»Gut gemacht«, sagte sie, knapp wie immer. »Eine Krise erledigt, und so viele sind noch ubrig.«

»Fur die Familie lauft also alles wie immer«, sagte ich.

»So ziemlich.« Sie sah mich nachdenklich an. »Wenn du einverstanden bist, bin ich bereit, das tagliche Geschaft der Familie zu leiten, was dir Zeit lasst, um die Politik auszurichten und strategische Entscheidungen zu treffen. Du warst immer noch verantwortlich, aber es gabe auch eine Menge, das ich fur die Familie tun kann.«

»Naturlich gibt es das«, sagte ich. »Ich kann deine Erfahrung gut gebrauchen. Aber ich plane nicht, die Dinge fur immer zu leiten. Ich habe kein Verlangen danach, Patriarch zu sein. Je eher ich eine Art demokratisches System in der Familie etabliere, damit wir unsere Fuhrer wahlen konnen, desto eher kann ich wieder Frontagent werden. Wo ich hingehore.«

Die Matriarchin zuckte mit den Achseln. »Die Familie hat so ziemlich alles ausprobiert, wie man am besten mit den Dingen fertig wird, aber wir sind immer auf die Matriarchin zuruckgekommen. Weil das funktioniert. Aber du hast dir das Recht verdient, deine eigenen kleinen Experimente mit der Demokratie zu machen.«

»Danke Gro?mutter«, sagte ich trocken. »Ist dir klar, dass ich die ganze Zeit Leute auf dich ansetzen werde, die dich fur den Fall der Falle beobachten werden?«

»Aber naturlich«, sagte sie. »Ich erwarte nichts anderes.« Sie machte eine Pause und sah uber die gro?e Menge tanzender Paare, die sich im Ballsaal tummelten. »Ich vermisse Cyril. Er war als Junge ein so guter Tanzer.«

»Er?«, fragte ich. »Der Seneschall? Der Mann war ein Schlager und ein Tyrann!«

»Das war nur sein Job«, sagte die Matriarchin. »Cyril war immer so viel mehr als das. Er war so ein vielversprechender Schuler … Sag mir, Eddie, dass er gut gestorben ist.«

»Ja«, sagte ich. »Er starb gut. Er stand gegen eine Ubermacht, so dass wir anderen davonkommen konnten. Er hat der Familie Ehre gemacht.«

»Naturlich«, sagte die Matriarchin. »Ich habe nichts anderes erwartet. Wir werden so bald wie moglich einen neuen Seneschall ernennen mussen. Er reprasentiert Disziplin und Hingabe an die Familie.« Sie sah mich streng an. »Aber was im Namen Gottes hast du dir dabei gedacht, einen Halbelben ins Herrenhaus zu bringen? Jetzt hat der Elbenrat einen eigenen goldenen Torques! Du musst ihn zuruckholen, Edwin!«

»Das steht auf meiner To-do-Liste ganz oben«, sagte ich.

»Gut«, sagte die Matriarchin. Sie erlaubte sich ein halbes Lacheln. »Du hast dich gut geschlagen, Enkel. Du hast erreicht, wozu du aufgebrochen bist und hast die Macht der Droods in der Welt wiederhergestellt, indem du die Abscheulichen ein fur alle Mal ausgeschaltet und gleichzeitig die Welt gerettet hast. Du hast die Familienehre wiederhergestellt und unseren Wert in den Augen derer, die eine Rolle spielen, bewiesen. Weiter so.«

Und weg war sie, um sich weiter in der Familie zu zeigen und sicherzugehen, dass niemand zu viel Spa? hatte.

Harry und Roger kamen vorbei und sprachen leise, aber angeregt miteinander. Molly und ich schlichen hinterher und lauschten schamlos.

»Was meinst du damit, du wurdest geschickt, um mich zu verfuhren?«, fragte Harry.

»Was ich sagte«, erwiderte Roger geduldig. »Ich wurde in diesem Pariser Nachtclub platziert, um dich mit meinem Charme einzuwickeln. Die Idee bestand darin, dass wenn wir ein Paar wurden, du mich hierher bringen wurdest, um die Familie zu treffen und dann hatte die Holle ihren eigenen Agenten und Informanten hier. Mitten im Herzen der Droods. Die schiere Anzahl an Informationen, die ich hatte weitergeben konnen, all die Jahre …! Die Holle denkt da immer gern langfristig.«

»Aber … du hast dein Leben riskiert, um meins zu retten, indem du die Seelenkanone abgewehrt hast!«, sagte Harry.

»Ja«, antwortete Roger. »Naja, scheint, als hatte auch eine Hollenbrut mal frei. Entspann dich, Su?er. Ich sage dir das nur, um dir zu zeigen, wie sehr ich dir vertraue. Die Dinge zwischen uns haben sich geandert. Eine geturkte Beziehung hat sich als echt erwiesen, sehr zu meiner Uberraschung. Wer hatte auch ahnen konnen, dass eine Hollenbrut der Liebe fahig ware?«

»Ja«, meinte Harry. »Wer hatte das geahnt.«

Sie gingen Arm in Arm weiter und Molly und ich lie?en sie gehen.

»Ich glaube, ich bin beleidigt«, sagte sie. »Er und ich waren Monate zusammen und in mich hat er sich nicht verliebt.«

»Er war dich nicht wert«, sagte ich.

»Oh, naturlich«, erwiderte sie. »Das versteht sich von selbst.«

Wir sahen uber die versammelte Familie, die den ganzen Ballsaal von Wand zu Wand fullte, der vor Frohlichkeit und Feierlaune vibrierte.

»Wenigstens ist jetzt alles vorbei«, sagte Molly.

»Das wei?t du besser«, erwiderte ich. »Es ist nie vorbei. Deshalb sind die Droods so notig. Menschen sind sterblich, aber Damonen wird es immer geben.«

»Lass uns hier verschwinden«, sagte Molly. »Wieder ins Bett.«

»Bist du mude?«

»Nein«, grinste sie.

»Na prima«, antwortete ich. »Ich glaube, die kommen hier ohne uns aus. Lass uns gehen. Ich muss dir was zeigen.«

»Na, das hoffe ich doch«, sagte Molly.

Als wir wieder in meinem Zimmer waren, oben im Herrenhaus, hatte ich meine Uberraschung bereits installiert: Merlins Spiegel, aufrecht und an einem Ort am hinteren Ende des Zimmers platziert. Ich sprach die Worte. Unsere Spiegelbilder verschwanden und wurden von einem Portal in den Wilden Wald ersetzt, der Mollys Zuhause war. Sie schnappte nach Luft und klatschte entzuckt in die Hande. Dann umarmte sie mich leidenschaftlich.

»Ein permanentes Portal«, sagte ich. »Eine direkte Verbindung zwischen meinem Raum und deinem geliebten Wald, damit du kommen und gehen kannst, wie es dir gefallt und niemals weiter als eine Tur von mir entfernt bist. Das Beste aus beiden Welten. Wenn es das ist, was du willst …«

»Oh, ich will es«, sagte Molly und schubste mich aufs Bett. »Ich will es.«

Uber den Autor

New-York-Times-Bestsellerautor Simon R. Green hat an der University of Leicester Literatur und Geschichte studiert. Er schreibt fur Film und Fernsehen ebenso wie furs Theater, wo er ab und an sogar die Buhne als Schauspieler betritt. Den deutschen Lesern ist Green durch die erfolgreiche SF- Serie Todtsteltzer bekannt. Green lebt derzeit in England.

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