dem Tisch hastig das Heft durch. Im mittleren Teil fand sie schlie?lich, wonach sie suchten. Harry und Ron beugten sich tiefer uber die Seiten. Ein Farbfoto von Harry prangte uber einem kurzen Artikel mit der Uberschrift

Harry Potters stummes Herzeleid

Ein Junge wie kein anderer, konnte man meinen – doch auch ein Junge, der die ganz gewohnlichen Qualen des Heranwachsenden durchleidet. Seit dem tragischen Ableben seiner Eltern der Liebe beraubt, glaubte der vierzehnjahrige Harry Potter, endlich Trost bei seiner festen Freundin in Hogwarts, Hermine Granger, gefunden zu haben. Doch er ahnte nicht, da? seine Seele in diesem ohnehin von personlichen Verlusten gepragten Leben bald erneut einen schweren Schlag erleiden wurde.

Miss Granger, ein au?erlich unscheinbares, aber ehrgeiziges Madchen, hegt offenbar eine Vorliebe fur beruhmte Zauberer, die Harry allein nicht befriedigen kann. Seit Viktor Krum, der bulgarische Sucher und Held der letzten Quidditch-Weltmeisterschaft, in Hogwarts weilt, spielt Miss Granger mit den Gefuhlen beider Jungen. Krum, der von der tuckischen Miss Granger offensichtlich hingerissen ist, hat sie bereits eingeladen, ihn wahrend der Sommerferien in Bulgarien zu besuchen, und versichert, er habe»solche Gefuhle noch fur kein anderes Madchen empfunden«.

Allerdings sind es womoglich gar nicht die zweifelhaften naturlichen Reize Miss Grangers, denen diese beiden unglucklichen Jungen verfallen sind.

»Im Grunde ist sie ha?lich«, meint Pansy Parkinson, eine hubsche und lebhafte Viertkla?lerin,»aber da? sie einen Liebestrank zusammenbraut, traue ich ihr durchaus zu, sie hat ja ziemlich viel Grips. Ich bin sicher, damit schafft sie es.«

Naturlich sind Liebestranke in Hogwarts verboten und zweifellos sollte Albus Dumbledore diesen Behauptungen nachgehen. In der Zwischenzeit konnen alle, die sich um das Wohl Harry Potters sorgen, nur hoffen, da? er sein Herz das nachste Mal einer wurdigeren Kandidatin schenkt.

Rita Kimmkorn

»Ich hab's dir doch gesagt!«, zischelte Ron Hermine zu, die mit offenem Mund das Blatt anstarrte.»Ich hab dir doch gesagt, du sollst diese Rita Kimmkorn nicht argern! Jetzt hat sie dich auf dem Kieker und macht aus dir so eine – eine Lebedame!«

Hermines verbluffte Miene loste sich in schnaubendes Gelachter auf.»Lebedame?«, wiederholte sie, wandte sich Ron zu und zitterte verhalten kichernd.

»So nennt es jedenfalls meine Mum«, murmelte Ron und wieder lief er um die Ohren herum rot an.

»Wenn das alles ist, was Rita zustande bringt, dann wird sie allmahlich langweilig«, sagte Hermine und warf die Hexenwoche immer noch kichernd auf den leeren Stuhl neben ihr.»Das ist doch nichts als ein Haufen Mull.«

Sie sah hinuber zu den Slytherins, die gespannt beobachteten, ob es ihnen gelungen war, sie und Harry mit dem Artikel zu argern. Hermine schenkte ihnen ein herablassendes Lacheln und einen lassigen Wink mit der Hand, dann packten die drei die Zutaten aus, die sie fur ihren Gripsschar-fungs-Trank brauchten.

»Eins ist schon komisch daran«, sagte Hermine zehn Minuten spater und hielt die Morserkeule uber eine Schale Skarabauskafer.»Wie hat Rita Kimmkorn das nur rausgefunden…?«

»Was rausgefunden?«, fragte Ron sofort.»Du hast doch nicht etwa Liebestranke gebraut?«

»Sei doch nicht albern«, zischte Hermine und begann ihre Kafer zu zerstampfen.»Nein, es ist nur… wie hat sie erfahren, da? Viktor mich eingeladen hat, ihn im Sommer zu besuchen?«Hermine lief bei diesen Worten scharlachrot an und vermied entschieden Rons Blick.

»Was?«Ron lie? seinen Sto?el mit einem lauten Klonk fallen.

»Er hat mich gefragt, gleich nachdem er mich aus dem See gezogen hatte«, murmelte Hermine.»Nachdem er seinen Haikopf losgeworden ist. Madam Pomfrey hat uns Deckengegeben, dann hat er mich von den Richtern weggezogen, damit sie nichts mitbekamen, und gefragt, ob ich im Sommer schon was vorhatte und ob ich nicht Lust hatte -«

»Und was hast du geantwortet?«, warf Ron ein und hammerte, die Augen unverwandt auf Hermine gerichtet, gut eine Armlange von der Schale entfernt mit dem Sto?el auf den Tisch.

»Und er hat wirklich gesagt, da? er noch nie solche Gefuhle fur jemanden empfunden hatte«, fuhr Hermine fort und wurde so rot, da? Harry die Hitze, die in ihr aufstieg, fast spuren konnte.»Aber wie konnte Rita Kimmkorn uns belauscht haben? Sie war nicht da… oder doch? Vielleicht hat sie einen Tarnumhang und hat sich aufs Gelande geschlichen, um sich die zweite Runde anzusehen…«

»Und was hast du geantwortet?«, wiederholte Ron und hieb mit dem Sto?el so heftig auf den Tisch, da? eine Delle im Holz zuruckblieb.

