Verbrennen als Lagerfeuer auf dem Eise. Dabei wollten wir nur Wärme schmecken, Doch das Ziel wir hinter den Mitteln verstecken. So brennen wir nieder bis zur Seele Grund Bei diesem Blick in der Ödnis Schlund.

Die Tür öffnete sich, und Geser kam ins Abteil. Ich stöpselte die Kopfhörer aus.

»Schau mal.«Geser legte einen Palm auf den Tisch. Auf dem Display des Organizers kroch ein Punkt über eine Karte, unser Zug. Geser sah flüchtig auf den»Kompass«, nickte und zog selbstsicher mit dem Metallstift eine dicke Linie auf dem Display.

»Was heißt das?«, fragte ich, während ich das Rechteck betrachtete, in dem Kostjas Flugbahn lag. Und gab mir selbst die Antwort: »Der Flughafen?«

»Genau. Er rechnet nicht mit Verhandlungen.«Geser grinste. »Er fliegt auf kürzestem Weg zum Flughafen. »

»Ist das ein Militärflughafen?«

»Nein, ein ziviler. Aber was macht das für einen Unterschied? Das Modul mit den Pilotenkenntnissen ist in ihm abgespeichert.«

Ich nickte. Alle Fahnder verfügen»auf Vorrat«über eine Auswahl nützlicher Fähigkeiten: Sie können mit Autos, Flugzeugen und Hubschraubern umgehen, erste Hilfe leisten, beherrschen den Nahkampf… Natürlich ersetzt ein solches Modul die entsprechenden Fähigkeiten nur ansatzweise. Ein erfahrener Autofahrer hängt einen Anderen mit seinen Modulkenntnissen ab, ein guter Arzt operiert unvergleichlich besser. Aber jedes x-beliebige Fluggerät in die Luft bringen, das konnte Kostja.

»Das ist doch ganz gut«, sagte ich. »Wir schnappen uns ein paar Jagdflugzeuge und…«

»Und die Passagiere?«, fragte Geser scharf.

»Im Vergleich zum Zug ist das trotzdem besser«, sagte ich leise. »Es würde weniger Opfer geben.«

In diesem Moment zog sich etwas in mir schmerzhaft zusammen. Zum ersten Mal wog ich auf der unsichtbaren Waage der Rationalität die menschlichen Opfer aus - und befand die eine Schale für leichter.

»Das würde nichts bringen…«, sagte Geser. Und fügte hinzu: »Zum Glück. Was sollte ihm die Zerstörung des Flugzeugs schon anhaben? Er würde sich in eine Fledermaus verwandeln und entwischen.«

Draußen kam der Bahnsteig in Sicht. Schnaufend fuhr die Lok in den Bahnhof ein. »Atomare Abfangraketen«, sagte ich ganz offen.

Erstaunt sah mich Geser an. »Was ist denn mit dir los?«, fragte er. »Was für Kernsprengköpfe… die sind längst abgerüstet. Möglicherweise gibt es um Moskau noch einen Raketenabwehrgürtel… Aber Kostja wird nicht nach Moskau kommen. »

»Sondern?«, hakte ich nach.

»Woher soll ich das wissen? Es ist deine Aufgabe, dass er nirgendwo hingeht«, entgegnete Geser scharf. »Aha! Er hält an!«

Ich sah auf den»Kompass«. Der Abstand zwischen uns und Kostja begann sich zu vergrößern. Ob er wie eine Fledermaus geflogen oder wie der Graue Wolf aus dem Märchen gerannt war - jetzt hielt er jedenfalls an.

Geser hatte interessanterweise noch nicht einmal auf den»Kompass«geschaut.

»Der Flughafen«, sagte er voller Genugtuung. »Schluss jetzt, der Worte sind genug gewechselt. Geh. Schnapp dir jemandem mit einem guten Auto und sieh zu, dass du zum Flughafen kommst.«

»Aber…«, setzte ich an. »Keine Artefakte, das würde er wittern«, widersprach Geser gelassen. »Und keine Partner. Momentan spürt er uns alle, verstehst du? Alle! Los!«

Die Bremsklötze zischten, der Zug hielt an. Einen Moment lang blieb ich in der Tür stehen und hörte: »Ja, mit der»grauen Andacht«. Nur nichts Kompliziertes. Wir pumpen dich so voll, dass es ihn auf dem Flugfeld zu Brei zerquetscht.«

In Ordnung. Der Chef war anscheinend der Ansicht, ich bräuchte nicht mehr mit ihm zu reden. Er hörte meine Gedanken, bevor ich sie in Worte gebracht hatte.

