'Und diese Energie la?t sich fur nutzliche Zwecke heranziehen?'

'Gewi? doch. Und in jeder denkbaren Menge. Was Sie vorhin gesehen haben, war eine Mikromikrogramm- Menge Kos-mei-Materie. Theoretisch hatten wir keine Schwierigkeiten, die Materie auch tonnenweise heruberzuholen.'

'Dann konnte Ihre Entdeckung also die Elektronenpumpe ersetzen.'

Denison schuttelte den Kopf. 'Nein. Die Verwendung von Kosmei-Energie hat namlich ebenfalls verandernden Einflu? auf die beteiligten Universen. Im Zuge des Ubertritts der Naturgesetze wird die Starke nukleare Wechselwirkung im Kos-mei-Universum zunehmen und bei uns abnehmen. Das hei?t, da? im Kosmei die Kernverschmelzung erleichtert wird und es sich langsam erhitzt. Irgendwann...'

'Irgendwann', sagte Gottstein, faltete die Arme vor der Brust und kniff nachdenklich die Augen zusammen. 'Irgendwann explodiert es mit gewaltigem Knall.'

'Das halte ich fur moglich.'

'Meinen Sie, da? in unserem Universum vor zehn Milliarden Jahren das gleiche passiert ist?'

'Vielleicht. Die Kosmogonisten haben sich oft gefragt, warum das ursprungliche Kosmische Ei gerade dann explodierte und nicht spater oder fruher. Eine Version sprach von einem oszillierenden Universum, in dem sich das kosmische Ei bildete und sofort explodierte. Diese Moglichkeit ist inzwischen eliminiert worden, und nun halt sich die Ansicht, da? das kosmische Ei erst langere Zeit existieren mu?te und dann eine Instabilitatskrise durchmachte, die sich aus unbekanntem Grunde ergab.'

'Die aber das Ergebnis eines Energieanzapfens durch ein anderes Universum sein kann.'

'Moglich. Dabei braucht es sich nicht unbedingt um den Einflu? einer Intelligenz zu handeln. Vielleicht gibt es von Zeit zu Zeit naturliche Durchflusse.'

'Wenn der gro?e Knall nun kommt', sagte Gottstein, 'konnen wir dann immer noch Energie aus dem Kosmei-Universum beziehen?'

'Ich wei? es nicht genau - aber das ist wohl kaum eine dringende Sorge. Der Durchflu? unseres Feldes der Starken Wechselwirkung in das Kosmei-Universum mu?te sicherlich einige Millionen Jahre anhalten, ehe die andere Seite den kritischen Punkt erreicht. Und au?erdem mu? es andere Kosmei-Universen geben; vielleicht sogar eine unendliche Anzahl.'

'Was ist aber mit der Veranderung in unserem Universum?'

'Die Starke Wechselwirkung schwacht sich ab. Langsam, sehr langsam kuhlt unsere Sonne aus.'

'Und bietet die Kosmei-Energie dafur einen Ausgleich?'

'Das ist gar nicht erforderlich, Hochkommissar', antwortete Denison betont. 'Wahrend die Starke Wechselwirkung in unserem Universum als Folge der Kosmei-Pumpe nachla?t, wird sie durch die Tatigkeit der normalen Elektronenpumpe verstarkt. Wenn wir die Energieproduktion beider Pumpen aufeinander abstimmen, verandern sich die Naturgesetze bei uns nicht mehr, obwohl das im Kosmei-Universum und im Parauniversum nach wie vor geschieht. Wir waren dann eine Durchgangsstra?e, nicht mehr Endpunkt.

Auch brauchen wir uns um die beiden anderen Endpunkte keine Gedanken zu machen. Die Paramenschen haben sich vielleicht auf das Abkuhlen ihrer Sonne eingerichtet, die bestimmt schon von Natur aus nicht sehr hei? ist. Was das Kos-mei-Universum angeht, so haben wir keinen Grund zu der Vermutung, da? dort uberhaupt Leben existieren kann. Indem wir die Bedingungen schaffen, die fur den gro?en Knall erforderlich sind, fordern wir womoglich erst ein neues Universum, das irgendwann einmal Leben hervorbringen kann.'

Gottstein schwieg eine Zeitlang. Sein plumpes Gesicht war ohne jeden Ausdruck. Er nickte langsam vor sich hin, als folge er einem eigenen Gedankengang.

Schlie?lich sagte er: 'Wissen Sie, Denison, ich habe das Gefuhl, diese Sache krempelt die Welt um. Wir durften nun keine

Schwierigkeiten mehr haben, die wissenschaftlichen Spitzen zu uberzeugen, da? die Elektronenpumpe unsere Welt vernichtet.'

'Der gefuhlsma?igen Abneigung vor dieser Moglichkeit ist der Boden entzogen. Wir sind nun in der Lage, das Problem darzulegen und zugleich eine Losung zu bieten.'