»Mich hat nur interessiert, ob es dir und Harry gut geht und -«

»So faszinierend Ihr gesellschaftliches Leben zweifellos ist, Miss Granger«, sagte eine eisige Stimme direkt hinter ihnen,»ich mu? Sie doch ermahnen, es nicht im Unterricht zu erortern. Zehn Punkte Abzug fur Gryffindor.«

Snape war zu ihrem Tisch herubergeglitten, wahrend sie gesprochen hatten. Die ganze Klasse drehte nun die Kopfe um; Malfoy nutzte die Gelegenheit und lie? POTTER STINKT durch den Kerker zu Harry hinuberblitzen.

»Ah… und man liest auch noch Heftchen unter dem Tisch?«, setzte Snape hinzu und schnappte sich die Hexenwoche.»Noch einmal zehn Punkte Abzug fur Gryffindor… oh, verstehe…«Snapes schwarze Augen sturzten sich gierig auf Rita Kimmkorns Artikel.»Potter mu? naturlich erfahren, was die Presse uber ihn schreibt…«

Der Kerker erzitterte unter dem Gelachter der Slytherins und ein unangenehmes Lacheln krauselte Snapes dunne Lippen. Harry trieb es die Zornesrote ins Gesicht, als Snape auch noch begann, den Artikel laut vorzulesen.

»Harry Potters stummes Herzeleid… meine Gute, Potter, was hast du nun wieder fur ein Wehwehchen? Ein Junge wie kein anderer, konnte man meinen…«

Harrys Gesicht brannte. Snape legte am Ende jedes Satzes eine kleine Pause ein, um den Slytherins einen ausgiebigen Lacher zu gonnen. Von Snape vorgelesen, klang der Artikel noch zehnmal schlimmer.

»… konnen alle, die sich um das Wohl Harry Potters sorgen, nur hoffen, da? er sein Herz das nachste Mal einer wurdigeren Kandidatin schenkt. Wie unglaublich ruhrend«, hohnte Snape und rollte das Heft unter dem anhaltenden Gelachter der Slytherins zusammen.»Es ist wohl am besten, wenn ich euch drei voneinander trenne, damit ihr euch Gedanken uber Zaubertranke statt uber euer Liebesleben macht. Weasley, du bleibst hier. Miss Granger, dort ruber, neben Miss Parkinson. Potter, an den Tisch vor meinem Pult. Beweg dich. Sofort.«

Harry warf die Zutaten und die Schultasche wutend in seinen Kessel und zog ihn nach vorn zu dem freien Tisch. Snape folgte ihm, setzte sich an das Pult und sah zu, wie Harry seine Sachen aus dem Kessel packte. Entschlossen, Snape keines Blickes zu wurdigen, begann Harry erneut seine Skarabauskafer zu zerstampfen, und jeder einzelne davon, so schien es ihm, hatte Snapes Gesicht.

»Dieser ganze Presserummel scheint deinen ohnehin schon ubergro?en Kopf noch mehr aufgeblasen zu haben, Potter«, sagte Snape leise, sobald der Rest der Klasse sich wieder beruhigt hatte.

Harry antwortete nicht. Er wu?te, da? Snape ihn provozieren wollte; das kannte er bereits von ihm. Zweifellos war er darauf aus, einen Grund zu finden, um Gryffindor noch vor Ende der Stunde satte funfzig Punkte abzuziehen.

»Du leidest vielleicht unter der Wahnvorstellung, da? die ganze Zaubererwelt von dir beeindruckt ist«, fuhr Snape so leise fort, da? ihn niemand sonst horen konnte (Harry hieb weiter auf seine Skarabauskafer ein, obwohl er sie bereits zu einem ganz feinen Pulver zerstampft hatte),»aber mir ist es vollig gleich, wie oft dein Bild in der Zeitung erscheint. Fur mich, Potter, bist du nichts als ein ungezogener kleiner Bengel, der Vorschriften fur unter seiner Wurde halt.«

Harry schuttete die zerstaubten Kafer in seinen Kessel und begann seine Ingwerwurzeln klein zu schneiden. Ihm bebten die Hande vor Wut, aber er hielt den Blick gesenkt, als konne er nicht horen, was Snape sagte.

»Also la? dir das eine Warnung sein, Potter«, fuhr Snape noch leiser und bedrohlicher klingend fort,»winzige Beruhmtheit oder nicht – wenn ich dich noch einmal dabei erwische, wie du in mein Buro einbrichst -«

»Ich war nicht mal in der Nahe Ihres Buros!«, entgegnete Harry zornig und verga? dabei vollig seine vorgeschutzte Taubheit.

»Lug mich nicht an!«, zischte Snape, und seine unergrundlichen schwarzen Augen bohrten sich in die Harrys.»Baumschlangenhaut. Dianthuskraut. Beide stammen aus meinen personlichen Vorraten, und ich wei?, wer sie gestohlen hat.«

Harry hielt Snapes Blick stand, entschlossen, nicht zu blinzeln oder schuldbewu?t auszusehen. In Wahrheit

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