Ich wusste nicht, ob er mich uberhaupt gehort hatte. Im Flur war es leer und ruhig. Ich hatte keine Ahnung, was es hier fur »standardma?ige Hinweise« gab. Der Alteste uberschatzte meine Kenntnisse uber den Kosmos. Sicher wegen meiner gelungenen Au?erung uber die Hauptmotoren. Aber was bedeutet zum Beispiel ein blauer Pfeil unter einem roten Zickzack? Oder die Figur eines Menschen mit ausgestreckten Armen in einem gelben Kreis?

Ich konnte naturlich den Fahrstuhl nehmen, zwei Etagen nach unten fahren und den medizinischen Sektor suchen. Mir widerstrebte es jedoch, Anton in die Augen zu schauen, dem Einzigen, der mich fur einen einfachen, ehrlichen Kerl und nicht einen dummen Betruger hielt.

Also eilte ich zur Schleuse. Wenn das Komfortniveau eines Planeten funfzig Prozent ubersteigt, bedeutet das, dass man ohne spezielle Schutzma?nahmen auf der Oberflache uberleben kann. Zumindest hatte ich es so im Naturkundeunterricht gelernt. Und hier sind es 104 Prozent! Das hei?t, Neu-Kuweit ist besser als die Erde.

Der Fahrstuhl erschien. Ich ging hinein, beruhrte den Sensor mit dem Pfeil nach unten und der Fahrstuhl senkte sich.

Mein dritter Planet wartete auf mich. Der, auf dem ich nicht geweckt worden war, zahlte ja mit, selbst wenn ich das Raumschiff nicht verlassen hatte.

Kapitel 3

Einige Minuten lang stand ich einfach nur unter dem Raumschiff, gerade so, dass es mich ein wenig verdeckte, und schaute in den Himmel. Mir war ziemlich unheimlich zumute.

Hier gab es keine Kuppel. Ich hatte keine Atemschutzmaske vor dem Gesicht. Ich konnte atmen und einfach so in den Himmel schauen.

Er zeigte sich in einer kraftig blauen Farbe, die Sonne war gelb. Nachts sah man bestimmt Tausende von Sternen wie in den Filmen uber die Erde. Die Luft roch wie in einer Orangerie — und das, obwohl ringsherum keine Baume wuchsen, sondern lediglich Betonplatten, auf denen Raumschiffe standen, zu sehen waren: Gutertransporter, kleinere Raumschiffe und Militarraumschiffe. Es schienen auch einige fremde Raumschiffe darunter zu sein, aber sie standen so weit entfernt, dass ich mir da nicht sicher war.

In ungefahr drei Kilometer Entfernung glanzten die Gebaude des Kosmodroms wie Gold. Schone Kuppeln, Turme, alles aus goldahnlichem Metall, durchsichtigem Glas und wei?em Stein. Nicht so wie bei uns, wo sich alle Gebaude ahnelten, da sie aus Standardbauteilen errichtet wurden.

Ich schaute auf das Kosmodrom und begann langsam meine Blamage zu vergessen.

Ja, ich hatte Gluck. Weil die meisten Menschen trotz allem gut sind. Bei uns und auf anderen Planeten. Au?erdem hatte ich Geld und einen Pass des Imperiums in der Tasche und auf Neu- Kuweit gab es ein vereinfachtes Verfahren fur die Erlangung der Aufenthaltsgenehmigung.

Ich fasste den Koffer bequemer und ging direkt aufs Kosmodrom zu.

Es lief sich einfach, und mir schien, als ob der Boden meine Schuhsohlen wie eine Feder absto?en wurde. Die Gravitation entsprach sicherlich der auf der Erde, war vielleicht sogar geringer. Bei uns auf Karijer betrug sie 1,2 Standardeinheiten.

Zeitweise rannte ich sogar. Vor Freude. Mich uberholte ein riesiger Containertransporter, der noch gro?er war als die Kipper auf Karijer. Ein dunkelhautiger und langhaariger junger Mann lehnte sich aus dem Fahrerhaus und schrie etwas.

Ich winkte ihm zu.

IcherreichtegenauindemAugenblickdas Abfertigungsgebaude, als einige Passagierbusse an den riesigen elektrischen Turen des Terminals vorfuhren. Die larmende Menge — kaum jemand sprach Lingua, fast alle eine furchterlich entstellte Variante des Englischen — stromte aus den Bussen. Einige Passagiere zogen niedliche zylindrische Container mit Gravitationsaufhangung hinter sich her. Darin ruhten ihre Frauen, Tochter oder Sekretarinnen, die noch nicht aus der Anabiose erwacht waren… Ich wurde mehrfach angerempelt, wofur man sich entschuldigte. Als ich jemanden mit meinem Koffer anstie?, bat ich ebenfalls um Entschuldigung.

