Netzwerk erstreckt sich uber die ganze Welt. Wir arbeiten unauffallig – nicht im grellen Rampenlicht. Wir zahlen Konige, Prasidenten und Politiker zu unseren Kunden. Wir arbeiten miteinander und fureinander; unser Profit ist gro?, aber man kann sich auf unsere Ehrlichkeit verlassen.«

»Ich verstehe«, bemerkte Poirot. »Eh bien! Ich nehme Ihren Vorschlag an.«

»Ich kann Ihnen versichern, dass Sie Ihren Entschluss nicht bereuen werden. Alle Beteiligten werden einverstanden sein.«

Mr Robinsons Blick ruhte einen Augenblick auf Colonel Pikeaways Brief, der auf dem Schreibtisch lag.

»Einen Augenblick noch. Ich kann meine Neugierde nicht bezahmen. Was werden Sie mit den Juwelen tun?«

Mr Robinson sah ihn nachdenklich an. Dann breitete sich ein Lacheln uber sein gro?es gelbliches Gesicht. Er beugte sich vor.

»Ich werde es Ihnen erzahlen…«

Auf der Stra?e spielten Kinder. Ihr frohliches Geschrei erfullte die Luft.

Als Mr Robinson schwerfallig aus seinem Rolls-Royce stieg, prallte er mit einem kleinen Jungen zusammen. Er schob das Kind freundlich beiseite und suchte nach der Hausnummer.

Nummer 15 – jawohl. Er stie? das Gartentor auf und ging die drei Stufen hinauf, die zur Haustur fuhrten. Er bemerkte die sauberen wei?en Vorhange an den Fenstern und den blankgeputzten Messingturklopfer. Ein bescheidenes kleines Haus, in einer bescheidenen Stra?e, in einem armlichen Teil von London – aber ordentlich und gepflegt.

Die Tur wurde von einer hubschen, etwa funfundzwanzigjahrigen blonden Frau geoffnet.

»Mr Robinson?«, fragte sie mit einem freundlichen Lacheln. »Bitte treten Sie ein.«

Sie fuhrte ihn in ein kleines Wohnzimmer mit geblumten Kretonnevorhangen, einem Klavier und einem Fernsehgerat. Sie trug einen dunklen Rock und einen grauen Pullover.

»Mochten Sie eine Tasse Tee? Das Wasser muss gleich kochen.«

»Nein, danke. Ich trinke niemals Tee, und ich kann mich nicht lange aufhalten. Ich bringe Ihnen nur das, was ich Ihnen bereits brieflich angekundigt habe.«

»Von Ali?«

»Ja.«

»Glauben Sie, dass… ich meine, besteht noch eine Hoffnung? Ist er wirklich tot?«

»Ich furchte, ja«, erwiderte Mr Robinson sanft.

»Ich habe immer gewusst, dass ich ihn nicht wiedersehen wurde, nachdem er damals zuruck musste. Naturlich dachte ich nicht an eine Revolution oder… oder dass er umkommen konnte. Aber es war mir klar, dass er sich in Ramat mit einer Frau aus seinen Kreisen verheiraten wurde.«

Mr Robinson legte ein kleines Packchen auf den Tisch. »Bitte, offnen Sie es«, bat er.

Ihre Hande zitterten ein wenig, als sie den Bindfaden entknotete und das Packchen auspackte.

Funkelnde Brillanten, glitzernde Rubine und leuchtende Smaragde verwandelten den truben kleinen Raum in Aladins Wunderhohle…

Sie hielt den Atem an. Mr Robinson beobachtete sie. Er hatte schon viele Frauen gebannt auf Edelsteine blicken sehen…

»Ist das… ist das alles echt?«, fragte sie atemlos.

»Ja, diese Steine sind echt.«

»Aber die mussen doch ein Vermogen wert sein…«

Mr Robinson nickte.

»Wenn Sie diese Juwelen verkaufen wollen, werden Sie wohl mindestens eine halbe Million Pfund dafur bekommen.«

»Nein… nein, das kann doch nicht wahr sein!«

Sie lie? die Steine einen Augenblick durch ihre Finger gleiten, dann packte sie sie mit entschlossener Miene wieder ein.

»Ich habe Angst, sie sind mir unheimlich«, sagte sie. »Was soll ich damit anfangen?«

Die Tur flog auf, und ein kleiner Junge sturmte ins Zimmer.

»Billy hat mir einen fabelhaften Panzerwagen geschenkt, Mum. Sieh nur…«

Er unterbrach sich und sah Mr Robinson erstaunt an.

