sinnlosen Wut aus. Tische und Bänke lagen umgestürzt durcheinander.

Man hämmerte einander mit Schemelbeinen auf den Kopf. Die Messer flogen aus den Taschen, die Revolver aus den Gürteln, und es knallte und krachte bald hier, bald da in dem entsetzlichen Getöse.

Der Wirt suchte noch immer entweder die Tür nach der Straße oder die nach dem Hofe zu gewinnen, als ein Dutzend Polizisten von der Rückseite des Hauses her eindrang. Es war nicht nötig gewesen, bis zu ihrer, einige hundert Schritt entfernten Wache zu laufen. Sobald vorübergehende Personen sie unterrichtet hatten, daß es in der Schenke Adam Frys wieder einmal blutige Köpfe gab, gingen sie, ohne sich besonders zu beeilen, dorthin, und mit dem Ordonnanzschritt, der allen englischen Polizisten eigen ist, kamen sie gleich in hinreichender Zahl, Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. Wahrscheinlich machten sie zwischen denen, die angegriffen hatten, und denen, die sich verteidigten, keinen besonderen Unterschied. Sie wußten aus Erfahrung, daß die einen gewöhnlich ebensoviel wert waren wie die anderen. Wenn sie die ganze Gesellschaft verhafteten, erfüllten sie ihre Pflicht jedenfalls am besten.

Obwohl das Schlachtfeld nur sehr dürftig erleuchtet war, erkannten die Polizisten unter den wütendsten Raufbolden doch sofort Len Cannon, Sexton, Kyle und Bryce; diese hatten sie ja schon wiederholt nach dem Gefängnis abgeführt. Die vier Schnapphähne sahen auch gleich, was ihnen bevorstände, und deshalb beeilten sie sich schleunigst, durch den Hof zu entkommen. Freilich, wohin sie auch fliehen mochten, morgen wurden sie doch höchst wahrscheinlich eingefangen.

Da benutzte Vin Mod, wie er Flig Balt gesagt hatte, den günstigen Augenblick, und während die übrigen sich noch weiter balgten und stießen und gegen die Polizisten vorgingen, um die Flucht der am meisten kompromittierten zu begünstigen, holte Mod Len Cannon noch ein.

»Alle vier nach dem 'James-Cook!' rief er ihm zu.«

Sexton, Bryce und Kyle hatten die Aufforderung gehört.

»Wann fährt der ab? fragte Len Cannon.

- Morgen mit Tagesanbruch.«

Und trotz der Polizeibeamten, gegen die sich wie auf Verabredung die ganze Bande gewendet hatte, und trotz Adam Fry, dem es besonders daran lag, sie verhaftet zu sehen, gelang es Len Cannon und seinen drei Spießgesellen, denen Flig Balt und Vin Mod nachfolgten, der drohenden Gefahr glücklich zu entwischen.

Eine Viertelstunde später trug das Boot der Brigg sie an Bord, und hier befanden sie sich im Volkslogis vorläufig in Sicherheit.

Zweites Kapitel.

Die Brigg »James-Cook«

Die zweihundertfünfzig Tonnen große Brigg »James-Cook« war ein festgebautes Fahrzeug mit reichlicher Segelfläche und breitem Rumpfe, der ihr große Stabilität verlieh. Am Heck scharf abfallend und am Bug erhöht, hatte es nur schwach geneigte Masten und hielt sich vortrefflich bei jeder Segelstellung. Das Schiff konnte noch sehr scharf am Winde. aufkommen, glitt leicht über die Wellen dahin und legte bei einer frischen Brise bequem seine elf Knoten zurück.

Seine Besatzung bestand, wie der Leser aus dem Vorstehenden erfahren hat, aus dem Kapitän, einem Bootsmanne, sieben Matrosen, einem Koch und einem Schiffsjungen. Es fuhr unter britischer Flagge und hatte als Heimathafen Hobart-Town, die Hauptstadt Tasmaniens, das, eine der wichtigsten Kolonien Großbritanniens, der Regierung über Australien angegliedert ist.

Schon etwa seit zehn Jahren betrieb der »James-Cook« die sogenannte große Küstenfahrt im Westen des Stillen Ozeans, zwischen Australien, Neuseeland und den Philippinen, und hatte sich immer glücklicher und einträglicher Fahrten zu erfreuen gehabt, dank der mehrseitigen Beanlagung seines Kapitäns, der einen guten Seemann und einen guten Kaufmann in seiner Person vereinigte.