'Wann wurden Sie daruber eine Abhandlung schreiben, wenn ich Ihnen eine schnelle Veroffentlichung garantiere?'

'Konnen Sie das tatsachlich garantieren?'

'Notfalls in einem Journal der Regierung.'

'Ich wurde gern die Durchflu?-Instabilitat neutralisieren, ehe ich daruber schreibe.'

'Naturlich.'

'Und ich hielte es fur angemessen', fuhr Denison fort, 'Dr. Peter Lamont als Mitautor vorzusehen. Er kann die mathematische Seite fundieren - etwas, das au?erhalb meines Bereiches liegt. Au?erdem hat seine Arbeit erst den Ansto? zu meinen Forschungen gegeben. Noch etwas, Hochkommissar ...'

'Ja?'

'Ich mochte auch vorschlagen, die Lunarphysiker mit heranzuziehen. Aus ihrer Gruppe kame zum Beispiel Dr. Barron Neville als dritter Autor in Frage.'

'Aber warum denn? Gibt das jetzt nicht noch unnotige Komplikationen?'

'Es war ihr Pionisator, der das alles moglich machte.'

'Das konnen wir angemessen erwahnen .. . Aber hat Dr. Bar-ron tatsachlich mit Ihnen an dem Projekt gearbeitet?'

'Nicht direkt.'

'Warum wollen Sie ihn dann mit hereinziehen?' Denison senkte den Blick und fuhr mit der Hand vorsichtig uber seine Bugelfalte. 'Es ware auf jeden Fall diplomatisch. Wir mussen namlich die Kosmei-Pumpe auf dem Mond installieren.'

'Warum nicht auf der Erde?'

'Erstens brauchen wir ein Vakuum. Der ganze Vorgang ist im Gegensatz zur Elektronenpumpe nur einseitig, und wenn

wir ihn nutzbar machen wollen, sind die Vorbedingungen auch anders. Mit der Mondoberflache steht uns ein gewaltiges Vakuum zur Verfugung - das wir auf der Erde nur mit erheblichem Aufwand erzeugen konnten.'

'Und doch ware es denkbar, oder nicht?'

'Zweitens', fuhr Denison fort, 'ist es zu gefahrlich, wenn zwei gewaltige Energiequellen aus gegensatzlichen Richtungen in unserem Universum zusammentreffen. Es gabe so etwas wie einen Kurzschlu?, wenn die beiden Austrittspunkte zu dicht zusammenlagen. Eine Trennung durch vierhunderttausend Kilometer Vakuum, wobei die Elektronenpumpe nur auf der Erde arbeitet und die Kosmei-Pumpe nur auf dem Mond, ware ideal und sogar unumganglich. Und wenn wir auf dem Mond arbeiten mussen, ware es nur klug und auch anstandig, die Gefuhle der Lunarphysiker zu achten. Wir sollten sie teilhaben lassen.'

Gottstein lachelte: 'Ist das Mi? Lindstroms Rat?'

'Ich bin sicher, da? Mi? Lindstrom sich so au?ern wurde, aber der Vorschlag ist so vernunftig, da? ich auch selber darauf kommen konnte.'

Gottstein stand auf, reckte sich und sprang einige Male auf der Stelle auf und ab - gespenstisch langsam, wie es bei der Mondschwerkraft nicht anders moglich war. Bei jedem Sprung winkelte er die Knie an. Schlie?lich setzte er sich wieder und fragte: 'Haben Sie das schon mal versucht, Dr. Denison?'

Denison schuttelte den Kopf.

'Das soll angeblich den Kreislauf in den Beinen fordern. Ich mache es jedesmal, wenn ich das Gefuhl habe, da? mir die Fu?e absterben. Ich werde in Kurze einen Kurzbesuch auf der Erde machen und mochte mich vorher nicht zu sehr an die Lunarschwerkraft gewohnen. - Wollen wir jetzt mal von Mi? Lindstrom sprechen, Dr. Denison?'

Denison fragte in verandertem Tonfall: 'Was ist mit ihr?'

'Sie ist Touristenfuhrerin.'

'Ja. Das sagten Sie schon.'

'Und ich sagte auch, da? sie eine etwas seltsame Assistentin fur einen Physiker abgibt.'

'Im Grunde bin ich nur Amateurphysiker, und da ist sie wohl auch Amateurassistentin.'

Gottstein war ernst geworden. 'Witzeln Sie nicht herum, Doktor. Ich habe mir die Muhe gemacht, Nachforschungen uber sie anzustellen. Und die Fakten sind ganz aufschlu?reich -sie waren es jedenfalls gewesen, wenn sich schon fruher jemand darum gekummert hatte. Ich glaube, sie ist Intuitionist.'

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