Einblaugrauer gepanzerter Wagen fuhr vor derBank vor und hielt an. Cooper und van Duren verfolgten mit, wie zwei Manner in der Uniform des Sicherheitsdienstes ausstiegen und in dieBank gingen.
«Wo ist sie? Wo ist Tracy Whitney?«fragte Daniel Cooper.
«Das spielt keine Rolle«, erwiderte Kommissar van Duren.»Aber sie ist sicher nicht weit.«
Und selbst wenn, dachte Daniel Cooper, spielt auch das keine Rolle. DasBeweismaterial gegen sie ist erdruckend.
NervoseBankangestellte halfen denbeiden Uniformierten, die Goldbarren im Tresorraum auf Transportkarren zu laden und zum Wagen zu rollen. Cooper und van Durenbeobachteten die fernen Gestalten vom Dach jenseits der Stra?e aus.
Es dauerte acht Minuten, bis die Goldbarren im Wagen lagen. Als die Tur zum Laderaum abgeschlossen war und diebeiden Uniformierten vorn einsteigen wollten, brullte Kommissar van Duren in sein Walkie?talkie:»Auf geht's! Alle Einheiten ran! Ran!«
Ein wildes Getummel brach los. Der Hausmeister, der
Stra?enkehrer, der Zeitungsverkaufer, die drei Monteure und ein Schwarm weiterer Kriminalbeamter spurteten zum Wagen und umstellten ihn mit gezogenen Pistolen. Die Stra?e wurde inbeiden Richtungen abgesperrt.
Kommissar van Duren wandte sich Cooper zu und grinste.»So, jetzt haben wir sie auf frischer Tat ertappt.«
Endlich ist es geschafft, dachte Daniel Cooper.
Sie eilten auf die Stra?e. Diebeiden Uniformierten standen mit dem Gesicht zur Wand, die Hande erhoben, vonbewaffneten Kriminalbeamten umringt. Daniel Cooper und Kommissar van Duren gingen zu ihnen.
«Sie konnen sich jetzt umdrehen«, sagte van Duren.»Sie sind verhaftet.«
Diebeiden Uniformierten wandten sich um. Sie waren aschfahl im Gesicht. Daniel Cooper und Kommissar van Duren starrten sie entgeistert an. Es waren zwei wildfremde Manner.
«Wer… wer sind Sie?«fragte Kommissar van Duren.
«Wir… wir sind die Leute vom Sicherheitsdienst«, stotterte einer der Uniformierten.»Nicht schie?en. Bitte nicht schie?en.«
Kommissar van Duren wandte sich Cooper zu.»Es ist irgendwas schiefgelaufen mit ihrem Plan. «Seine Stimme klang leicht hysterisch.»Sie haben das Ganze abgeblasen.«
In Daniel Coopers Magen sammelte sich die grune Galle und stieg langsam, langsambis zu seinem Schlund empor, so da? er, als er schlie?lich der Rede machtig war, mit erstickter Stimme sprach.»Nein. Es ist nichts schiefgelaufen.«
«Was soll das hei?en?«
«Sie hatten es gar nicht auf das Gold abgesehen. Die ganzen Vorbereitungen — das waren alles nur Ablenkungsmanover.«
«Das kann doch nicht sein! Ich meine… der Wagen, dasBoot, die Uniformen — wir haben Fotos in Massen…«
«Begreifen Sie denn nicht? Sie haben es gewu?t! Sie haben
von Anfang an gewu?t, da? wir hinter ihnen her sind!«Kommissar van Duren erbleichte.»O Gott! Wo sind sie?«
Tracy und Jeff gingen die Paulus?Potter?Straat entlang. Sie naherten sich der Niederlandischen Diamantschleiferei. Jeff hatte sich einen Vollbart angeklebt und die Form seiner Wangen und seiner Nase mit Schaumstoff verandert. Er trug sportliche Kleidung und einen Rucksack. Tracy hatte eine schwarze Perucke auf dem Kopf. Sie war mit einem Umstandskleid angetan, gut ausgepolstert, hatte dickes Makeup im Gesicht und eine dunkle Sonnenbrille auf der Nase. In der einen Hand trug sie eine gro?e Aktentasche, in der andern ein rundes, in Packpapier eingeschlagenes Paket. Diebeiden traten in den Empfangsraum desBetriebs und schlossen sich einerBusladung Touristen an, die einem Fuhrer lauschte:»… und wenn Sie mir jetzt folgen wollen, meine Damen und Herren, werden Sie unsere Diamantschleiferbei der Arbeit sehen und au?erdem Gelegenheit haben, fur wenig Geld schone Diamanten zu kaufen.«
Der Fuhrer schritt voran, und die Menge stromte ihm nach. Tracy ging mit. Jeffbliebzuruck. Als die anderen fort waren, drehte Jeff sich um und eilte die Treppe zum Keller hinunter. Er offnete seinen Rucksack und entnahm ihm einen olfleckigen Overall und einen kleinen Werkzeugkasten. Er zog den Overall an und schaute auf seine Uhr. Dann ging er zum Sicherungskasten.
