»Eichung der Zauberstabe?«, fragte Harry nervos.
»Wir mussen prufen, ob eure Zauberstabe in Ordnung sind und keine Probleme machen, da sie doch die wichtigsten Werkzeuge fur die kommenden Aufgaben sind«, sagte Bagman.»Der Fachmann ist gerade oben bei Dumbledore. Und dann gibt es noch einen kleinen Fototermin. Darf ich vorstellen, Rita Kimmkorn«, fugte er hinzu und wies auf die Hexe mit dem magentaroten Umhang,»sie schreibt fur den Tagespropheten einen kleinen Artikel uber das Turnier…«
»Vielleicht nicht ganz so klein, Ludo«, sagte Rita Kimmkorn, die Augen auf Harry gerichtet.
Sie hatte eine kunstvolle und auffallig steife Lockenfrisur, die uberhaupt nicht zu ihrem schwerkiefrigen Gesicht passen wollte, und trug eine juwelenbesetzte Brille. Ihre dicken Finger, die den Griff einer Krokodillederhandtasche umklammerten, endeten in funf Zentimeter langen, karmesinrot lackierten Fingernageln.
»Ware es vielleicht moglich, da? ich rasch ein Wort mit Harry wechsle, bevor wir anfangen?«, fragte sie Bagman, ohne den Blick von Harry abzuwenden.»Der jungste Champion, Sie wissen schon… damit das Ganze ein wenig Pep kriegt?«
»Naturlich!«, rief Bagman.»Das hei?t – wenn Harry keine Einwande hat?«
»Ahm -«, sagte Harry.
»Wunderbar«, sagte Rita Kimmkorn, und schon hatten ihre knallroten Krallenfinger Harry uberraschend fest am Oberarm gepackt. Sie bugsierte ihn hinaus auf den Gang und offnete eine Tur nebenan.
»Dort drin ist es doch viel zu laut fur uns«, sagte sie.»Sehen wir mal… ah ja, hier ist es nett und gemutlich.«
Es war ein Besenschrank. Harry starrte sie an.
»Komm mit, mein Lieber – so ist es recht – wunderbar«, sagte Rita Kimmkorn, lie? sich vorsichtig auf einem umgekippten Eimer nieder, druckte Harry hinunter auf einen Pappkarton und schlo? die Tur. Es war stockdunkel.»Wollen mal sehen…«
Sie lie? ihre Krokodillederhandtasche aufschnappen und zog eine Hand voll Kerzen heraus, die sie mit einem Schlenker ihres Zauberstabs entzundete und in der Luft schweben lie?, so da? sie sehen konnten, was sie taten.
»Du hast doch nichts dagegen, Harry, wenn ich eine Flotte-Schreibe-Feder benutze? Dann kann ich in aller Ruhe mit dir reden…«
»Eine was?«
Rita Kimmkorns Lacheln wurde immer breiter. Harry zahlte drei Goldzahne. Sie steckte die Hand erneut in die Krokodilledertasche und zog eine lange giftgrune Feder und eine Rolle Pergament hervor, die sie auf einer Lattenkiste mit Mrs Skowers Magischem Allzweckreiniger zwischen ihr und Harry ausrollte. Sie nahm die Spitze der grunen Feder in den Mund, saugte kurz mit offensichtlichem Genu? daran, dann stellte sie die Feder senkrecht auf das Pergament, wo sie zitternd auf der Spitze stehen blieb.
»Probe… mein Name ist Rita Kimmkorn, Reporterin des Tagespropheten.«
Harry sah rasch hinunter auf die Feder. Kaum hatte Rita Kimmkorn den Mund zugemacht, begann die grune Feder schwungvoll uber das Pergament zu fliegen:
Die attraktive Rita Kimmkorn (43), deren feurige Feder manch einen aufgeblahten Ruf durchlochert hat -
»Wunderbar«, sagte Rita Kimmkorn erneut, ri? das beschriebene Stuck Pergament ab, zerknullte es und steckte es in ihre Handtasche. Dann beugte sie sich zu Harry hinuber und sagte:»Nun, Harry… warum hast du dich entschlossen, am Trimagischen Turnier teilzunehmen?«
»Ahm -«, sagte Harry, doch die Feder lenkte ihn ab. Obwohl er gar nichts sagte, flitzte sie uber das Pergament und hinterlie? als Spur einen frischen Satz:
Eine ha?liche Narbe, Erinnerung an seine tragische Vergangenheit, entstellt den ansonsten durchaus reizenden Harry Potter, dessen Augen -
»Achte nicht auf die Feder, Harry«, sagte Rita Kimmkorn gebieterisch. Zogernd sah Harry zu ihr auf.»Nun – warum hast du beschlossen, am Turnier teilzunehmen, Harry?«
»Das hab ich nicht«, sagte Harry.»Ich wei? nicht, wie mein Name in den Feuerkelch geraten ist. Ich hab ihn jedenfalls nicht eingeworfen.«
Rita Kimmkorn hob eine mit kraftigem Stift nachgezogene Augenbraue.»Komm schon, Harry, du brauchst keine Angst zu haben, da? du Schwierigkeiten bekommst. Wir wissen alle, da? du dich eigentlich gar nicht hattest bewerben durfen. Aber mach dir daruber keine Gedanken. Unsere Leser stehen auf Rebellen.«
»Aber ich habe mich wirklich nicht beworben«, wiederholte Harry.»Ich wei? nicht, wer -«
»Welches Gefuhl hast du, wenn du an die kommenden Aufgaben denkst?«, fragte Rita Kimmkorn.»Bist du aufgeregt? Nervos?«
»Im Grunde hab ich noch nicht daruber nachgedacht… Jaah, nervos vielleicht schon«, sagte Harry. Sein Magen verkrampfte sich schmerzhaft, wahrend er sprach.