Der jetzt fünfzig Jahre alte Kapitän Gibson hatte die Brigg niemals verlassen, seit sie aus der Werft von Brisbane hervorgegangen war. Zu einem Viertel war sie sein persönliches Eigentum, während die anderen drei Viertel dem Reeder Hawkins in Hobart-Town gehörten. Das Schiff hatte immer reichlichen Ertrag abgeworfen, und auch die jetzige Fahrt versprach von Anfang an, guten Verdienst zu bringen.

Die Familien des Kapitäns und des Reeders standen schon seit langer Zeit in freundschaftlichster Verbindung, denn Harry Gibson war von jeher für das Haus Hawkins gefahren. Beide wohnten in Hobart-Town in demselben Stadtteile. Die Hawkins'sche Familie war ohne Kinder, die Gibsons hatte nur einen einzigen Sohn, der jetzt einundzwanzig Jahre zählte und sich dem Handelsstande widmete. Die beiden Frauen sahen sich täglich, was ihnen die Trennung von ihren Ehegatten weniger fühlbar machte. Der Reeder befand sich zur Zeit nämlich in Wellington, wo er mit Nat Gibson, dem Sohne des Kapitäns, ein neues Kontor eingerichtet hatte. Von dort sollte der »James-Cook« beide nach Hobart-Town zurückbefördern, sobald das Schiff in den Archipelen der Umgebung von Neuguinea, nördlich von Australien und in der Gegend des Äquators eine volle Ladung eingenommen hatte.

Vom Bootsmann Flig Balt erübrigt es jetzt, zu sagen, welch Geisteskind und was er wert war, auch über welche Pläne der gewissenlose Bursche brütete. Zu seinen verbrecherischen Neigungen und seiner Eifersucht gegen den Kapitän gesellte sich noch eine Heuchelei, die den vertrauensseligen Gibson von Anfang an getäuscht hatte.

Auf seine scheinbar echten Zeugnisse hin war er als Bootsmann der Brigg zu derselben Zeit angenommen worden, wo Vin Mod hier als Matrose antrat. Die beiden Männer kannten sich schon seit langem, sie waren zusammen gefahren, gleichzeitig von einem Schiffe zum anderen übergegangen und auch zusammen wieder davongelaufen, wenn sich ihnen keine Gelegenheit zu einem Schurkenstreiche bot. jetzt, bei der letzten Fahrt des »James-Cook« vor seiner Heimkehr nach Hobart-Town, hofften sie, ihr Ziel zu erreichen.

Mit seinem zur Schau getragenen Eifer und den Versicherungen seiner Ergebenheit hatte es Flig Balt verstanden, dem Kapitän Gibson das größte Vertrauen einzuflößen. Immer in Verbindung mit der Mannschaft, ließ er kein Mittel unbenutzt, seinen Einfluß auf die Leute geltend zu machen. Bei allem, was die Navigation und die geschäftlichen Angelegenheiten betraf, verließ sich Harry Gibson zwar nur auf sich selbst. Da er sich aber nur wenig zeigte, spielte sich Flig Balt meist als der erfahrene Seemann auf, der er doch keineswegs war, trotz seiner Versicherung, schon als zweiter Offizier gefahren zu sein. Daran wollte aber auch der Kapitän Gibson nicht so recht glauben. Da der gewöhnliche Dienst jedoch nichts zu wünschen übrig ließ, hatte er keine Ursache, seinem Bootsmanne irgendwelche Vorwürfe zu machen. Voraussichtlich wäre die Reise der Brigg unter den günstigsten Verhältnissen verlaufen, wenn die Desertion der vier Matrosen diese nun nicht schon vierzehn Tage zum Stilliegen in Dunedin genötigt hätte.

Die Leute, die dem Beispiele ihrer Kameraden nicht gefolgt waren, Hobbes, Wickley und Burnes, gehörten zu dem Schlage tüchtiger, dienstwilliger und mutiger Matrosen, auf die sich ein Kapitän unter allen Umständen verlassen kann. Das Entweichen der anderen wäre nicht groß zu beklagen gewesen, wenn Vin Mod sie nicht durch die Spitzbuben ersetzt hätte, die er in den »Three-Magpies« angeworben hatte. Der Leser weiß ja, was er von diesen zu halten hat und wird sie später auch beim Werke sehen.

Zur Besatzung gehörten auch noch ein Schiffsjunge und ein Koch.

Der vierzehnjährige Schiffsjunge Jim stammte aus einer ehrbaren

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