Schritt zuruck. Harry sah einen hochhackigen, schimmernd schwarzen Schuh aus der Kutsche auftauchen – ein Schuh von der Gro?e eines Kinderschlittens -, dem sogleich die gro?te Frau folgte, die er je gesehen hatte. Das erklarte naturlich die Gro?e der Kutsche und der Pferde. Einigen Umstehenden stockte der Atem.
Harry hatte bisher nur einen Menschen gesehen, der so gro? war wie diese Frau, und das war Hagrid; er war sich nicht sicher, ob Hagrid auch nur um einen Zentimeter gro?er war. Doch irgendwie – vielleicht nur, weil er an Hagrid gewohnt war – schien diese Frau (die sich jetzt am Fu? der Treppe zu der mit aufgerissenen Augen wartenden Menge umsah) von noch unnaturlicherer Gro?e zu sein. Als sie in das Licht trat, das aus der Eingangshalle flutete, zeigte sich, da? sie ein hubsches, olivfarbenes Gesicht hatte, gro?e, schwarze, feucht schimmernde Augen und eine schnabelahnliche Nase. Ihr Haar war im Nacken zu einem glanzenden Knoten zusammengebunden. Sie war von Kopf bis Fu? in schwarzen Satin gekleidet und an Hals und Handen glitzerten viel prachtige Opale.
Dumbledore fing an zu klatschen; ihm folgend brachen auch die Schuler in Applaus aus, und viele stellten sich auf die Zehenspitzen, um diese Frau besser sehen zu konnen.
Die Anspannung in ihrem Gesicht wich einem dankbaren Lacheln und sie schritt auf Dumbledore zu und streckte ihm ihre funkelnde Hand entgegen. Dumbledore, der selbst nicht gerade klein war, mu?te sich ein wenig recken, um sie zu kussen.
»Meine liebe Madame Maxime«, sagte er.»Willkommen in Hogwarts.«
»Dumblydorr«, sagte Madame Maxime mit tiefer Stimme.»Isch 'offe, Sie befinden sisch wohl?«
»In exzellenter Verfassung, danke, Madame«, sagte Dumbledore.
»Meine Schuler«, sagte Madame Maxime und wies mit ihrer riesigen Hand lassig nach hinten.
Harry, der wie gebannt auf Madame Maxime gestarrt hatte, sah jetzt, da? etwa ein Dutzend Jungen und Madchen – offenbar alle altere Teenager – aus der Kutsche geklettert waren und sich nun hinter Madame Maxime aufstellten. Sie bibberten, was angesichts ihrer feinseidenen Umhange nicht uberraschte. Einen Reiseumhang trug keiner von ihnen, ein paar jedoch hatten Tucher und Schals um die Kopfe geschlungen. Nach dem, was Harry von ihren Gesichtern erkennen konnte (sie standen im machtigen Schatten Madame Maximes), sahen sie mit bangem Blick hinauf nach Hogwarts.
»Ist Karkaroff schon angekommen?«, fragte Madame Maxime.
»Er sollte jeden Moment eintreffen«, sagte Dumbledore.»Mochten Sie vielleicht hier warten und ihn begru?en oder wurden Sie lieber hineingehen und sich ein wenig aufwarmen?«
»Aufwarmen, wurde isch sagen«, sagte Madame Maxime.»Aber die 'ferde -«
»Unser Lehrer fur die Pflege magischer Geschopfe wird sich mit Vergnugen um sie kummern«, sagte Dumbledore,»sobald er sich von einem kleinen Notfall losen kann, der sich bei einem seiner – ahm – anderen Schutzlinge eingestellt hat.«
»Kroter«, murmelte Ron Harry ins Ohr und fing an zu grinsen.
»Meine Rosse verlangen – ahm – eine 'arte 'and«, sagte Madame Maxime mit einer Miene, als bezweifelte sie, da? der zustandige Lehrer in Hogwarts der richtige Mann dafur sei.»Sie sind serr stark…«
»Ich versichere Ihnen, da? Hagrid dieser Aufgabe vollkommen gewachsen ist«, sagte Dumbledore lachelnd.
»Serr gutt«, sagte Madame Maxime mit einer leichten Verbeugung,»wurden Sie bitte diesem 'Agrid mitteilen, da? die 'ferde nur Single Malt Whisky saufen?«
»Dafur wird selbstverstandlich gesorgt, Madame«, sagte Dumbledore ebenfalls mit einer Verbeugung.
»Kommt«, sagte Madame Maxime gebieterisch zu ihren Schulern, und das versammelte Hogwarts teilte sich, um ihr und ihrem Gefolge einen Weg die steinerne Treppe hinauf zu offnen.
»Wie gro?, glaubt ihr, werden die Pferde von Durmstrang sein?«, sagte Seamus Finnigan, der sich um Lavender und Parvati herumbeugte und Harry und Ron ansah.
»Tja, wenn sie noch gro?er sind als die hier, kann selbst Hagrid sie nicht mehr im Zaum halten«, sagte Harry.»Womoglich haben ihn die Kroter inzwischen schon verspeist. Was dahinten wohl los ist?«
»Vielleicht sind sie abgehauen«, sagte Ron hoffnungsvoll.
