Arina war weg. Nur eine vage Silhouette neben dem Schrank ließ sich erkennen, ein geisterhafter, schneller Schatten… Die Hexe war in die dritte Schicht des
Praktisch hatte ich das noch nie ausprobiert. Für einen Magier zweiten Grades bedeutet das eine unsagbare Anspannung der Kräfte.
Doch ich war zu wütend auf die durchtriebene Hexe. Sie hatte versucht, mich zu verzaubern, zu bezirzen… die alte Vettel!
Ich stand an dem dunklen Fenster und fing die Funken Licht ein, die in die zweite
Das war das Schwierigste: ihn zu bemerken. Danach gehorchte der Schatten, schoss zu mir hoch und gab mir den Weg frei. Ich trat in die dritte Schicht des
In die Analogie des Hauses, errichtet aus Baumzweigen und dicken Stämmen.
Hier gab es keine Bücher, keine Möbel mehr. Nur ein Nest aus Zweigen.
Und Arina, die mir gegenüberstand. Wie alt sie war!
Wenn auch nicht bucklig wie die Hexe Baba-Jaga aus dem Märchen. Sondern immer noch schlank und hochgewachsen. Ihre Haut war jedoch faltig wie Baumrinde, die Augen lagen tief in den Höhlen. Sie trug nicht mehr als einen schmutzigen Kittel aus Sackleinen. Wie leere Säcke hingen die welken Brüste in dem tiefen Ausschnitt des Kittels. Außerdem war sie kahl, nur eine Strähne ragte wie bei den Wirbeln von Indern auf ihrem Schädel auf.
»Die Nachtwache!«, wiederholte ich. Die Worte krochen wiederwillig, langsam aus meinem Mund. »Kommen Sie aus dem
Was wollte ich ihr, die so leicht in die dritte Schicht der
Doch sie leistete nicht länger Widerstand. Sondern kam auf mich zu - und verschwand.
Mühevoll kehrte ich in die zweite Schicht zurück. Normalerweise ist es leichter, aus dem
Arina wartete in der zweiten Schicht auf mich. Sie hatte ihr bisheriges Aussehen bereits wieder angenommen. Mit einem Nicken ging sie weiter, der normalen, gemütlichen und ruhigen Welt der Menschen entgegen…
In kalten Schweiß gebadet, brauchte ich zwei Versuche, um meinen Schatten aufzuheben, bevor mir das endlich gelang.
Drei
Arina saß auf einem Stuhl, die Hände bescheiden auf die Knie gelegt. Sie lächelte nicht mehr, sondern war der Inbegriff des Gehorsams selbst.
»Können wir in Zukunft vielleicht auf diese Tricks verzichten, ja?«, wollte ich wissen, als ich in die reale Welt zurückkam. Mein Rücken war klatschnass, meine Beine zitterten leicht. »Kann ich diese Gestalt behalten, Wächter?«, fragte Arina leise.
»Wozu?«Diese kleine Rache konnte ich mir nicht verkneifen. »Ich habe Ihre echte Gestalt doch sowieso schon gesehen.«
»Wer entscheidet, was in dieser Welt echt ist?«, entgegnete Arina nachdenklich. »Das kommt doch wohl darauf an, von wo aus man das Ganze betrachtet… Halten Sie meine Bitte für weibliche Koketterie, Lichter.«
»Und der Versuch, mich zu betören, war der auch Koketterie?«
Arina klimperte mit den Augen. »Ja!«, platzte es aus ihr heraus. »Ich weiß, dass meine
»Gut, bleiben Sie so«, brummte ich. »Allerdings kann ich nicht gerade behaupten, dass ich von einer Wiederholung der Show träume… Nehmen Sie die Illusion von den magischen Gegenständen!«
»Wie Sie wünschen, Lichter.«Arina fuhr sich mit der Hand übers Haar, um ihre Frisur in Ordnung zu bringen. Kaum merklich veränderte sich das kleine Haus.
