und starb…

»Du hast dein Leben geopfert«, sagte Miss Bulstrode leise. »Ich hoffe, dass du das jetzt wei?t.«

25

»Ein Mr Robinson wunscht Sie zu sprechen.« Hercule Poirot streckte die Hand aus und nahm einen Brief vom Schreibtisch, an dem er sa?. Er betrachtete den Brief nachdenklich, dann sagte er: »Bitte fuhren Sie ihn herein, George.«

Der Wortlaut des Briefes war folgender:

Lieber Poirot,

ein Mr Robinson wird in diesen Tagen bei Ihnen vorsprechen. Sie mogen bereits von ihm gehort haben, denn er ist in gewissen Kreisen sehr bekannt. Leute seiner Art werden heutzutage gebraucht… Ich glaube, dass er in diesem Fall der gerechten Sache dient. Diese Zeilen sind nichts als eine Empfehlung. Ich mochte betonen, dass wir keine Ahnung haben, was er mit Ihnen besprechen will…

In diesem Sinne,

mit besten Gru?en,

Ihr Ephraim Pikeaway

Poirot legte den Brief auf die Schreibtischplatte und erhob sich, als Mr Robinson ins Zimmer trat. Er verbeugte sich, reichte ihm die Hand und bat ihn, Platz zu nehmen.

Mr Robinson setzte sich, zog ein Taschentuch aus der Tasche und wischte sich damit uber sein gro?es gelbliches Gesicht. Er bemerkte, dass es sehr warm sei.

»Sie sind doch hoffentlich nicht zu Fu? hergekommen?«, fragte Poirot, dem der blo?e Gedanke daran den Schwei? aus allen Poren trieb. Er zwirbelte instinktiv seinen Schnurrbart, um sich zu vergewissern, dass die Spitzen nicht schlaff geworden waren.

»Zu Fu?? O nein«, erwiderte Mr Robinson, ebenso entsetzt bei diesem Gedanken. »Ich bin naturlich in meinem Rolls gekommen. Die Staus werden taglich schlimmer…«

Poirot nickte verstandnisvoll. Dann entstand eine Pause – die Pause, die dem Hauptteil einer Unterhaltung oft vorausgeht.

»Ich habe mit gro?em Interesse erfahren, dass Sie sich mit den Vorgangen in einer Madchenschule beschaftigt haben… Es kommt einem ja so vieles zu Ohren, wissen Sie… Meadowbank ist eine der besten englischen Schulen«, stellte Mr Robinson fest.

»Ja, Meadowbank ist eine sehr gute Schule.«

»Ist oder war?«

»Ich hoffe Ersteres.«

»Das hoffe ich auch«, sagte Mr Robinson. »Allerdings mag es an einem seidenen Fadchen hangen. Nun, man wird sich die gro?te Muhe geben, die unvermeidliche Ubergangsperiode zu erleichtern. Finanzielle Unterstutzung, die geschickte Auswahl neuer Schulerinnen… ich werde alles tun, meinen Einfluss in den entsprechenden Kreisen geltend zu machen…«

»Auch ich bin nicht ohne Einfluss«, erwiderte Poirot. »Wie Sie so richtig sagen, kann man leicht etwas nachhelfen, au?erdem haben die meisten Menschen glucklicherweise kein sehr gutes Gedachtnis.«

»Hoffentlich! Immerhin muss man zugeben, dass die Ereignisse selbst fur Eltern mit starken Nerven eine Zumutung waren. Drei Morde – die Turnlehrerin, die Franzosischlehrerin und eine dritte Lehrerin.«

»Das lasst sich leider nicht leugnen.«

»Ich hore, dass die ungluckselige Taterin von Jugend auf eine krankhafte Abneigung gegen Lehrerinnen gehabt hat«, sagte Mr Robinson. »Sie soll wahrend ihrer eigenen Schulzeit sehr gelitten haben. Die Verteidigung wird sich das zu Nutze machen und einen Psychiater zuziehen. Man wird zu beweisen versuchen, dass sie vermindert zurechnungsfahig war…«

