etwas ziemlich Merkwurdiges an Riddles Kalender. All seine anderen Bucher waren mit scharlachroter Tinte durchtrankt. Der Taschenkalender jedoch war so Sauber, wie er gewesen war, bevor das Tintenfa? daruber zerbrochen war. Er wollte ihn Ron zeigen, doch Ron hatte wieder einmal Probleme mit seinem Zauberstab. Aus der Spitze traten gro?e purpurne Blasen, was Rons Aufmerksamkeit ganz und gar im Bann hielt.

An diesem Abend ging Harry fruher als alle andern zu Bett. Zum einen wurde er es nicht ertragen, Fred und George noch einmal»Seine Augen, so grun wie frisch gepokelte Krote«singen zu horen, zum andern wollte er sich Riddles Kalender genau ansehen, und er wu?te, da? Ron dies fur Zeitverschwendung hielt.

Harry sa? auf seinem Himmelbett und blatterte durch die leeren Seiten. Auf keiner einzigen war auch nur eine Spur scharlachroter Tinte. Dann zog er eine neues Fa?chen aus seinem Nachtschrank, tauchte die Feder hinein und lie? einen Tropfen auf die erste Seite des Tagebuchs fallen.

Eine Sekunde lang leuchtete die Tinte hell auf dem Papier, und dann, als wurde sie in das Blatt hineingesaugt, verschwand sie. Aufgeregt tunkte Harry die Feder ein zweites Mal ein und schrieb:»Mein Name ist Harry Potter.«

Die Worte leuchteten sekundenlang auf dem Blatt und dann verschwanden auch sie spurlos. Dann, endlich, geschah etwas.

Aus dem Blatt heraus drangen, in seiner eigenen Tinte, Worter, die Harry nicht geschrieben hatte.

»Hallo, Harry Potter. Mein Name ist Tom Riddle. Wie kommst du an mein Tagebuch?«

Auch diese Worte verbla?ten, doch nicht bevor Harry zuruckgekritzelt hatte.

»Jemand hat versucht, es ins Klo zu spulen.«

Gespannt wartete er auf Riddles Antwort.

»Ein Gluck, da? ich meine Erinnerungen auf dauerhaftere Weise als mit Tinte festgehalten habe. Aber ich wu?te immer, da? es einige gibt, die nicht wollen, da? dieses Tagebuch gelesen wird.«

»Was meinst du damit?«, krakelte Harry und bekleckste vor Aufregung die Seite.

»Ich will sagen, da? dieses Tagebuch Erinnerungen an schreckliche Dinge enthalt. Dinge, die vertuscht wurden. Dinge, die an der Hogwarts-Schule fur Hexerei und Zauberei geschahen.«

»Da bin ich gerade«, schrieb Harry rasch.»Ich bin in Hogwarts und furchtbare Sachen sind passiert. Wei?t du etwas uber die Kammer des Schreckens?«

Sein Herz hammerte. Riddles Antwort kam schnell, seine Schrift wurde schludriger, als wollte er eilends alles erzahlen, was er wu?te.

»Naturlich wei? ich von der Kammer des Schreckens. Zu meiner Zeit haben sie uns erzahlt, es sei nur eine Legende und es gebe sie nicht. Aber das war eine Luge. In meinem funften Jahr wurde die Kammer geoffnet und das Monster hat mehrere Schuler angegriffen und schlie?lich einen getotet. Ich habe die Person erwischt, die die Kammer geoffnet hat, und sie wurde versto?en. Doch der Schulleiter, Professor Dippet, schamte sich, da? so etwas in Hogwarts geschehen war, und verbot mir, die Wahrheit zu sagen. Sie haben ein Marchen erfunden, wonach das Madchen bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen sei. Sie haben 'mir eine hubsche, glanzende Medaille mit eingepragter Widmung gegeben und mich ermahnt, den Mund zu halten. Doch ich wusste, da? es wieder geschehen konnte. Das Monster lebte weiter und derjenige, der die Macht hatte, es loszulassen, kam nicht ins Gefangnis.«

Harry stie? fast sein Tintenfa? um, so eilig hatte er es mit der Antwort.

»Es geschieht jetzt wieder. Es gab drei Angriffe und keiner scheint zu wissen, wer dahinter steckt. Wer war es das letzte Mal?«

»Ich kann es dir zeigen, wenn du willst«, antwortete Riddle.»Du brauchst meinen Worten nicht zu glauben. Ich kann dich in mein Gedachtnis von jener Nacht, in der ich ihn gefangen habe, hereinholen.«

Harry zogerte und hielt die Feder uber das Tagebuch. Was meinte Riddle damit? Wie konnte er in das Gedachtnis eines anderen gelangen? Nervos blickte er zur Tur des Schlafsaals, in dem es nun dunkel wurde. Als sein Blick wieder auf das Buch fiel, sah er, wie sich neue Worte bildeten.