Es gab keinerlei Schwierigkeiten oder Anweisungen. Die Menge teilte sich in ein Dutzend kurzer Schlangen und naherte sich schnell den Kontrollstellen. Ich schloss mich einer der Gruppen an und hielt wie alle meinen Pass bereit. Der Scanner leuchtete grun auf und ich betrat die Zollabfertigung. Das war ein riesiger Saal mit Kristallleuchtern an der Decke — kleine Raume waren hier wohl nicht ublich — und zwei Dutzend Personen in dunkelgruner Uniform. Erneut bildeten sich kurze Schlangen.

»Waffen, Drogen, Kampfimplantate, potenziell gefahrliche veranderte Lebensmittel, Gegenstande mit doppelter Verwendungsmoglichkeit?«, fragte mich lachelnd eine junge Zollnerin.

»Nein, nichts.«

»Herzlich willkommen auf Neu-Kuweit!«

Und ich trat in die Halle des Kosmodroms hinaus. Mir wurde schwindlig von den neuen Eindrucken. Hier befanden sich Tausende Menschen — ein Teil in Uniform, offensichtlich die Mitarbeiter, die restlichen vermutlich Passagiere. Diese waren grell gekleidet, aufgeregt und in Eile.

Ich musste mich erst ein wenig beruhigen. Auf alle Falle wollte ich etwas essen. Naturlich nicht im Restaurant, sondern in einer bescheideneren Einrichtung.

Bis ich im Souterrain ein kleines Cafe fand, dessen Preise nicht gleich Entsetzen hervorriefen, hatte ich das ganze Gebaude durchstreift. Hier verkehrte hauptsachlich das einfache Personal. Man schaute mich verwundert an, aber niemand sagte etwas. Ich wahlte ein Beefsteak mit Ei und ein Glas Saft, der sich zwar Apfelsaft nannte, aber aus unerfindlichen Grunden eine blauliche Farbe hatte, und ging zu einem der Tischchen. Dort standen zwei Wachleute mit einer Waffe am Gurtel und eingeschalteten Funkgeraten, aus denen Gesprachsfetzen tonten. Sie waren so in ihr Gesprach vertieft, dass sie mich nicht beachteten:

»Dort war niemand und dort konnte auch niemand sein. Den Fahrer sollte man auf Drogen uberprufen.«

»Gibt es nicht genugend Idioten?«

»Drei Kilometer zu Fu? uber die Landebahn laufen? Und wohin ist er danach verschwunden?«

Die Funkgerate der Wachmanner begannen synchron zu knattern, jemand befahl irgendetwas in einer unbekannten gutturalen Sprache. Sie lie?en ihre angefangenen Hamburger liegen und liefen aus dem Cafe. Ich erstarrte mit dem Glas in der Hand.

Es ging um mich. Es war nicht erlaubt, die Landebahn zu betreten. Wenn ich mein Gehirn nur etwas angestrengt hatte, ware mir das klar geworden… dort, wo ich frohlich dahergeschritten war und mein Kofferchen schwenkte, konnte jederzeit ein Raumschiff landen.

Es war klar, dass niemand bei der Ausfuhrung des Landemanovers kurz vor dem Aufsetzen ein Risiko eingegangen ware. Es hatte mich auf dem Beton breit geschmiert.

Ich Idiot…

Das Beefsteak wollte nicht rutschen. Trotzdem kaute ich hastig das Essen, trank den sauren Saft dazu und lief schnell aus dem Cafe. Vielleicht hatte mich der Wachdienst gesucht, dann aber aufgehort, weil sie den Containerfahrer fur ubergeschnappt hielten. Aber vielleicht kamen sie auch darauf, dass ich mich zufallig unter die Touristen aus dem zweiten Raumschiff gemischt hatte.

Ich musste so schnell wie moglich aus dem Kosmodrom weg!

Hier gab es sicherlich eine Art offentlichen Personenverkehr. Busse oder Bahnen. Ich war aber derma?en in Panik, dass ich zum Taxistand ging. Hundert grell orange Schienentaxis warteten langs der Einstiegsrampe, die kurze Warteschlange verteilte sich diszipliniert in die bereitstehenden Autos. In der Nahe war auch eine Flyer- Station, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Das war sicher zu teuer. Ich stellte mich an und schaute nach einigen Minuten in ein Taxifenster.

Der Fahrer war hellhautig und freundlich.

»Ich muss in die Stadt, in ein Hotel…«, murmelte ich.

»Steig ein!« Er sprach Lingua mit Akzent, aber, so schien mir, nicht wie die hiesigen Bewohner.

»Wie viel wird das kosten…«

»Steig schon ein!«

Ich bemerkte, dass ich die Schlange aufhielt und setzte mich in den Fond. Das Auto wendete zur

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