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AMSTERDAM
Freitag, 22. August, 8 Uhr
Daniel Cooper und zwei Kriminalbeamtebefanden sich auf Horchposten undbelauschten Tracy und Jeffbeim Fruhstuck.
«Brotchen, Jeff? Kaffee?«
«Nein, danke.«
Daniel Cooper dachte: Das ist fur alle Zeiten ihr letztes gemeinsames Fruhstuck.
«Ichbin schon ganz aufgeregt. Und wei?t du auch, warum? Wegen unsererBootsfahrt.«
«Heute ist der gro?e Tag, und dubist schon ganz aufgeregt wegen unsererBootsfahrt! Wieso denn das?«
«Weil wir da ganz allein sind. Haltst du mich jetzt fur eine Spinnerin?«
«Das kann man wohl sagen. Aber dubist meine Spinnerin.«
«Ku?chen.«
Ein schmatzendes Gerausch.
Sie sollte wirklich nervoser sein, dachte Cooper. Ich will, da? sie nervos ist.
«Irgendwie gehe ich ungern von hier weg, Jeff.«
«Trag's mit Fassung, Liebling. Wir werden ja sicher nicht armer dadurch.«
Gelachter.»Da hast du allerdings recht.«
Um 9 Uhr platscherte das Gesprach immer noch munter dahin, und Cooper dachte: Schon langsam sollten sie sich auf den Weg machen. Und die Planung noch mal durchsprechen. Was ist mit Monty? Wo treffen sie sich mit dem?
Jeff sagte:»Liebling, bevor wir abreisen… erledigst du da
alles Notige mit dem Concierge oder wie das hier hei?t? Ich werde eine Menge zu tun haben.«
«Ja, naturlich. Der Concierge war einfach hinrei?end. Warum gibt es so was nicht auch in den Staaten?«
«Weil es eine europaische Spezialitat ist, nehme ich an. Wei?t du ubrigens, woher das Wort Concierge kommt?«
«Nein.«
«Konig Hugo von Frankreich hat irgendwann im Mittelalter ein Gefangnis in Paris errichten lassen und einen Adligen zum Gefangnisvorsteher eingesetzt. Er gabihm den Titel Comte de tierges, ›Graf der Kerzen‹. Daraus ist dann Concierge geworden. Spaterbezeichnete man jeden Gefangnisvorsteher oderBurgvogt als Concierge, und schlie?lich nannte man auch Pfortner und Hotelportiers so.«
Was reden die da fur einen Quatsch? dachte Cooper. Es ist 9 Uhr 30. Sie mussen jetzt gehen.
Tracys Stimme:»Dubrauchst mir nicht zu sagen, woher du das wei?t… du warst sicher mal mit einer schonen Concierge verbandelt.«
Eine fremde Frauenstimme:»Goede morgen, Mynheer, goede morgen, Mevrouw.«
Jeffs Stimme:»Eine schone Concierge, das ist ein Widerspruch in sich. Es gibt keine.«
Die fremde Frauenstimme, verwirrt:»Ikbegrijp het niet.«
Tracys Stimme:»Aber wenn es welche gabe, wurdest du sie sicher finden.«
«Was geht da unten vor, verdammt noch mal?«wollte Cooper wissen.
Diebeiden Kriminalbeamtenblickten verdutzt drein.»Keine Ahnung«, antwortete der eine.»Das Zimmermadchen hangt gerade am Telefon und spricht mit der Wirtschafterin. Sie wollte saubermachen, und sie sagt, da? sie das nichtbegreift — sie hort Stimmen, aber sie sieht niemand.«
«Was?«Cooper stand auf, jagte zur Tur, sturmte die Treppe
hinunter. Wenige Sekunden spater platzten er und diebeiden Kriminalbeamten in Tracys Zimmer. Es war leer, abgesehen von dem konfusen Zimmermadchen. Auf dem Couchtisch stand ein Tonbandgerat.
Jeffs Stimme:»Ich glaube, ich uberleg's mir anders mit dem Kaffee. Ist er noch warm?«
Tracys Stimme:»Mhm.«
Cooper und diebeiden Kriminalbeamtenblickten unglaubig drein.