»Es sind schon Champions gestorben!«, sagte Rita Kimmkorn munter.»Hast du uberhaupt schon daran gedacht?«
»Na ja… sie sagen, es sei dieses Jahr viel sicherer«, sagte Harry.
Die Feder sauste uber das Pergament zwischen ihnen, vor und zuruck, als wurde sie Schlittschuh laufen.
»Naturlich hast du dem Tod schon einmal ins Angesicht geblickt, nicht?«, sagte Rita Kimmkorn und musterte ihn scharf.»Wie, wurdest du sagen, hat dich das personlich betroffen gemacht?«
»Ahm«, sagte Harry noch einmal.
»Glaubst du, da? dich das Trauma deiner Kindheit dazu fuhrt, dich immer von neuem beweisen zu wollen? Deinem Namen alle Ehre zu machen? Bist du vielleicht der Versuchung erlegen, am Trimagischen Turnier teilzunehmen, weil -«
»Ich hab mich nicht beworben!«, sagte Harry und spurte, wie Zorn in ihm hochkochte.
»Kannst du dich uberhaupt an deine Eltern erinnern?«, fragte Rita Kimmkorn, ohne auf ihn einzugehen.
»Nein«, sagte Harry.
»Wie, glaubst du, wurden deine Eltern sich fuhlen, wenn sie wu?ten, da? du am Trimagischen Turnier teilnimmst? Stolz? Besorgt? Wutend?«
Jetzt ging sie Harry entschieden auf die Nerven. Woher um Himmels willen sollte er wissen, wie sich seine Eltern fuhlen wurden, wenn sie noch lebten? Er spurte, da? ihn Rita Kimmkorn scharf beobachtete. Er runzelte die Stirn, mied ihren Blick und sah hinunter auf das, was die Feder gerade geschrieben hatte:
Tranen erfullen diese verbluffend grunen Augen, sobald unser Gesprach sich den Eltern zuwendet, an die er sich kaum noch erinnern kann.
»Ich habe KEINE Tranen in den Augen!«, sagte Harry laut.
Bevor Rita Kimmkorn ein Wort sagen konnte, ging die Tur des Besenschranks auf. Harry drehte sich um und blinzelte gegen das helle Licht. Drau?en stand Albus Dumbledore und sah hinunter auf sie beide, wie sie da im Besenschrank eingepfercht sa?en.
»Dumbledore!«, rief Rita Kimmkorn, allem Anschein nach hochst erfreut – doch Harry bemerkte, da? Feder und Pergament auf einmal von der Kiste mit dem Magischen Allzweckreiniger verschwunden waren und Ritas Klauenfinger den Verschlu? ihrer Krokodilledertasche hastig zuklicken lie?en.»Wie geht es Ihnen?«, sagte sie, stand auf und streckte Dumbledore eine ihrer gro?en, mannlichen Hande entgegen.»Ich hoffe, Sie haben im Sommer meinen Artikel uber die Konferenz der Internationalen Zauberervereinigung gelesen?«
»Bezaubernd gehassig«, sagte Dumbledore mit funkelnden Augen.»Besonders gefallen hat mir Ihre Beschreibung meiner Person als eines in die Jahre gekommenen, altmodischen Narren.«
Rita Kimmkorn schien es nicht im Entferntesten peinlich zu sein.»Ich wollte eigentlich nur sagen, da? manche Ihrer Vorstellungen ein wenig veraltet sind, Dumbledore, und da? viele Zauberer, die man so auf der Stra?e trifft -«
»Mit Vergnugen wurde ich mir die Grunde fur diese Gemeinheit anhoren, Rita«, sagte Dumbledore lachelnd und verbeugte sich hoflich,»aber ich furchte, wir mussen diese Dinge auf spater verschieben. Die Eichung beginnt gleich, und wir konnen nicht anfangen, solange einer der Champions in einem Besenschrank versteckt ist.«
Erleichtert, endlich von Rita Kimmkorn loszukommen, ging Harry eilig zuruck in das Klassenzimmer. Die anderen Champions hatten inzwischen auf Stuhlen in der Nahe der Tur Platz genommen und er setzte sich rasch neben Cedric. Druben an den samtbedeckten Tischen sa?en jetzt vier der funf Richter – Professor Karkaroff, Madame Maxime, Mr Crouch und Ludo Bagman. Rita Kimmkorn lie? sich in einer Ecke nieder; Harry sah, wie sie das Pergament hastig wieder aus der Tasche holte, es auf ihren Knien ausbreitete, an der Spitze der Flotte-