»Ich will es dir zeigen.«

Harry hielt fur den Bruchteil einer Sekunde inne und schrieb dann ein Wort.

»Okay.«

Die Blatter des Tagebuchs begannen zu flattern, als ob ein Wind sie erfa?t hatte. Als sich der Wirbel legte, waren die Seiten fur Mitte Juni aufgeschlagen. Mit offenem Mund sah Harry, da? sich das kleine Quadrat fur den dreizehnten Juni offenbar in einen winzigen Bildschirm verwandelt hatte. Mit leicht zitternden Handen hob er das Buch und druckte ein Auge gegen das kleine Fenster, und bevor er wu?te, wie ihm geschah, kippte er nach vorn; das Fenster weitete sich, er spurte, wie sein Korper das Bett verlie? und er kopfuber durch die Offnung gezogen wurde, hinein in einen Wirbel aus Farbe und Schatten.

Seine Fu?e beruhrten festen Grund. Am ganzen Korper zitternd richtete er sich auf und die verschwommenen Formen um ihn her nahmen plotzlich Gestalt an.

Sofort wu?te er, wo er war. Dieser kreisrunde Raum mit den schlafenden Portrats war Dumbledores Buro – doch hinter dem Schreibtisch sa? nicht Dumbledore. Ein verhutzelter, gebrechlich aussehender Zauberer, kahlkopfig mit Ausnahme einiger Strahnen wei?en Haares, las bei Kerzenlicht einen Brief Harry hatte diesen Mann noch nie gesehen.

»Es tut mir Leid«, sagte er zitternd,»ich wollte hier nicht reinplatzen.«

Doch der Zauberer sah nicht auf. Ein wenig stirnrunzelnd las er weiter. Harry trat naher an den Schreibtisch heran und stammelte:

»Ahm, ich gehe einfach, oder?«

Der Zauberer beachtete ihn immer noch nicht. Er schien ihn nicht einmal gehort zu haben. Harry uberlegte, ob er vielleicht schwerhorig sei, und hob die Stimme.

»Tut mir Leid, da? ich Sie gestort habe, ich gehe jetzt«, schrie er beinahe.

Der Zauberer faltete mit einem Seufzer den Brief zusammen, stand auf. ging an Harry vorbei, ohne ihm auch nur einen Blick zuzuwerfen, und zog die Vorhange am Fenster auf

Der Himmel drau?en war rubinrot; offenbar war Sonnenuntergang. Der Zauberer ging zum Schreibtisch zuruck, setzte sich und beobachtete Daumchen drehend die Tur.

Harry sah sich im Buro um. Kein Phonix, keine surrenden Geratschaften. Dies war Hogwarts, wie Riddle es kennen gelernt hatte, und dieser unbekannte Zauberer war der Schulleiter, nicht Dumbledore, und er, Harry, war ein fur die Menschen vor funfzig Jahren unsichtbares Phantom.

Es klopfte an der Tur.

»Herein«, sagte der alte Zauberer mit schwacher Stimme. Ein Junge von etwa sechzehn Jahren trat ein und nahm seinen Spitzhut ab. Auf seiner Brust schimmerte das silberne Abzeichen des Vertrauensschulers. Er war viel gro?er als Harry, doch auch er hatte rabenschwarzes Haar.

»Ah, Riddle«, sagte der Schulleiter.

»Sie wollten mich sprechen, Professor Dippet?«, sagte Riddle. Er sah nervos aus.

»Setzen Sie sich«, sagte Dippet.»Ich habe eben Ihren Brief gelesen.«

»Oh«, sagte Riddle. Er setzte sich und klammerte die Hande fest zusammen.

»Mein lieber Junge«, sagte Dippet freundlich,»ich kann Sie unmoglich den Sommer uber hier in der Schule lassen. Gewi? mochten Sie in den Ferien nach Hause?«

»Nein«, sagte Riddle sofort.»Ich wurde viel lieber in Hogwarts bleiben als in dieses… in dieses…«

»Sie leben in einem Waisenhaus der Muggel, nicht wahr?«, sagte Dippet neugierig.

»ja, Sir«, sagte Riddle und errotete leicht.

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