elterlichen Garten im ersten Semester in Burke County angefangen und sich nach und nach zu Saufgelagen nach dem American Football entwickelt. Niemand kann so viel trinken wie Philip Blake. Doch die beiden anderen liegen Kopf an Kopf, was den zweiten Platz betrifft.

Kurz nach seiner Hochzeit zog Philip noch des Ofteren mit seinen Kumpanen um die Hauser, um die Zeiten des unbeschwerten Single-Daseins noch einmal auszukosten. Aber nach Sarahs Tod drifteten die drei Manner auseinander. Der Stress als alleinerziehender Vater zusammen mit der Arbeit in der Werkstatt und die Nachtschichten als Lkw-Fahrer mit Penny in der Koje hinter der Fahrerkabine laugten Philip aus. Ihre Zusammenkunfte fanden kaum noch statt. Ab und zu schafft es Philip, sich genugend Zeit freizuschaufeln, um mit Bobby und Nick im Tally Ho, im Wagon Wheel oder einer anderen Kneipe in Waynesboro gemutlich die Kehle anzufeuchten – wahrend Mama Rose gewohnlich auf Penny aufpasst.

In den letzten Jahren hat Philip begonnen, sich zu fragen, ob er diese Abende nicht nur noch als eine Art Pflichtveranstaltung betrachtet, um sich zu beweisen, dass er noch am Leben ist. Das war vielleicht auch der Grund, warum er Bobby und Nick am vergangenen Sonntag unbedingt mit auf die Reise nehmen wollte – an jenem Tag, als es in Waynesboro so richtig schlimm wurde und er beschloss, sich Penny zu schnappen und sie in Sicherheit zu bringen. Irgendwie waren seine Freunde Teil seiner Vergangenheit, und das gab ihm ein etwas besseres Gefuhl.

Brian jedoch war nicht Teil seines Plans gewesen. Er hatte ihn auch nie mitgenommen, wenn er ihn nicht zufallig wiedergesehen hatte. Am ersten Tag ihrer Flucht beschloss Philip, als sie sich etwa sechzig Kilometer westlich von Waynesboro befanden, einen Abstecher nach Deering zu machen, um nach den Eltern zu schauen. Die beiden wohnten in einer Seniorenanlage in der Nahe des Militarstutzpunktes Fort Gordon. Als Philip vor dem Reihenhaus anhielt, stellte er jedoch fest, dass alle Anwohner der Anlage aus Sicherheitsgrunden bereits nach Fort Gordon evakuiert worden waren.

Das war die gute Nachricht. Die schlechte war, dass sich Brian im elterlichen Haus befand. Er hatte sich in dem verlassenen Gebaude verschanzt, und zwar war er in den Kriechkeller gerobbt und schlotterte dort vor Angst vor den lebenden Toten. Philip hatte Brian in den letzten Jahren so gut wie aus den Augen verloren und wusste nur wenig von seinem Leben: Nach dem Scheitern seiner Ehe mit dieser verruckten Jamaikanerin aus Gainesville, die alles aufgegeben hatte, um nach Jamaika zuruckzugehen, war Brian zu seinen Eltern gezogen. Als ob das nicht reichte, hatte er zudem noch jede seiner bescheuerten Geschaftsideen in den Sand gesetzt, die er jemals hatte, wobei die meisten von ihren Eltern gesponsert wurden – so auch sein geniales Vorhaben, einen Musikladen in Athens aufzumachen. In Athens! Wo es bereits an jeder Ecke einen Musikladen gibt! Allein bei dem Gedanken, auf seinen gro?en Bruder aufpassen zu mussen, zuckte Philip zusammen. Aber es blieb ihm wohl nichts anderes ubrig.

»He, Philly«, sagt Bobby jetzt zu ihm, wahrend er die letzten Kekse verputzt. »Glaubst du, dass die Fluchtlingslager in der Stadt noch immer offen sind?«

»Woher soll ich das wissen?« Philip wirft einen Blick auf seine Tochter. »Wie geht es dir, Schatz?«

Das kleine Madchen zuckt mit den Achseln. »Okay.« Ihre Stimme ist kaum horbar. Sie klingt wie ein kaputtes Windspiel, das leise hin und her schaukelt, wahrend sie auf den Pinguin neben ihr starrt. »Geht schon.«

»Wie gefallt dir das Haus? Magst du es?«

Penny zuckt erneut mit den Schultern. »Wei? nicht.«

»Was wurdest du dazu sagen, wenn wir ein wenig hier bleiben wurden?«

Alle starren ihn an. Brian rei?t die Augen auf. Nach einer Weile meint Nick: »Was soll das genau hei?en: ein wenig?«

»Her mit der Flasche«, erwidert Philip und gibt Bobby ein Zeichen, dass er ihm die Flasche zuwerfen soll. Als er sie hat, offnet er sie und nimmt einen gro?en Schluck. Er genie?t es, wie der Whiskey in seiner Kehle brennt. »Schaut euch doch mal um«, meint er schlie?lich, nachdem er sich den Mund am Armel abgewischt hat.

Brian ist verwirrt. »Aber du hast doch gesagt, dass wir hier nur eine Nacht bleiben.«

Philip holt tief Luft. »Richtig, das hab ich. Aber ich bin gerade dabei, meine Meinung zu andern.«

»Ja, aber …«, wirft Bobby ein.

