Palace in deutlicher Erinnerung hatte.

Sie hatte diesen Geruch nie gemocht. Aber jetzt versetzte er ihren ganzen Korper in Rebellion. Vielleicht lag es an ihrer Schwangerschaft. Vielleicht an ihrer Angst vor dem Fremden. Vielleicht daran, da? sie gehofft und geglaubt hatte, sich nie mehr mit solchen Mannern einlassen zu mussen.

»Ihre Freunde sagten, Sie haben keinen Ehemann«, quakte der gro?e, etwas aufgedunsen wirkende Trapper weiter. »Ich habe lange keine Frau gehabt. Ich finde, das sind zwei gute Grunde, damit wir uns zusammentun. Wir werden beide viel Spa? haben.«

Urilla schuttelte langsam den Kopf. Sie dachte an das Ungeborene in ihrem Leib, an Martin, und offnete endlich die Lippen zu einem Hilferuf.

Die schmutzige, stinkende Hand des Trappers pre?te sich auf ihre Lippen und erstickte jeden Laut. Urillas Ubelkeit wuchs. Der Brechreiz in ihr loste ein Wurgen aus.

Der Druck auf ihren Lippen lockerte sich ein wenig, ohne da? der Trapper seine Hand ganz fortnahm.

»Nicht!« bettelte Urilla. »Bitte, tun Sie das nicht, Mister. Ich... ich bin schwanger!«

In seinen dunklen, schmalen Augen blitzte es auf. Langsam lie? der Trapper seinen Blick an Urillas blauem Flanellkleid entlanggleiten, bis er sich fest auf ihren Leib heftete.

»So, schwanger also«, murmelte er. »Und keinen Mann, wie?« Ein niedertrachtiges Grinsen lag auf seinen Lippen. »Du kleine Hure treibst es wohl gern, he? Ich wu?te doch, da? es dir Spa? macht!«

Dann ging alles sehr schnell. Mit ein paar ruckartigen Bewegungen zerfetzte er Urillas Kleid und Unterkleid, bis Brust und Bauch blo?lagen.

Der Glanz in den Augen des Trappers wurde starker. Bewundernd betrachtete er Urillas gro?e runde Bruste und den ganz leicht gewolbten Bauch, dem man die Schwangerschaft noch nicht ansah.

»Du bist schon«, stammelte er. »Wunderschon.«

Seine Hande schossen vor und griffen schmerzhaft in das Fleisch ihrer Bruste.

Schwindel packte Urilla. Ein alptraumhafter Wirbel, der die langst tot geglaubte Vergangenheit zur peinigenden Gegenwart machte.

Sie sah sich wieder in dem alten Stall in Kansas City, wo die beiden Sklavenjager uber sie herfielen. Nur das Auftauchen von Jacob und Martin hatte sie vor einer Vergewaltigung bewahrt.

Doch damals, als die Betrunkenen in die kleine Hutte kamen, die Urilla mit ihrer Mutter und ihren Schwestern in Rock Bridge, bewohnte, hatte niemand ihr geholfen. Wie Tiere waren die Manner uber die vier hergefallen, auch uber die noch jungen Madchen, und hatten sie auf widerwartige Weise mi?braucht. Dann hatten sie ihre Mutter und ihre Schwestern ermordet. Auch Urilla ware getotet worden, hatte sie sich nicht versteckt. Spater, als das durch die Vergewaltigung entstandene Leben in ihr heranwuchs, hatte sie sich oft gewunscht, tot zu sein. Jetzt wunschte sie es sich wieder. Vielleicht war es frevelhaft, solche Gedanken zu hegen angesichts des Ungeborenen in ihrem Leib und angesichts des Mannes, der sie heiraten wollte. Aber Urilla konnte es einfach nicht mehr ertragen, vom Schicksal immer wieder so bestraft zu werden.

Nein, so durfte sie nicht denken! Sie mu?te es uberstehen, irgendwie!

Fur Martin.

Und fur ihr Kind.

Urilla zitterte am ganzen Leib, aber sie hielt still. Sie sa?, steif wie eine Kerze, auf der Wagendeichsel und ertrug es stumm, von den groben Handen befingert zu werden.

Der Trapper druckte und knetete ihre Haut und schien gar nicht genug davon zu bekommen. Sein Atem rasselte heftig.

Bis plotzlich eine Stimme rief: »Aufhoren!«

*

Billy Calhoun machte sich Sorgen. Sorgen um Urilla Andersen. Seit er gesehen hatte, wie der junge Trapper zu den Planwagen ging, wo er die junge Frau wu?te. Billy hatte gerade von Jacob Adler und Martin Bauer erfahren, da? Urilla ein Kind erwartete. Was hatte der Mountain Man bei der Frau zu suchen?

Der junge Halbindianer schlug ebenfalls den Weg zu den Wagen ein und beschleunigte seine Schritte, je naher er ihnen kam.