Statt des Kessels stand ein kleiner Topf aus Birkenholz auf dem Tisch. Aus ihm stieg noch Dampf auf. Den Fernseher gab es zwar noch, aber die Leitung führte nicht zu einer imaginären Steckdose, sondern zu einer braunen Tomate.
»Wie originell«, kommentierte ich und nickte in Richtung Fernseher. »Muss man das Gemüse oft wechseln?«
»Tomaten jeden Tag«, antwortete die Hexe achselzuckend. »Ein Kohlkopf reicht zwei oder drei Tage.«
Nie zuvor hatte ich eine derart ausgefallene Form der Stromgewinnung gesehen. Gewiss, theoretisch war so was möglich… aber in der Praxis…
Am meisten interessierte mich natürlich der Bücherschrank. Ich trat an ihn heran und zog ein x-beliebiges Buch heraus, einen schmalen Band mit weichem Einband.
Eine Art Rotationsdruck. Vor einem Jahr erschienen. Sogar die Auflage war angegeben: 200 Exemplare. Und die ISBN-Nummer! Die Druckerei sagte mir nichts, irgendeine unbekannte GmbH
»Tatsächlich Botanik… Lassen Sie Ihre Bücher wirklich drucken?«, fragte ich begeistert.
»Gelegentlich«, antwortete die Hexe bescheiden. »Man kann ja nicht alles von Hand abschreiben…«
»Von Hand, das ist ja noch gar nichts«, entgegnete ich. »Manches muss sogar mit Blut geschrieben werden…«Dann holte ich das
»Mit dem eigenen Blut, merken Sie sich das«, brachte Arina scharf hervor. »Mir ist diesbezüglich nichts vorzuwerfen.«
»Dieses Buch überhaupt zu besitzen kann ich Ihnen vorwerfen«, widersprach ich. »Hm, was haben wir denn hier…»Aufwiegelung der Menschen gegeneinander ohne übergroße Anstrengung«.«
»Was wollen Sie mir eigentlich zur Last legen?«, fragte Arina nun ärgerlich. »Das sind… wissenschaftliche Ausgaben. Antiquarische. Ich habe niemanden aufgehetzt.«
»Wirklich nicht?«, erwiderte ich, während ich das Buch durchblätterte. »Minderung bei Nierenleiden und Heilung von Wassersucht… Also das ist…«
»Wollen Sie jemandem, der de Sade liest, sadistische Absichten unterstellen?«, knurrte Arina. »Das ist unsere Geschichte. Verschiedene Zauber. Ohne Unterscheidung in destruktive und positive.«
Ich brummte etwas. Im Prinzip hatte sie Recht. Dass sie hier die unterschiedlichsten magischen Rezepte zusammengetragen hatte, stellte nun wirklich keinen Straftatbestand dar. Außerdem… was sollte ich nun wieder davon halten: »Wie man bei einer Gebärenden die Schmerzen tilgt, ohne dem Kind zu schaden«. Und gleich danach»Wie man die Frucht abtreibt und der Schwangeren nicht schadet«und»Wie man die Frucht zusammen mit der Schwangeren auslöscht«. Für Dunkle nichts Ungewöhnliches.
Doch trotz diesen widerwärtigen Anleitungen und dem eben erst unternommenen Versuch Arinas, mich zu täuschen, nahm irgendetwas an der Hexe mich für sie ein. Vor allem wohl, wie sie sich den Kindern gegenüber verhalten hatte. Ohne Frage hätte die weise alte Hexe ihnen die grausamsten Dinge antun können. Außerdem… außerdem strahlte sie eine gewisse Melancholie und Einsamkeit aus, ungeachtet ihrer Stärke, ungeachtet ihrer wertvollen Bibliothek und ihrer attraktiven Menschengestalt.
»Was soll ich denn angestellt haben?«, fragte Arina streitsüchtig. »Nun mal raus mit der Sprache, Zauberkundiger! »
»Sind Sie registriert?«, wollte ich wissen.
»Bin ich etwa eine Vampirin oder eine Tierfrau?«, fragte Arina zurück. »Wenn du mir einen Stempel