von feinstem sidonischem Linnen mit weichen Purpurfransen.
«Oh», rief Massurius, ein junger Kaufmann, der vornehmlich mit schönen Sklaven und Sklavinnen handelte und in dem zweideutigen Ruhme stand, der feinste Kenner solcher Ware zu sein, «das weichste Handtuch ist ein schönes Haar» - und er fuhr dem eben neben ihm knienden Ganymed durch die Locken. «Aber, Kallistratos, jene Flöten sind hoffentlich weiblichen Geschlechts - auf mit dem Vorhang - laß die Mädchen ein.»
«Noch nicht», befahl Cethegus. «Erst trinken, dann küssen. Ohne Bacchus und Ceres, du weißt -»
«Friert Venus, nicht Massurius.»
Da erscholl aus dem Seitengemach der Klang von Lyra und Kithara, und ein trat ein Zug von acht Jünglingen in goldgrün schillernden Seidengewändern, worauf der «Anrichter» und der «Zerleger»: die sechs andern trugen Schüsseln auf dem Haupt: sie zogen im Taktschritt an den Gästen vorüber und machten vor dem Anrichttisch von Citrus halt. Während sie hier beschäftigt, waren, erklangen vom Mittelgrunde her Kastagnetten und Zimbeln, die großen Doppeltüren drehten sich um ihre erzschimmernden Säulenpfosten, und ein Schwarm von Sklaven in der schönen Tracht korintischer Epheben strömte herein. Die einen reichten Brot in zierlich durchbrochenen Bronzekörben, andre verscheuchten die Mücken mit breiten Fächern von Straußenfedern und Palmblättern, einige gossen Ö1 in die Wandlampen aus doppelhenkeligen Krügen mit anmutvollen Bewegung, indes etliche mit zierlichen Besen von ägyptischem Schilf von dem Mosaikboden die Brosamen fegten und die übrigen Ganymed die Becher füllen halfen, die jetzt schon eifrig kreisten.
Damit stieg denn die Raschheit, die Wärme des Gesprächs, und Cethegus, der, wie überlegen nüchtern er blieb, völlig im Moment versunken schien, bezauberte durch seine Jugendlichkeit die Jünglinge.
«Wie ist's», fragte der Hausherr, «wollen wir würfeln zwischen den Schüsseln? Dort neben Piso steht der Würfelbecher.» - «Nun, Massurius», meinte Cethegus mit einem spöttischen Blick auf den Sklavenhändler, «Willst du wieder einmal dein Glück wider mich versuchen? Willst du wetten gegen mich? Gib ihm den Becher, Syphax!» winkte er dem Mauren.
«Merkur soll mich bewahren!» antwortete Massurius in komischem Schreck. «Laßt euch nicht ein mit dem Präfekten -er hat das Glück seines Ahnherrn Julius Cäsar geerbt.»
«Omen accipio!» lachte Cethegus, «das nehm' ich an, mitsamt dem Dolch des Brutus.»
«Ich sag' euch, er ist ein Zauberer! Erst jüngst hat er eine ungewinnbare Wette gegen mich gewonnen an diesem braunen Dämon. -» Und er wollte dem Sklaven eine Feige ins Gesicht werfen: aber dieser fing sie behende mit den glänzend weißen Zähnen und verzehrte sie mit ruhigem Behagen.
«Gut, Syphax», lobte Cethegus, «Rosen aus den Dornen der Feinde! Du kannst ein Gaukler werden, sobald ich dich
freilasse.»
«Syphax will nicht frei sein, er will dein Syphax sein und dein Leben retten wie du seins.»
«Was ist das - dein Leben?» fragte Lucius Licinius mit erschrockenem Blick. - «Hast du ihn begnadigt?» fragte Marcus.
«Mehr, ich hab' ihn losgekauft.»
«Ja, mit meinem Gelde!» brummte Massurius.
«Du weißt, ich hab' ihm dein verwettet Geld sofort als Peculium geschenkt.»
«Was ist das mit der Wette? Erzähle, vielleicht ein Stoff für meine Epigramme», fragte Piso.