Als er sah, was da vor sich ging, blieb er wie vom Donner geruhrt stehen und rief wutend: »Aufhoren!«

Mit ungeahnter Schnelligkeit wirbelte der Trapper herum und sah Billy mit bose funkelnden Augen an.

»Was willst du, Halbblut?« zischte er. »Verzieh dich! Das hier ist meine Squaw!«

Wahrend er sprach, schlug er seine Wildlederjacke zuruck und entblo?te das Holster an der rechten Hufte, aus dem der hirschhornverzierte Griff eines Revolvers lugte. Eine der Hande, die sich eben noch mit dem warmen weichen Korper der jungen Frau beschaftigt hatten, schwebte dicht uber der Waffe.

Billy sah plotzlich ein, da? er einen schlimmen Fehler gemacht hatte, als er dem Trapper unbewaffnet folgte. Am Morgen hatte er seinen Waffengurt mit dem 44er Colt Dragoon abgelegt, weil er ihn bei der Arbeit zu sehr behinderte. Wie alle Siedler, die eine Waffe getragen hatten. Deshalb war er jetzt nur mit dem Bowiemesser ausgerustet, das an seiner linken Hufte hing. Er hoffte, da? sich die Auseinandersetzung unblutig beilegen lie?.

»Ihre Squaw ist Mi? Andersen ganz bestimmt nicht! Sie hat bereits einen Mann.«

»Da habe ich aber ganz was anderes gehort, Rothaut!«

»Dann irren Sie sich. Es ist das beste, Sie gehen zuruck zum Fest.«

»Ich la? mir doch von 'nem stinkenden Halbblut keine Vorschriften machen«, zischte der Trapper und stie? gleichzeitig seine Rechte nach unten. Sie kehrte mit dem Revolver zuruck.

Als Billy dies sah, zog er sein Bowiemesser aus der Scheide. Er hatte nur noch eine Chance: das Messer zu schleudern, bevor der angetrunkene Trapper scho?.

Aber trotz seiner Trunkenheit war der Mountain Man schnell. Ein Zeichen fur seine Ubung darin, schnell mit der Waffe zur Hand zu sein.

Billy hatte das Messer gerade erst zum Wurf erhoben, als er die Feuerlanze aus der schwarzen Mundung auf sich zuschie?en sah. Als er die Detonation horte, hatte ihn der schwere Aufprall in seiner Brust schon zuruckgeschleudert.

Das Messer fiel zu Boden. Billy stie? mit dem Rucken gegen den Wagenkasten eines Prarieschoners. Andernfalls ware er zu Boden gegangen.

»Die Rothaut ist zah«, knurrte der Trapper und zog mit dem Daumen den Hahn seines 44er Kerr-Revolvers erneut zuruck.

»Nein!« schrie Urilla auf. »Nicht!«

Sie warf sich gegen den Trapper, um ihn von seinem zweiten Schu? abzuhalten. Aber als sie ihn erreichte, hatte die Kugel schon den Lauf verlassen und ri? ein zweites Loch in Billys Brust.

Billy merkte nicht, da? er langsam an dem Prarieschoner herunterrutschte. Sein Geist hatte diesen Ort bereits verlassen.

Noch einmal, in Bruchteilen von Sekunden, durchlebte er den Treck nach Oregon, den er als Scout gefuhrt hatte. Dann reiste er weiter zuruck in die Vergangenheit, nach Kansas City, wo er als Jockey fur den reichen Homer C. Asquith gearbeitet hatte. Nur kurz flammte die Missionsstation vor ihm auf, aus der er bald geflohen war.

Richtig glucklich war er erst, als er wieder ein kleiner Junge war und mit seinen Eltern, dem wei?en Handler und der schonen Indianerin, bei den Oto lebte. Seine fruh verstorbene Mutter kam immer naher auf ihn zu, breitete ihre Arme aus und fing ihn auf. Er tauchte in ihre wohlige Warme ein, in ein tiefes, dunkles Loch.

*

»Das hat die dreckige Rothaut davon, sich einzumischen!« sagte der junge Mountain Man, den rauchenden 44er noch in der Hand.

Urilla stand fassungslos neben ihm und starrte auf Billy, der in seltsam verrenkter Haltung reglos am Boden lag. Sein Kopf mit dem schulterlangen schwarzen Haar war unter den Prarieschoner gerutscht.

Das unrasierte Gesicht des Trappers verschwamm vor Urillas Augen und wurde zu einem der Gesichter, die sie immer wieder in ihren Alptraumen heimsuchten. Das Gesicht eines der Manner, die sie vergewaltigt und ihre Familie ermordet hatten. Der Alkoholdunst, der von dem Mountain Man ausging, wurde zu dem Gestank der Vergewaltiger. Gegenwart wurde zu Vergangenheit und Vergangenheit zu Gegenwart.

Ganz deutlich sah Urilla die flehenden Gesichter ihrer Mutter und ihrer Schwestern vor sich. Sie knieten, in

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