Das Licht am Himmel war kunstlich, und Denison hatte seine Eindrucke kaum bewaltigt, als es auch schon zu einem kleinen Raketenfahrzeug heranwuchs, das neben ihm landete.
Eine Gestalt im Raumanzug trat heraus, wahrend der Pilot zuruckblieb - ein dunkler Punkt zwischen den Lichtflecken der Landschaft.
Denison wartete. Die Etikette des Raumanzugs erforderte es, da? sich jeder Neuankommling einer Gruppe naherte und sich bekannt machte.
'Hochkommissar Gottstein', sagte die neue Stimme, 'wie Sie wahrscheinlich schon an meinem wackligen Gang erkennen.'
'Ben Denison.'
'Ja. Das dachte ich mir.'
'Suchen Sie mich?'
'Naturlich.'
'Mit einem Raumgleiter? Sie hatten...'
'Ich hatte', sagte Hochkommissar Gottstein, 'Ausgang P-4 benutzen konnen, der nicht einmal tausend Meter entfernt ist. Ja, das hatte ich. Aber ich habe nicht nur Sie gesucht.'
'Nun, ich will nicht fragen, was ich darunter verstehen soll.'
'Ich brauche nicht um den hei?en Brei herumzureden. Sie nehmen sicher nicht an, da? mich Ihre Experimente hier an der Mondoberflache nicht interessieren.'
'Die sind kein Geheimnis, und jeder kann sich dafur interessieren.'
'Und doch scheint niemand die Einzelheiten so recht zu kennen. Au?er da? Sie sich irgendwie mit Problemen befassen, die mit der Elektronenpumpe zu tun haben.'
'Das ist eine logische Vermutung.'
'Wirklich? Mir will scheinen, da? Versuche dieser Art, wenn sie uberhaupt einen Sinn haben sollen, eine ziemlich umfangreiche Apparatur erfordern. Das entspringt nicht meinen eigenen Kenntnissen, verstehen Sie. Ich habe Leute gefragt, die es wissen mussen. Es ist aber ebenso offensichtlich, da? Sie eine solche Apparatur nicht haben. Es kam mir daher der Gedanke, da? mein Interesse an Sie vielleicht verschwendet ist, da? -wahrend meine Aufmerksamkeit auf Sie gerichtet ist - andere sich mit wichtigeren Dingen beschaftigen.'
'Warum sollte ich wohl zur Ablenkung dienen?'
'Ich wei? es nicht. Wenn ich es wu?te, ware ich weniger besorgt.'
'Also habe ich unter Beobachtung gestanden.' Gottstein lachte leise. 'O ja. Seit Ihrer Ankunft. Und seit Beginn Ihrer Versuche hier haben wir das ganze Gebiet in jeder Richtung kilometerweit beobachtet. Seltsamerweise hat es den Anschein, als waren Sie, Dr. Denison, und Ihre Begleiterin die einzigen Menschen an der Mondoberflache, die nicht nur einfache Routinearbeiten verrichten.'
'Warum ist das seltsam?'
'Weil es bedeutet, da? Sie mit Ihrem verruckten Apparat wirklich etwas zu erreichen hoffen - was das auch immer sei. Da ich Ihnen Unfahigkeit nicht zutraue, dachte ich mir also, da? ein kleines Gesprach mit Ihnen ganz nutzlich ware, wenn Sie mir sagen wurden, was Sie da tun.'
'Ich unternehme paraphysikalische Versuche, Hochkommissar wie die Geruchte schon besagen. Wozu ich nur noch sagen kann, da? meine Experimente bisher blo? zum Teil erfolgreich gewesen sind.'
'Ihre Begleiterin ist wohl Selene Lindstrom L., eine Touristenfuhrerin?'
'Ja.'
'Ungewohnliche Assistentin.'
'Sie ist intelligent, arbeitswillig, interessiert und sehr attraktiv.'
'Und bereit, mit einem Mann von der Erde zusammenzuarbeiten?'
'Und durchaus bereit, mit einem Immigranten zusammenzuarbeiten, der Lunarburger sein wird, sobald er sich fur diesen Status qualifiziert.'
Selene naherte sich. Ihre Stimme klang in den Ohren der Manner auf. 'Guten Tag, Hochkommissar. Ich hatte Ihr Gesprach lieber nicht mitgehort - aber in einem Raumanzug bleibt einem auf diese Entfernung nichts anderes ubrig.'
Gottstein wandte sich um. 'Hallo, Mi? Lindstrom. Ich wollte auch kein Privatgesprach fuhren. Interessieren Sie sich fur die Paraphysik?'
'O ja.'