»Sag blo? nicht so was«, sagte Hermine schaudernd.»Stell dir vor, dieses Gekrose krabbelt auf den Landereien rum…«
Sie standen jetzt bibbernd da und warteten auf die Ankunft der Schuler aus Durmstrang. Die meisten lie?en die Blicke hoffnungsvoll uber den Himmel schweifen. Ein paar Minuten lang wurde die Stille nur durch das Schnauben und Stampfen von Madame Maximes Pferden unterbrochen. Doch dann -»Kannst du was horen?«, sagte Ron plotzlich.
Harry lauschte; ein lautes, ganz und gar unvertrautes, schauriges Gerausch kam aus der Dunkelheit; ein gedampftes Pochen und ein Saugen, als ob ein riesiger Staubsauger ein Flu?bett entlangrauschte…
»Der See!«, rief Lee Jordan und deutete hinuber aufs Wasser.»Seht euch den See an!«
Dort, wo sie standen, oben auf der begrunten Anhohe mit Blick uber die Landereien, konnten sie die glatte schwarze Wasseroberflache gut sehen – nur da? diese Oberflache plotzlich nicht mehr glatt war. Tief unten in der Mitte des Sees mu?te sich etwas regen; gro?e Blaseri drangen nach oben, Wellen spulten uber die sumpfigen Uferbanke – und dann bildete sich mitten im See ein gewaltiger Strudel, als ware soeben ein riesiger Stopsel aus dem Seegrund gezogen worden…
Etwas wie ein langer schwarzer Pfahl begann nun langsam aus dem Herzen des Strudels emporzusteigen… und dann sah Harry die Takelage…
»Es ist ein Mast!«, sagte er zu Ron und Hermine.
Langsam und majestatisch erhob sich das Schiff aus dem Wasser und schimmerte im Mondlicht. Es hatte etwas merkwurdig Gerippehaftes an sich, als ware es ein geborgenes Wrack, und die truben, verschwommenen Lichter, die aus seinen Bullaugen schimmerten, sahen aus wie Geisteraugen.
Endlich, mit einem gewaltigen Schmatzen und Schwappen, tauchte das Schiff zur Ganze auf, tanzelte uber das aufgewuhlte Wasser und glitt auf das Ufer zu.
Nun gingen Leute von Bord; ihre Umrisse waren vor den Lichtern der Bullaugen zu sehen. Sie alle, fiel Harry auf, schienen ungefahr die Statur von Crabbe und Goyle zu haben… doch dann, als sie den Hang herauf naher kamen und das Licht der Eingangshalle auf sie fiel, sah er, da? ihre Gestalten deshalb so massig wirkten, weil sie Mantel aus einer Art zottigem, verfilztem Pelz trugen. Doch der Mann, der sie hoch zum Schlo? fuhrte, trug einen ganz anderen Pelz: seidig und glanzend wie sein Haar.
»Dumbledore!«, rief er mit Inbrunst, als er die Anhohe erreicht hatte,»wie geht's Ihnen, altes Haus, wie geht's?«
»Glanzend, danke, Professor Karkaroff«, erwiderte Dumbledore.
Karkaroff hatte eine sonore, olige Stimme; als er in das Licht trat, das aus dem Schlo?portal fiel, sahen sie, da? er gro? und schlank war wie Dumbledore, doch sein wei?es Haar war kurz und sein Spitzbart (der in einem kleinen Gekrausel endete) konnte sein fliehendes Kinn nicht ganz verbergen. Er ging auf Dumbledore zu und streckte ihm beide Hande entgegen.
»Das gute alte Hogwarts«, sagte er und sah lachelnd hoch zum Schlo?; seine Zahne waren ziemlich gelb und Harry fiel auf, da? sein Lacheln sich nicht auf seine Augen erstreckte, deren Blick kalt und scharf blieb.»Wie schon, wieder hier zu sein, wie schon… Viktor, komm rein in die Warme… Sie haben nichts dagegen, Dumbledore? Viktor hat einen leichten Schnupfen…«
Karkaroff winkte einem seiner Schuler. Als der Junge vorbeiging, erhaschte Harry einen Blick auf eine markante Adlernase und dichte schwarze Brauen. Er brauchte nicht erst Ron, der ihm einen Schlag auf den Arm versetzte, oder das Zischen in seinem Ohr, um dieses Profil zu erkennen.
»Harry – das ist Krum!«
Der Feuerkelch
»Nicht zu fassen!«, sagte Ron vollig entgeistert. Sie reihten sich jetzt mit den anderen Hogwarts-Schulern hinter den Durmstrangs ein und folgten ihnen die Treppe hoch zum Schlo?.»Krum, Harry! Viktor Krum!«
»Um Himmels willen, Ron, er ist doch nur ein Quidditch-Spieler«, sagte Hermine.
»Nur ein Quidditch-Spieler?«Ron sah sie an, als hatte er sich verhort.»Hermine – er ist einer der besten