«Laßt den Mauren selbst erzählen - sprich, Syphax, du darfst.»
Neuntes Kapitel
Ohne Zögern trat der junge Sklave in das von den Tischen gebildete Hufeisen, den Rücken zur Türe gewandt. Sein funkelndes Auge überflog rasch die Versammlung und haftete dann mit Glut an seinem Herrn: alle bewunderten die jugendliche Kraft und Schönheit der schlanken Glieder, deren tiefes Braun nur um die Hüften ein kostbarer Schurz von Scharlach verhüllte.
«Leicht ist erzählt, was schwere Schmerzen barg. Ich bin daheim im Lieblingsland der Sonne; wo hundert Palmen die immer grüne Oase beschatten, außer uns nur dem Löwen bekannt und dem fleckigen Panther. Aber in einer götterverlassenen Nacht, da fand der Feind unser altes Versteck. Vandalische Reiter waren's und keine Rettung. Rot und schwarz stieg der Rauch unsrer Zelte durch die Zedernwipfel hinan, kreischend flohen die Weiber und Kinder. Da traf mich ein sausender Speer.
Ich erwachte gebunden im Sklavenraum eines Griechenschiffs, das uns gekauft, mich und viele Männer und Weiber meines Stammes: ich hatte nichts gerettet als meinen Gott, den weißen Schlangenkönig, ich trug ihn im Gürtel geborgen. Sie brachten uns nach Rom, da kaufte mich einer, dessen Namen verflucht sei.»
«'s ist unser Freund Calpurnius», unterbrach Cethegus.
«Und kein Stern soll ihm leuchten auf nächtlicher Fahrt, er soll verdursten im heißen Sand», knirschte der Maure mit aufloderndem Haß. «Er schlug mich oft um nichts und ließ mich hungern. Ich schwieg und betete zu meinem Gott um Rache. Er zürnte, daß ich so ruhig seine Wut ertrug.
Er wußte nicht, daß Syphax seinen Gott bei sich trug in Gestalt einer Schlange. Da trat er eines Morgens an mein Lager und fand sie um meinen Hals geringelt. Er erschrak: ich sagte ihm, seine Zähne seien nicht tödlich, aber seine Rache. Da ergrimmte er, schlug nach mir und sagte: <Töte den Wurm!> Umsonst flehte ich und wand mich auf den Knien vor ihm. Er schlug mich und schlug nach dem Gott: und als ich den deckte mit meinem Leibe, schrie er noch wilder: <Töte das Tier.> Wie konnt' ich gehorchen! Da rief er seine Sklaven und befahl: <Nehmt ihm die Bestie und kocht sie lebendig. Er soll seinen Gott fressen!> Ich erschrak zum Tode über diesen Frevel. Und sie griffen mich und haschten nach der Schlange. Aber der Gott gab mir die Kraft der Wut, die da gleich ist der Kraft des pfeilwunden Tigers, und ich sprang unter sie mit gellendem Schrei.
Nieder schlug ich den Verfluchten mit dieser Faust und gewann die Türe des Hauses und sprang hinaus ins Freie und dreißig Sklaven hinter mir drein. Da galt es das Leben.»
Die Gäste lauschten gespannt, selbst Balbus setzte den Becher ab, den er eben zu Munde führte.
«Ich laufe nicht schlecht: oft haben wir, drei Vettern und ich, die windschnelle Antilope müde gejagt. Und die Sklaven waren langsam und schwer.
Aber sie kannten die Stadt und ihre Straßen und ich nicht. So war es ein ungleich Spiel. Die Verfolger teilten sich in Scharen von drei, vier Mann und gewannen mir durch Seitengassen und Durchgänge den Weg ab.
Zum Glück hatte ich im Vorbeirennen an einer Schmiede einen schweren Feuerhaken errafft: zwei-, dreimal braucht' ich ihn, die Verfolger zu scheuchen, zu treffen, die mir plötzlich von vorn entgegenkamen. Ich fühlte aber, lange konnte das nicht mehr dauern: wie rasch ich war, wie langsam sie, zuletzt mußte ich doch erliegen.
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