'Und das Fehlschlagen der Experimente entmutigt Sie nicht?'
'Sie sind nicht vollig fehlgeschlagen', antwortete sie. 'Sie sind sogar weniger fehlgeschlagen, als Dr. Denison in diesem Augenblick noch annimmt.' 'Was?' Denison fuhr so heftig auf dem Absatz herum, da? er fast die Balance verlor und eine feine Staubwolke aufwirbelte.
Alle drei starrten nun auf den Pionisator, uber dem in etwa anderthalb Metern Abstand ein Licht leuchtete wie ein gro?er Stern.
Selene sagte: 'Ich habe die Intensitat des Magnetfeldes gesteigert, und das Nuklearfeld blieb stabil, blieb bestehen - flaute dann immer weiter ab und ...'
'Flo? durch!' rief Denison aus. 'Verdammt. Und ich habe es nicht gesehen!'
'Tut mir leid, Ben. Zuerst warst du so gedankenverloren, dann kam der Hochkommissar, und ich konnte einfach nicht widerstehen - ich mu?te die Gelegenheit ergreifen...'
'Aber was ist denn das?' fragte Gottstein.
'Das ist Energie, spontan abgegeben von Materie, die aus einem anderen Universum in das unsere flie?t', antwortete Deni-son.
Im nachsten Augenblick verschwand das Licht. Gleichzeitig entstand einige Meter entfernt ein zweiter, schwacherer Stern.
Denison sturzte auf den Pionisator zu, doch grazil hastete auch Selene uber die Mondoberflache und erreichte das Gerat als erste. Sie schaltete die Feldstruktur ab, und der ferne Stern erlosch.
'Wie du siehst, ist der Flu?punkt instabil', sagte sie.
'Aber nur geringfugig', erwiderte Denison. 'Wenn man bedenkt, da? ein Umspringen um ein ganzes Lichtjahr moglich ist, dann sind hundert Meter schon eine wunderbare Stabilitat.'
'Aber noch nicht wunderbar genug', entgegnete Selene kurz.
Gottstein schaltete sich ein: 'Lassen Sie mich mal raten, worum es geht. Sie meinen, da? die Materie hier oder dort oder irgendwo - willkurlich - in unser Universum heruberflie?en kann?'
'Nicht ganz willkurlich, Hochkommissar', antwortete Denison. 'Die Wahrscheinlichkeit eines Durchflusses nimmt mit
wachsender Entfernung vom Pionisator ab, und ziemlich plotzlich sogar, wurde ich sagen. Der Umfang dieser Abschwachung hangt von einer Vielzahl von Faktoren ab, und ich glaube, wir haben die Sache schon erstaunlich fest im Griff. Trotz allem ist ein Sprung von hundert Metern durchaus denkbar, und Sie haben ja auch einen erlebt.'
'Und der Punkt hatte sich auch an irgendeiner Stelle in der Stadt oder womoglich in unseren Helmen bilden konnen?'
'Nein, nein', erwiderte Denison ungeduldig. 'Der Durchflu? ist - wenigstens nach der von uns angewandten Methode -weitgehend von der Dichte der Materie abhangig, wie sie in diesem Universum besteht. Die Chancen sind praktisch gleich Null, da? sich der Durchflu?punkt aus einem weitgehenden Vakuum an eine Stelle verlagern wurde, wo die Atmosphare auch nur ein Hundertstel so dicht ist wie in der Stadt oder in unseren Helmen. Es ware grundsatzlich unpraktisch, den Durchflu? woanders als in einem Vakuum einrichten zu wollen - weshalb wir diesen Versuch auch hier drau?en an der Oberflache machen mu?ten.'
'Dann ist es also nicht wie bei der Elektronenpumpe?'
'Ganz und gar nicht', antwortete Denison. 'In der Elektronenpumpe findet ein Materieaustausch statt - hier jedoch nur ein einseitiger Durchflu?. Auch sind die betroffenen Universen nicht die gleichen.'
'Ob ich Sie heute abend zum Essen einladen durfte, Dr. De-nison?' fragte Gottstein.
Denison zogerte: 'Mich allein?'
Gottstein versuchte sich in Selenes Richtung zu verbeugen, brachte jedoch in seinem Raumanzug nur eine groteske Bewegung zustande: 'Es ware mir eine Freude, Mi? Lindstroms Gesellschaft bei anderer Gelegenheit zu genie?en, aber heute abend mu? ich allein mit Ihnen sprechen, Dr. Denison.'
'Schon gut, nimm ruhig an', sagte Selene entschieden, als Denison zogerte. 'Ich habe morgen sowieso viel