»Hort zu. Ich will damit nur sagen, dass es vielleicht keine schlechte Idee ware, ein Weilchen abzutauchen.«

»Schon. Aber, Philly, aber was ist mit …«

»Bobby, wir konnten einfach hierbleiben und abwarten, wie sich die Lage entwickelt.«

Nick hat gespannt zugehort. »Philip, jetzt komm schon, Mann. In den Nachrichten hei?t es, dass es in den Stadten am sichersten ist …«

»In den Nachrichten? He, Mann, vergiss den Schwachsinn. Die Nachrichten sind genauso Schnee von gestern wie der Rest der Bevolkerung. Schau dich um. Glaubst du, dass eine Unterkunft, die uns die Regierung zur Verfugung stellt, auch nur annahernd so gut ausgestattet ist wie diese? Hier haben wir Betten, genugend Essen fur die nachsten Wochen und zwanzig Jahre alten Whiskey. Es gibt Duschen, hei?es Wasser und eine Waschmaschine.«

»Aber wir sind so kurz vor dem Ziel«, wirft Bobby nach einem kurzen Schweigen ein.

Philip seufzt. »›Kurz‹ kann alles hei?en.«

»Es sind hochstens noch drei?ig Kilometer, keinen Meter weiter.«

»Es konnten meinetwegen auch drei?igtausend Kilometer sein. Allein die zuruckgelassenen Autos, die uberall auf den Stra?en stehen, sprechen Bande. Auf dem Highway 278 wimmelt es nur so von Monstern.«

»Das stort uns doch nicht«, versichert Bobby. Seine Augen leuchten plotzlich auf, und er schnippst mit den Fingern. »Wir bauen uns einen … Wie hei?t das noch mal? So ein Ding vor die Sto?stange des Chevy … Genau, einen Schei?schieber. Mann, wie in diesem geilen Streifen Mad Max II …«

»Achte auf deine Ausdrucksweise, Bobby«, ermahnt ihn Philip und nickt in Pennys Richtung.

Nick meldet sich erneut zu Wort. »Mann, wenn wir hierbleiben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Monster uns …« Er halt inne und wirft einen Blick auf das kleine Madchen. Die anderen verstehen auch so, was er sagen will.

Peggy starrt auf ihre Schale. Es scheint so, als ob sie uberhaupt nicht zuhoren wurde.

»Dieses Haus halt viel aus«, kontert Philip, stellt die Flasche ab und verschrankt seine muskulosen Arme vor der Brust. Er dachte bereits an die umherwandernden Scharen drau?en auf dem Golfplatz. Sie wurden sie vorerst bestimmt in Ruhe lassen. Naturlich mussen sie sich still verhalten, die Fenster verdunkeln und durfen keine Lebenszeichen von sich geben. Alles muss so ruhig und leise wie moglich ablaufen. Blo? kein Aufsehen erregen. »Solange wir Strom haben und den Kopf nicht verlieren, wird das hier super laufen.«

»Mit einer einzigen Pistole?«, fragt Nick. »Mann, sobald wir das Ding benutzen, rennen sie uns die Bude ein.«

»Wir sehen uns einfach um. Vielleicht gibt es ja noch Waffen in den anderen Hausern. Diese reichen Typen gehen doch gern auf die Jagd. Vielleicht finden wir sogar einen Schalldampfer fur meine Ruger … Mann, den konnen wir sogar selbst basteln. Habt ihr schon die Werkstatt im Keller gesehen?«

»Geht’s noch, Philip? Was soll das? Sind wir jetzt Buchsenmacher geworden? Alles, was wir haben, um uns vor diesen Kreaturen zu schutzen, sind …«

»Philip hat recht.«

Brians Stimme klingt zwar heiser und atemlos, aber er scheint sich auf einmal sicher zu sein. Er schiebt seine Schale mit Cornflakes von sich fort und blickt seinen Bruder an. »Du hast recht.«

Philip ist wohl am meisten uber die klare Gewissheit uberrascht, die in Brians Stimme anklingt.

Dieser steht auf, geht um den Tisch herum und stellt sich auf die Schwelle zu dem geraumigen, gut ausgestatteten Wohnzimmer. Es liegt im Dunkeln, die Vorhange sind zugezogen. Brian zeigt auf die gegenuberliegende Wand. »Eigentlich ist nur die Vorderseite des Hauses ein Problem. Die Seiten und der hintere Teil sind durch den hohen Zaun geschutzt. Die Untoten konnen offenbar keine Hindernisse uberwinden … Und wie es aussieht, hat hier jedes Haus einen eingezaunten Garten.« Fur einen Augenblick befurchten die anderen, Brian musste ersticken, so heftig hustet er. Aber er beruhigt sich wieder und halt eine Hand vor den Mund. Schlie?lich fahrt er fort: »Wenn wir uns das eine oder andere von den Nachbarhausern borgen, konnen wir vielleicht sogar unseren Vorgarten sichern – und die der Nachbarhauser.«

Bobby und Nick werfen sich vielsagende Blicke zu. Doch keiner von ihnen sagt ein Wort, bis Philip endlich schwach lachelt. »He, das muss man dem College-Boy lassen. Wenn er recht hat, dann hat er recht.«

Es ist schon ein Weilchen her, seitdem sich die beiden Blake-Bruder mit einem Lacheln bedacht haben. Doch

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