Droben lief Tracy mit der Gruppe von Raum zu Raum. Der Fuhrer zeigte ihnen, wie aus Rohdiamanten funkelnde Kleinode wurden. Gelegentlich warf Tracy einenBlick auf ihre Armbanduhr. DieBetriebsbesichtigung dauerte schon ein paar Minuten zu lang. Tracy wunschte sich, der Fuhrer moge schneller machen. Alles hing davon ab, da? der Zeitplan auf die Sekunde genau eingehalten wurde.
Schlie?lich endete dieBesichtigung im Ausstellungsraum.
Der Fuhrer trat vor das mit Seilen abgesperrte Podest.
«Unter diesem Glassturz«, verkundete er stolz,»liegt der Lukull, einer der wertvollsten Diamanten der Welt. Ursprunglich war er ein Geschenk einesBuhnenschauspielers an seine Frau. Er wird heute auf zehn Millionen Dollar geschatzt und ist gesichert durch die modernsten…«
Die Lichter gingen aus. Eine Alarmglocke schrillte, und Stahljalousien rasselten vor samtlichen Fenstern und Turen herunter. Einige Touristen schrieen.
«Bitte!«uberbrullte der Fuhrer den Larm.»Esbesteht kein Grund zur Aufregung. Das ist nur ein Stromausfall. In wenigen Sekunden wird der Notgenerator…«Die Lichter gingen wieder an.
«Sehen Sie?«sagte der Fuhrerberuhigend.»Siebrauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen.«
Ein Tourist deutete auf die Stahljalousien.»Fur was sind die?«
«Das ist eine Sicherheitsma?nahme«, erklarte der Fuhrer. Er zog einen Schlussel aus der Tasche, steckte ihn in einen Wandschlitz und drehte ihn nach rechts. Die Stahljalousien vor den Fenstern und Turen schoben sich langsam in die Hohe. Das Telefon auf dem Verkaufstisch klingelte, und der Fuhrer nahm ab.
«Hier Hendrik. Danke, Chef. Nein, alles in Ordnung. Falscher Alarm. Wahrscheinlich ein Kurzschlu?. Ich lasse das sofort nachprufen. Ja, Chef. «Er legte auf und wandte sich der Gruppe zu.»Ichbitte vielmals um Entschuldigung, meine Damen und Herren. Aberbei etwas so Wertvollem wie diesem Stein kann man gar nicht vorsichtig genug sein. Und wenn nun jemand von Ihnen schone Diamanten kaufen will…«
Die Lichter gingen wieder aus. Die Alarmglocke schrillte, und die Stahljalousien rasselten erneut herunter.
Eine Frau schrie:»Ich will hier raus, Harry!«
«Sei ruhig, Diane«, knurrte ihr Mann.
Drunten im Keller stand Jeff vor dem Sicherungskasten und horte sich das Gekreisch der Touristen an. Er wartete einen Moment. Dann legte er den Kippschalter wieder um. Oben gingen die Lichter an.
«Meine Damen und Herren!«brullte der Fuhrer in den Tumult hinein.»Das ist nur eine kleine Panne, weiter nichts!«Er zog wieder den Schlussel aus der Tasche und steckte ihn in den Wandschlitz. Die Stahljalousien schoben sich in die Hohe.
Das Telefon klingelte. Der Fuhrer nahm ab.»Hier Hendrik. Nein, Chef. Ja. Wir lassen das so schnell wie moglich richten. Besten Dank.«
Eine Tur offnete sich, und Jeff trat ein, den Werkzeugkasten in der Hand und eine Schiebermutze auf dem Kopf.
«Was ist los? Man hat mir gesagt, hier gibt's Probleme.«
«Das Licht geht immer wieder aus«, erklarte der Fuhrer.»Ich hoffe, Sie kriegen das ganz schnell hin. «Er wandte sich den Touristen zu und lachelte verqualt.»Ja, meine Damen und Herren, und nun kommen Sie doch mit heruber zu diesen Vitrinen, wo sie sich schone Diamanten zu wirklich gunstigen Preisen aussuchen konnen.«
Die Touristenbewegten sich auf die Vitrinen zu. Jeff, der einen Moment unbeobachtet war, holte einen kleinen zylindrischen Gegenstand aus seinem Overall, betatigte den Abzug und warf das Ding hinter das Podest mit dem Glassturz. Esbegann zu qualmen und Funken zu spruhen.
Jeff rief dem Fuhrer zu:»He! Da haben wir's! In der Leitung untermBoden ist ein Kurzschlu?.«
Eine Touristin schrie:»Feuer!«
«Bitte!«brullte der Fuhrer.»Geraten Sie nicht in Panik. Das ist vollig unnotig. Bleiben Sie ganz ruhig. «Er wandte sich Jeff zu und zischte:»Dann reparieren Sie es doch, verdammt noch mal!«