«Ich… ichbegreife das nicht«, stotterte einer der Kriminalbeamten.
Cooperblaffte:»Sagen Sie mir den Notruf der Polizei.«
Der Kriminalbeamte tat es.
Cooper sturzte ans Telefon und wahlte.
Jeffs Stimme:»Die machen wirklich vielbesseren Kaffee als wir. Ich frage michblo?, wie.«
Cooper schrie ins Telefon:»Hier Daniel Cooper. Verstandigen Sie Kommissar van Duren. Sagen Sie ihm, da? Whitney und Stevens verschwunden sind. Er soll die Garage uberprufen und feststellen lassen, obder Wagen weg ist oder nicht. Ich fahre jetzt zurBank!«Er knallte den Horer auf die Gabel.
Tracys Stimme:»Hast du schon mal Kaffee mit Eierschalen drin gemacht? Das schmeckt…«
Cooper war schon aus der Tur.
Kommissar van Duren sagte:»Alles klar. Der Wagen ist nicht mehr in der Garage. Sie sind auf dem Weg hierher.«
Van Duren, Cooper und zwei Kriminalbeamte standen auf dem Dach eines Hauses gegenuber von der Amro?Bank, das der Polizei als Kommandoposten diente.
Der Kommissar fuhr fort:»Wahrscheinlich haben siebeschlossen, die Sachebeschleunigt durchzuziehen, als sie gemerkt haben, da? sie abgehort werden. Aber nur ruhigBlut,
mein Freund. Sehen Sie. «Er schobCooper auf ein Scherenfernrohr zu. Drunten auf der Stra?e polierte ein Mann in Hausmeisterkleidung das Messingschild derBank… ein Stra?enkehrer fegte den Rinnstein… ein Zeitungsverkaufer stand an der Ecke… drei Monteure waren mit Reparaturarbeitenbeschaftigt… Und alle hatten kleine Walkie?talkiesbei sich.
Van Duren sprach in sein Walkie?talkie.»Punkt A?«
Der Hausmeister sagte:»Ja, ich hore Sie, Kommissar.«
«PunktB?«
«Der Empfang istbestens, Kommissar. «Das war der Stra?enkehrer.
«Punkt C?«
Der Zeitungsverkauferblickte auf und nickte.
«Punkt D?«
Die Monteure unterbrachen ihre Arbeit, und einer von ihnen sprach in sein Walkie?talkie.»Wir sind einsatzbereit, Kommissar.«
Van Duren wandte sich Cooper zu.»KeineBange. Das Gold ist noch in derBank. Whitney und Stevens kommen da nur ran, wenn sie es sich holen. Und in dem Moment, in dem sie dieBankbetreten, wird die Stra?e anbeiden Enden abgesperrt. Sie konnen uns nicht entwischen. «Er warf einenBlick auf seine Armbanduhr.»Der Wagen mu?te jeden Moment eintreffen.«
In derBank wuchs die Spannung von Sekunde zu Sekunde. Die Angestellten waren informiert worden und hatten Weisung erhalten, bei der Verladung des Goldsbehilflich zu sein und es auch sonst nicht an Kooperationsbereitschaft mangeln zu lassen.
Die verkleideten Kriminalbeamten vor derBank taten weiter ihre Arbeit und uberwachten dabei die Stra?e.
Auf dem Dach fragte Kommissar van Duren zum zehnten
Mal:»Schon irgendwo eine Spur von diesem verdammten Wagen?«
«Nein.«
Der Assistent Witkamp schaute auf seine Uhr.»Sie haben dreizehn Minuten Verspatung. Wenn sie…«
Es krachzte im Walkie?talkie.»Kommissar! Eben ist der Wagen in Sicht gekommen! Er fahrt gerade uber die Rozengracht, in RichtungBank. Sie mu?ten ihn in einer knappen Minute vom Dach aus erkennen konnen.«
Die Luft war plotzlich elektrisch geladen.
Kommissar van Duren sprach schnellfeuerartig in sein Walkie?talkie:»Achtung, Achtung. Die Fische nahern sich dem Netz. Lassen Sie sie reinschwimmen.«