geleitet, zogen die beiden ihre Waffen und verlangten, daß sich alle im Hause befindlichen Personen im Wohnzimmer einzufinden hätten. Unter vorgehaltenen Pistolen wurden die Kingsleys gefesselt und mußten mit anschauen, wie ihre Haushälterin und ihr Butler erschossen wurden. Die beiden Leichen wurden in den Garten geschafft.

Jetzt lagen Vater, Mutter und Sohn gefesselt und geknebelt in ihrem eigenen Wohnzimmer. Sie konnten hören, wie Carter und Flack in anderen Teilen des Hauses auf der Suche nach Wertgegenständen Schränke und Schubladen öffneten. Im Salon lief der Fernseher, den Carter und Flack während einer Bürgerschutz-Nachrichtensendung eingeschaltet hatten. Mit schreckgeweiteten Augen verrenkten sich die Gefangenen, um auf den Bildschirm zu schauen. Man sah Reverend Michaels, der erläuterte, warum er und seine Leute glaubten, daß die Toten gepfählt werden müßten.

»Gott allein hat Macht über Leben und Tod. Er hat uns versprochen, uns am Tag des Jüngsten Gerichts zu sich zu rufen. Das vorzeitige Auferstehen der Toten ist ein Werk Satans, der Gottes Allmacht herausfordert und die Menschheit für ihre Sünden und ihre Schwächen bestraft. Wir sind es, die Gott verraten haben und die dem Teufel diese böse Macht über Ihn gegeben haben. Wir sind es, die Reue zeigen und dem Herrn Kraft und Glorie zurückgeben müssen. Wir sind Fleisch von seinem Fleisch, und da wir schwach gewesen sind, haben wir Ihn geschwächt...«

Die Sendung ging weiter, und die Worte von Reverend Michaels drangen tief ins Bewußtsein und die Herzen der Gefangenen auf dem Fußboden und erfüllten sie mit Angst und Schrecken über ihr drohendes Schicksal.

Dave Benton schaltete den Motor von Henry Dorseys Wagen ab, stieg aus und machte leise die Tür zu. Er hatte um jeden Kilometer gebetet, den der Klapperkasten, den er steuerte, noch durchhalten würde. Aber die Batterie schien in recht gutem Zustand zu sein, und er hoffte, er hätte noch genug Benzin, um von hier fortzukommen, falls ein eiliger Abgang erforderlich wäre. Er konnte sich nicht darauf verlassen, sich Carters Laster oder ein Fahrzeug aus Kingsleys Wagenpark zu schnappen, und dieser klapprige Schrotthaufen war alles, was er hatte.

Dave schaute sich um. Er befand sich am Ende der langen Zufahrt, etwa vierhundert Meter von der Villa der Kingsleys entfernt. Mit Axt und Messer bewaffnet hatte er die Absicht, sich von hier aus zu nähern. Er vermied den Kies des Zufahrtswegs und hielt sich im Schatten der in regelmäßigen Abständen gepflanzten Ahornbäume. Zwei Reihen von ihnen standen den Weg entlang und sorgten für undurchbrochenen Sichtschutz. Aber eine Biegung in der Zufahrt erlaubte Dave nur, eine Ecke von Carters Lastwagen zu sehen, der in der Nähe des Anwesens geparkt war. Das Haus sah still aus, und er konnte kein Zeichen von Carter oder Flack oder den Mädchen entdecken. Auch schien niemand draußen Wache zu halten. Die beiden Verbrecher mußten sich ihrer Sache ziemlich sicher sein, dachte er. Schnell und vorsichtig schlich er weiter und blieb dabei, wo immer es möglich war, in Deckung. Dann schlüpfte er unter den Bäumen hervor und duckte sich hinter einen großen Busch, von wo aus er einen besseren Überblick über den ausgedehnten Vorgarten mit gepflegtem Rasen und sorgfältig gestutzten Stauden hatte. Auf dem Rasen waren Leichenfresser, mindestens ein halbes Dutzend, die in kleinen Gruppen umeinanderdrängten, als würden sie Mut sammeln, um das Haus anzugreifen. Dave wich hinter seinen Busch zurück, und ein Schauder lief ihm über den Rücken. Einer der Leichenfresser hatte eine Art Uniform an. Vielleicht war es Carter. Vielleicht war er bei dem Versuch, in den Besitz der Kingsleys einzudringen, ums Leben gekommen. Aber nein - das war keine Polizeiuniform. Es sah eher aus wie die Uniform einer Art von Wachpersonal -und plötzlich ging Dave ein Licht auf und er begriff, daß es vermutlich ein Wächter war, der von Carter und Flack ermordet worden war, als sie das Haus angriffen. Schritte im Kies der Auffahrt ließen Dave herumfahren. Ein wandelnder Toter, der sich unter Mühen vorwärts bewegte, kam über den Fahrweg auf ihn zu. Er trug ebenfalls eine Uniform des Wachpersonals. Er war von einem Gewehrschuß getötet worden, der einen Teil seiner Brust und ein Kinn weggefetzt und die Vorderseite seiner Uniform zu einem blutigen Mischmasch von zerrissenem Stoff und zermatschtem Fleisch gemacht hatte. Ein Rest des Unterkieferknochens mit ein paar Zähnen baumelte nutzlos unter dem Oberkiefer, und doch wurde das Ding von unermeßlicher Gier nach frischem Menschenfleisch getrieben. Blindlings steuerte es auf Dave zu. Sein Gesicht war grauenvoll blutleer und weiß, die Augen quollen ihm aus den Augenhöhlen - ein Effekt, der von der Wucht des Schusses herrührte, der ihn in einen der lebendigen Toten verwandelt hatte.