Der Junge hatte gro?e dunkle Augen und eine olivfarbene Haut.

»Geh in die Kuche, Allen«, sagte seine Mutter. »Deine Milch steht auf dem Tisch. Du kannst dir auch ein Stuck Honigkuchen nehmen.«

»Oh, fein.«

Er warf die Tur hinter sich zu.

»Er hei?t also Allen«, sagte Mr Robinson.

Sie errotete.

»Es war der Name, der am meisten wie ›Ali‹ klang. Ich konnte ihn nicht gut Ali nennen… wegen der Nachbarn… und uberhaupt…«

Ihr Gesicht nahm plotzlich einen besorgten Ausdruck an. »Was habe ich jetzt zu tun?«, fragte sie.

»Zunachst mochte ich Ihre Heiratsurkunde sehen, um ganz sicher zu sein, dass Sie auch die Person sind, fur die Sie sich ausgeben.«

Sie sah ihn einen Augenblick erstaunt an, dann ging sie zu einem kleinen Schreibtisch, offnete eine Schublade und entnahm ihr einen Briefumschlag.

Mr Robinson prufte das Dokument eingehend.

»Standesamt Edmonstown… Ali Yusuf, Student… Alice Calder, ledig ja, es ist alles in Ordnung.«

»Ja, naturlich – alles ist legal, obwohl das nicht sehr viel bedeutet… Niemand hat herausgefunden, wer er war. Es gibt hier so viele Studenten aus dem Nahen Osten… Er hat mir offen gesagt, dass er als Mohammedaner mehrere Frauen heiraten darf. Wir haben das alles ganz sachlich besprochen, als ich ein Kind erwartete. Wir haben nur geheiratet, damit Allen offiziell einen Vater hat. Mehr konnte Ali nicht fur mich tun, obgleich er mich wirklich geliebt hat.«

»Davon bin ich uberzeugt«, erwiderte Mr Robinson. Dann fuhr er lebhaft fort: »Falls Sie mir diese Angelegenheit ubergeben wollen, bin ich bereit, die Juwelen fur Sie zu verkaufen. Au?erdem werde ich Ihnen die Adresse eines wirklich guten, zuverlassigen Anwalts geben. Er wird Ihnen hochstwahrscheinlich raten, das Geld in mundelsicheren Papieren anzulegen.

Sie wurden gut daran tun, sich von ihm auch uber die zukunftige Erziehung Ihres Sohnes und Ihre neue Lebensweise beraten zu lassen. Geld allein macht nicht glucklich, das habe ich nur zu oft erlebt. Aber Sie haben Charakter. Sie und Ihr Sohn werden hoffentlich mehr Gluck haben als sein armer Vater.«

Er machte eine Pause.

»Einverstanden?«, fragte er.

»Ja. Hier – nehmen Sie sie.« Sie schob ihm das Packchen zu, dann sagte sie unvermittelt: »Ich mochte dem Madchen, das sie gefunden hat, gern einen der Steine schenken. Welche Farbe… ich meine, was fur ein Stein wurde ihr wohl gefallen?«

Mr Robinson uberlegte.

»Vielleicht ein funkelnder Smaragd? Sie wird sich bestimmt sehr daruber freuen… eine gute Idee!«

»Ich stelle Ihnen meine Dienste naturlich nicht umsonst zur Verfugung«, sagte Mr Robinson. »Ich bin nicht billig, aber ich werde Sie nicht betrugen.«

Sie sah ihn prufend an.

»Davon bin ich uberzeugt. Ich brauche wirklich dringend einen Berater, denn von geschaftlichen Dingen verstehe ich nichts.«

»Sie sind eine sehr vernunftige Frau, wenn ich das sagen darf. So, dann werde ich die Steine also mitnehmen; aber mochten Sie nicht wenigstens einen zum Andenken behalten?«

»Nein, ich mochte nicht einen einzigen behalten«, erwiderte Alice errotend. »Vielleicht finden Sie es sonderbar, dass ich mir nicht einen Rubin oder einen Smaragd zur Erinnerung aufheben will. Aber sehen Sie, obwohl er Mohammedaner war, habe ich ihm manchmal aus der Bibel vorgelesen, und einmal lasen wir von der Frau, die mehr wert war als alle Diamanten und Rubine… Und deshalb mochte ich lieber keine Edelsteine haben. Verstehen

Вы читаете Die Katze im Taubenschlag
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату
×