Und ein furchtbarer Schlag erscholl.

Krachend, schmetternd stürzte die Cäsarstatue in vielen Trümmern auf den Mosaikboden. Goldstücke, Kästchen, Kapseln rollten umher.

«Ah, der Barbar!» schrie Cethegus außer sich.

Und alles vergessend wollte er mit dem Schwert in das Schreibgemach stürmen. Da fiel er bewußtlos auf das Antlitz nieder zu Füßen der Jupiterstatue.

«Horch, was war das?» fragte eine Knabenstimme.

«Die Stimme des Präfekten!» rief Teja und riß die Türe auf, die das Schreibgemach von dem Zeussaal trennte.

Mit dem Brande vorleuchtend und hoch die Streitaxt schwingend sprang er in den Saal.

Aber der Saal war leer.

Eine Blutlache lag zu den Füßen des Jupiter, und eine breite Blutspur führte von da an das Fenster, das in den Hofraum blickte.

Auch der Hof war leer.

Nacheilende Goten aber fanden die kleine Hofpforte geschlossen, und zwar von außen. Der Schlüssel steckte auf der Straßenseite im Schloß.

Als man mit Mühe - nach langer Arbeit - auch diese Tür gesprengt - gleichzeitig fast hatten andre Goten, aus dem Hauptausgang auf die Straße und um die Ecke des Hauses eilend, die schmale Seitengasse erreicht - und die Gasse mit deren Gebäuden absuchte, fand man nur an der Ecke das Schwert des Präfekten, das Fidus, der Schreibsklave, erkannte.

Finster blickend nahm es Teja und kehrte in das Schreibgemach zurück. «Lest alles sorgsam auf, was des Präfekten Götzenstatue barg. Hört ihr, alles. Schreibereien zumal, und bringt sie dem König - wo ist der König?»

«Aus dem Kapitol zog er mit Römern und Goten in die Kapelle Sankt Peters, dort mit allem Volk das Dankgebet zu sprechen.»

«Gut, sucht ihn in der Kirche und bringt ihm alles. Dazu des Entflohenen Schwert. Sagt: Teja schickt ihm das.» «Soll geschehn. Du aber - gehst du nicht mit zum König und in die Kirche?»

«Nein.»

«Wo verbringst du die Siegesnacht und feierst den Dankgottesdienst?»

«Auf den Trümmern dieses Hauses!» sprach Teja.

Und er stieß den Brand in die Purpurteppiche des Lagers.

8. Buch

Totila - Zweite Abteilung

Erstes Kapitel

Und fortan hielt König Totila Hof zu Rom herrlich und in Freuden. Des Krieges schwerste Aufgabe schien getan. Nach dem Falle von Rom öffneten die meisten kleinen Festungen an der Küste oder im Gebirge des Apennin die Tore, nur wenige mußten belagert und erobert werden. Dazu sandte der König seine Feldherrn aus: Teja, Guntharis, Grippa, Markja, Aligern, während er selbst zu Rom die schwere, die staatsmännische Aufgabe übernahm, das durch langjährigen Krieg und Aufstand zerrüttete Reich zu beruhigen, neu zu ordnen, beinahe neu zu gründen.

In alle Landschaften und Städte schickte er seine Herzoge und Grafen, in allen Gebieten des Staatslebens des Königs Gedanken auszuführen: zumal auch die Italier zu schützen wider die Rachsucht der siegreichen Goten. Denn er hatte eine allumfassende Verzeihung vom Kapitol herab verkündet, mit Ausnahme eines einzigen Hauptes: des Expräfekten Cornelius Cethegus Cäsarius.

Überall ließ er die zerstörten Kirchen, der Katholiken wie der Arianer, wieder herstellen, überall die Grundbesitzverhältnisse prüfen, die Steuern neu verteilen und herabsetzen.

Die segensreichen Früchte dieser Mühen blieben nicht aus. Schon seitdem Totila die Krone aufgesetzt und seinen ersten Aufruf erlassen, hatten die Italier in allen Landschaften die lang versäumte Feldarbeit wieder aufgenommen. Überall waren die gotischen Krieger angewiesen, sich jeder Störung hierin zu enthalten, Störungen durch die Byzantiner nach Kräften abzuwehren. Und eine wundersame Fruchtbarkeit der Gefilde, ein Herbstsegen an Getreide, Wein und Ö1, wie seit Menschenaltern unerhört, schien sichtbarlich die Gnade des Himmels für den jungen König zu bezeugen.

Die Kunde von der Einnahme von Neapolis und Rom durchflog das staunende Abendland, das bereits das Gotenreich in Italien als erloschen betrachtet hatte.

Mit dankbarer Bewunderung erzählten die Kaufleute, die der kräftige Rechtsschutz, die Sicherung der Landstraßen durch umherziehende Sajonen und Reitergeschwader, der See durch die immer wachsame Flotte der Goten wieder in die verödeten Städte und Häfen der Halbinsel zog, von der Gerechtigkeit und Milde des königlichen Jünglings, von dem Flor seines Reiches, von dem Glanz seines Hofes zu Rom, wo er die aus Flucht und Empörung zurückkehrenden Senatoren um sich versammelte und dem Volke reiche Spendungen und schimmervolle Zirkusfeste gab.

Die Könige der Franken erkannten den Umschlag der Dinge, sie schickten Geschenke: - Totila wies sie zurück, sie schickten Gesandte: Totila ließ sie nicht vor. Der König der Westgoten bot ihm offen Waffenbündnis gegen Byzanz und die Hand seiner Tochter; die awarischen und sclavenischen Räuber an der Ostgrenze wurden gezüchtigt: mit Ausnahme der wenigen noch belagerten Plätze, Ravenna, Perusium und einigen kleinen Kastellen, waltete Friede und Ruhe im ganzen Gotenreich, wie nur in den goldensten Tagen von Theoderichs Regiment.

Dabei verlor aber der König die Weisheit der Mäßigung nicht. Er erkannte, trotz seiner Siege, die drohende Überlegenheit des oströmischen Reiches und suchte ernstlich Frieden mit dem Kaiser. Er beschloß, eine Gesandtschaft nach Byzanz zu schicken, die den Frieden auf Grund von Anerkennung des gotischen Besitzstandes in Italien anbieten sollte; auf Sizilien, wo kein Gote mehr weilte, - nie waren die gotischen Siedlungen auf dem Eiland zahlreich gewesen - wollte er verzichten; ebenso auf die von den Byzantinern besetzten Teile von Dalmatien, dagegen sollte der Kaiser vor allem Ravenna räumen, das keine Kunst oder Ausdauer der gotischen Belagerer zu gewinnen vermocht hatte.

Als den geeignetsten Träger dieser Sendung des Friedens und der Versöhnung faßte der König den Mann ins Auge, der durch Ansehen und Würde der Person, durch hohen Ruhm der Weisheit auch im Ostreich getragen, durch Liebe zu Italien und den Goten ausgezeichnet war - den ehrwürdigen Cassiodor.

Obwohl sich der fromme Greis seit Jahren von den Staatsgeschäften zurückgezogen hatte, gelang es der Beredsamkeit des jungen Königs, ihn zu bewegen, für jenen hohen, gottgefälligen Zweck die Einsamkeit seiner Klosterstiftung zu verlassen und die Mühen und Gefahren einer Reise nach Byzanz zu unternehmen. Jedoch unmöglich konnte er dem alten Mann die Last einer solchen Sendung allein aufbürden: er suchte nach einem jugendkräftigen Gefährten

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