»Das nehme ich auch an«, erwiderte Poirot. »Aber ich hoffe doch sehr, dass diese Behauptung keinen Glauben finden wird.«

»Ich bin ganz Ihrer Meinung. Eine abgefeimte Morderin. Naturlich wird die Verteidigung auch versuchen, ihre erfolgreiche Tatigkeit als Spionin wahrend des Krieges in die Waagschale zu werfen, auch ihren starken Charakter, ihre Tuchtigkeit als Sekretarin – glauben Sie nicht auch?«

»Durchaus moglich«, antwortete Poirot.

»Sie soll trotz ihrer Jugend eine hervorragende Geheimagentin gewesen sein«, fuhr Mr Robinson fort. »Soviel ich wei?, hat sie fur beide Seiten gearbeitet. Das war ihr metier, und sie hatte dabei bleiben sollen. Naturlich war die Versuchung sehr gro?, etwas auf eigene Faust zu unternehmen, um einen gro?en Fisch zu fangen… einen sehr gro?en Fisch.«

Poirot nickte.

Mr Robinson beugte sich vor.

»Wo sind sie, Monsieur Poirot?«

»Wenn ich mich nicht irre, wissen Sie das bereits.«

»Offen gestanden, ja. Was wurden wir ohne die nutzliche Einrichtung von Banken tun?«

Poirot lachelte.

»Ich glaube, wir brauchen kein Blatt vor den Mund zu nehmen, mein Freund. Was wollen Sie damit anfangen?«

»Ich warte auf Vorschlage.«

»Ich verstehe.«

»Ich mochte sie naturlich dem rechtma?igen Besitzer ubergeben«, erklarte Poirot. »Aber es scheint nicht ganz einfach zu sein, ihn zu finden.«

»Die Regierungen sind in einer schwierigen Lage«, sagte Mr Robinson. »So viel steht auf dem Spiel: Ol, Stahl, Uranium, Kobalt… Diplomatische Verwicklungen mussen unter allen Umstanden vermieden werden. Die Angelegenheit muss taktvoll geregelt werden, damit man mit gutem Gewissen behaupten kann, dass die Regierung Ihrer Majestat keinerlei Informationen besitzt.«

»Aber ich kann diesen Wertgegenstand nicht auf unabsehbare Zeit in meiner Bank lassen.«

»Das versteht sich. Deshalb mache ich Ihnen den Vorschlag, ihn mir auszuhandigen.«

»Und warum, wenn ich fragen darf?«

»Das kann ich Ihnen genau erklaren, Monsieur Poirot. Diese Juwelen – wir durfen das Kind ja unter uns ruhig beim richtigen Namen nennen – waren zweifellos das Privateigentum des verstorbenen Prinzen Ali Yusuf.«

»Das ist mir bekannt.«

»Seine Hoheit hat sie seinem Privatpiloten, Bob Rawlinson, anvertraut. Er sollte versuchen, sie aus Ramat hinauszubringen und sie mir auszuhandigen.«

»Konnen Sie das beweisen?«

»Selbstverstandlich.«

Mr Robinson zog einen Briefumschlag aus der Tasche, dem er verschiedene Papiere entnahm, die er vor Poirot auf dem Schreibtisch ausbreitete. Poirot studierte die Dokumente sorgfaltig.

»Scheint in Ordnung zu sein«, sagte er schlie?lich. »Wurden Sie mir nur noch eine Frage beantworten?«

»Gern.«

»Was haben Sie personlich davon?«

Mr Robinson sah ihn erstaunt an.

»Ich verdiene naturlich daran, mein Freund. Eine recht ansehnliche Summe.«

Poirot betrachtete ihn nachdenklich.

»Es ist ein sehr altes, eintragliches Gewerbe«, fuhr Mr Robinson fort. »Wir sind zahlreich, und unser

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