Terror packte Dave in jeder Zelle seines Leibes, während er sich auf den Angriff des Monsters vorbereitete. Er wußte, daß er es irgendwie überwältigen mußte, ohne daß der Kampf irgend jemandes Aufmerksamkeit erregte, ohne daß die anderen Leichenfresser auf dem Rasen oder die Menschen im Haus der Kingsleys etwas davon merkten. Es blieben Dave nur noch Sekunden, um sich zu wappnen. Die tote Kreatur kam langsam, aber stetig auf ihn zu. Ihre Lungen röchelten und stöhnten gespenstisch zur Untermalung ihrer schwerfälligen Bewegungen. Dave hielt stand und zwang sich, zu warten, bis das Geschöpf ihn fast erreicht hatte und schon die knochige Hand nach seiner Kehle ausstreckte. Dann schwang Dave die Axt mit aller ihm zur Verfügung stehenden Kraft und spaltete ihm den toten Schädel. Mit aufspritzender Gehirnmasse und einem letzten Stöhnen sackte das tote Ding zu Boden und rührte sich nicht mehr. Der Hieb mit der Axt war kräftig und wirkungsvoll gewesen und hatte die Gehirnzentren des teuflischen Humanoiden zerstört. Dave brauchte nur einen Blick darauf zu werfen, um zu erkennen, daß dieser hier nicht wieder aufstehen würde. Dann überprüfte er fieberhaft die Umgebung. Die Gruppe von Humanoiden auf dem Rasen stand noch immer an der gleichen Stelle und war nicht auf ihn aufmerksam geworden. Es benötigte offensichtlich ziemlich viel Krach, um ihre toten Ohren zu alarmieren. Trotz seiner
Furcht fühlte Dave eine winzige Welle von Erleichterung. Er duckte sich hinter den Busch und spähte zu dem Haus hinüber. Dann sah er seine blutverschmierte Axt, bückte sich und wischte sie im Gras sauber.

In diesem Augenblick splitterte die Scheibe eines der Erdgeschoßfenster mit lautem Krach, ein Gewehrlauf ragte heraus und der Mann hinter dem Fenster fing an zu schießen. Flack hatte die Geräusche von Daves Kampf mit dem angreifenden Leichenfresser gehört, das Stöhnen und das Krachen von Metall auf Knochen. Flack feuerte fünf oder sechs Schuß auf die Gruppe von wandelnden Toten auf dem Rasen, aber er erzielte nicht viele gute Treffer. Die Entfernung war zu groß. Flack erwischte einen an der Brust und traf ihn schwer genug, um einen Menschen umzulegen, aber der Getroffene wälzte sich nur herum, rappelte sich auf die Füße und stand wieder auf. Flack gab es auf. Dave beobachtete aus seinem Versteck hinter dem Busch, wie der Gewehrlauf aus dem Fenster verschwand. Er war einigermaßen sicher, daß Flack ihn nicht entdeckt hatte und daß er nur von dem Geräusch ans Fenster gelockt worden war und die Gruppe auf dem Rasen gesehen hatte.

Im Schutz der Ahornbäume arbeitete Dave sich näher an das Haus heran. Nachdem er ungefähr zwanzig Meter zurückgelegt hatte, ließ ein Geräusch ihn zusammenschrecken. Er blieb wie angewurzelt stehen und schaute hinter einem Baumstamm hervor.

Die Eingangstür wurde entriegelt, die Tür ging auf, und die Familie Kingsley, gefesselt und mit verstopften Mündern, kam, von Flacks Gewehr getrieben, humpelnd heraus. Grinsend trat Flack hinter ihnen her über die Schwelle. Er hatte die Seile, mit denen sie an die Möbelstücke gebunden worden waren, benutzt, um sie so aneinander zu fesseln, daß sie nur laufen konnten, wenn sie gleichzeitig die Füße hoben und aufsetzten. Flack lachte, als der Junge umfiel und seine Eltern mitriß. Er stieß sie mit dem Gewehrlauf an, während sie sich mühsam wieder aufrappelten. Er trieb sie die Eingangsstufen hinunter in die Mitte des Rasens. In einiger Entfernung stand eine Gruppe von wandelnden Leichen und wartete. »Na los«, spöttelte Flack. »Nun lauft mal schön. Wir machen einen hübschen, kleinen Spaziergang.« Sein Grinsen wurde noch breiter, nachdem er sich umgeschaut und vergewissert hatte, daß sich keiner an ihn heranschlich. Dave mußte die grausige Szene mitansehen, ohne irgend etwas tun zu können, um sie zu verhindern. Er war zu weit weg, um sich auf Flack zu werfen. Wenn er es versuchte, würde Flack ihn einfach abknallen, oder die fleischgierigen Leichenfresser würden sich auf ihn stürzen. Er wußte, daß Flack vorhatte, die Familie Kingsley zu ermorden, indem er sie einfach den Leichenfressern überließ; oder, so hoffte er, Flack wollte vielleicht mit dieser entsetzlichen Drohung nur Informationen aus ihnen herauspressen. Aber in beiden Fällen konnte Dave nichts dagegen unternehmen. Er war selbst viel zu verwundbar und

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