichtssaal stand, war Jennifer von uberwaltigendem Stolz erfullt. Sie wurde alles tun, um sich dieses Systems wurdig zu erweisen und es zu erhalten. Lange Zeit blieb sie bewegungslos stehen, dann wandte sie sich zum Gehen.

Vom anderen Ende der Halle drang plotzlich ein leises Summen an ihr Ohr, das lauter und lauter wurde und sich in einen Hollenlarm verwandelte. Alarmglocken schrillten. Jennifer horte das Gerausch von rennenden Fu?en im Korridor und sah Polizeibeamte mit gezogenen Waffen zum Eingang des Gerichtsgebaudes rennen. Ihr erster

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