Im Gang ging ich an Sebulon vorbei - und zuckte unwillkürlich zusammen, als der mir aufmunternd auf den Rücken klopfte.

Sebulon nahm es nicht krumm. »Viel Erfolg, Anton!«, wünschte er mir. »Du bist unsere Hoffnung.«

Die Menschen saßen friedlich in ihren Abteilen. Nur der Zugführer, der etwas in ein Mikrofon sprach, begleitete mich mit gläsernem Blick.

Ich öffnete die Zugtür selbst, ließ das Trittbrett herunter und sprang auf den Bahnsteig. Alles irgendwie ziemlich schnell. Zu schnell…

Auf dem Bahnhof herrschte das übliche Gedränge. Eine laute Reisegesellschaft, die aus dem Nachbarwaggon ausstieg, fragte grölend: »Wo bleiben denn die Omas mit unserm guten Tröpfchen?«

Die»Omas«im Alter von zwanzig bis siebzig Jahren kamen bereits auf den Ruf herbeigeeilt. Jetzt würde es Bier und Wodka und gebratenen Schinken und Piroggen mit zweifelhafter Füllung geben. »Anton!«

Ich drehte mich um. Neben mir stand Lass mit einer Tasche über der Schulter. In seinem Mund steckte eine nicht angezündete Papirossa, er machte einen zufriedenen und aufgeräumten Eindruck.

»Steigst du auch aus?«, fragte Lass. »Kann ich dich vielleicht irgendwo absetzen? Mein Auto wartet hier. »

»Ist es ein gutes Auto?«, hakte ich nach.

»So was wie ein VW.«Lass runzelte die Stirn. »Geht der? Oder fährst du nur im Cadillac?«

Ich drehte mich zurück zum Fenster unseres Waggons. Geser, Sebulon und Edgar sahen mich an.

»Der geht«, sagte ich finster. »Also… tut mir leid. Ich hab's wirklich ziemlich eilig, da brauchte ich ein Auto. Ich bekehre dich zum…«

»Was stehen wir dann hier rum, wenn du es eilig hast? Gehen wir«, meinte Lass und ließ mich damit die Standardformel zur Anwerbung eines Freiwilligen nicht zu Ende sprechen.

Er fädelte sich so geschickt in die Menge ein, dass mir nichts weiter übrig blieb, als ihm zu folgen.

Wir schlugen uns durch die Menschenmenge und erreichten den Platz vor dem Bahnhofsgebäude. Ich schloss zu Lass auf, packte ihn bei der Schulter. »Ich bekehre dich zum…«

»Da, ich seh ihn schon!«Lass schüttelte meine Hand ab. »Hallo, Roma!«

Auf uns kam ein Mann zu - am liebsten hätte ich ihn, warum auch immer, »Bürger«genannt -, der relativ groß und irgendwie kindlich pummelig war: Alles an ihm war rund, weich und leicht eingeschnürt. Der Mund war klein, die Lippen wie ein Hühnerhintern, die Augen waren ebenfalls winzig und wirkten selbst hinter der Brille ausdruckslos und gelangweilt.

»Hallo, Alexander«, begrüßte der Bürger Lass ausgesprochen zeremoniell und streckte ihm eine schlaffe Hand entgegen. Dann richtete er den Blick auf mich.

»Das ist Anton, ein Freund von mir. Können wir ihn mitnehmen?«, sagte Lass.

»Warum nicht?«, meinte Roma melancholisch. »Die Räder sind in Ordnung, die Straße ebenfalls.«

Daraufhin wandte er sich um und steuerte auf einen neuen VW Bora zu.

Erst stieg er ins Auto ein, dann wir. Rücksichtslos wählte ich den Beifahrersitz. Lass schnaubte, nahm aber gehorsam hinten Platz. Roman ließ den Motor an. »Wohin müssen Sie, Anton?«

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