Die beiden Generate wurden in zwei einzelnen Grabern beerdigt. Alle Graber liegen auf einer Anhohe im trockenen und sandigen Boden. Das Gelande beiderseits der Massengruften ist niedrig und feucht. Die Ausmessungen der Graber sind nicht gleich gross, infol- ge der Gelandegestaltung und der technischen Schwierigkeiten, die sich bei der Ausfuhrung der Arbeiten erwiesen. Der Boden samtlicher Graber ist vollkommen trocken. Jede Gruft enthalt, je nach ihrer Tiefe und Breite mehrere Reihen von Leichen, die sind wieder aus mehreren iibereinander liegenden Schichten zusam- mensetzen. Die oberen Schichten der Leichen liegen mindestens 1 m. tief unter der Erdoberflache. Durch das Aufschiitten eines 1 m. hoben Grabhtigels betragt also die Gesamtdecke der oberen Leichschicht gegen 2 m. Alle Graber haben eine gleiche Hohe und ihre Seiten sind mit Rasen belegt. Jedes Massengrab ist mit je einem 2 ? m. hohen Kreuz aus Kiefernholz versehen und am Fusse eines jeden Kreuzes sind Waldblumen gepflanzt. Ein grosses Rasenkreuz schmiickt jedes Massengrab. Die Graber sind der Reihe nach wie sie entstanden sind nummeriert, um die laufende Nummeration der geborgenen Leichen aufrecht zu erhalten. Die Leichen liegen nebeneinander mit dem leicht erhohten Haupt nach Osten gerichtet; die Hande sind auf der Brust gefaltet. Jede Reihe ist mit einer 20-30 cm. Dicken Sandschrift bedeckt. Infolge der Transportrichtung, aus welcher die Leichentrager kamen, wurden die Leichen in den Grabern I, II, III und IV von rechts nach links und in den Grabern V und VI von links nach rechts gestaffelt. Die unangenehme Verschiebung der Laufenden Nummeration der Leichen in der II. Gruft entstand durch die spatere Ruckgabe deijenigen Leichen, die von den deutschen Behorden fur die von den Professoren, den Mitgliedern der internationalen Kommission, aus- gefiihrte Prosection vorbehalten worden sind. Das Verzeichnis der in jeder Gruft begrabenen Leichen sowie der Lageplan mit samtlichen Ausmessungen des Friedhofes von 2160 m2 Oberflache, sind dem Bericht beigefugt.

Am 9 Juni 1943, dem Tage der Abfahrt aus Katyn, hangten die letzten Mitglieder der technischen Koramission des PRK auf das grosste Kreuz der Gruft IV einen grossen eiseren Kranz, den ein Mitglied der Kommission hergestellt hatte. Dieser durch Hand- arbeit, in elementaren Verhaltnissen ausgefuhrte Kranz macht nicht destoweniger einen estetischen Eindruck. Er ist schwarz angestri- chen und in der Mitte befindet sich eine Dornenkrone aus Stachel- draht, die einen polnischen Adler von einer Offiziersmutze umfasst. Nach der Kreuzniederlegung haben die Mitglieder der Kommission den beigesetzten Opfern durch kurzes Stillschweigen und Ge- bet ihre Ehrerbietung erwiesen und verabschiedeten die Toten im Namen der Angehorigen und des Vaterlandes, Beim Verlassen des Friedhofes hat die Kommission dem Oberleutnant SLOVENZIK, den deutschen Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten sowie den russischen Arbeitern fur die Teilnahme an den 2-monatlichen Aus- hebungsarbeiten ihren Dank ausgesprochen.

Die Kommission stellt folgendes fest:

1) Die aus den Gruben herausgehobenen Leichen befanden sich im Zersetzungszustande, sodass ein Wiedererkennen unmog- lich war. Dagegen waren die Uniformen ziemlich gut erhalten, besonders die Stucke aus Metall, wie Dienstabzeichen, Ehrenzeichen, Adler, Knopfe usw.

2) Der Tod der Opfer wurde durch einen Genickschuss ver- ursacht.

3) Aus den gefundenen Dokumenten ist ersichtlich, dass die Ermordungen zwischen Ende Marz und Anfang Mai 1940 ausge- fuhrt worden sind.

4) Die Arbeit der Kommission war unter standiger Kontrol- le der deutschen Behorden, die zu jedem Kommissionsmitglied wahrend der Arbeitszeit einen Posten zuteilten.

5) Die ganze Arbeit wurde folglich gemeinsam von den Mitgliedern der technischen Kommission des PRK und den deutschen Behorden ausgefuhrt unter Beihilfe der einheimischen Bevolkerung, deren Teilnehmerzahl taglich zwischen 20 u. 30 Personen schwankte. Ausserdem waren funfzig bolschewistische Kriegsgefangene bei den Erdarbeiten beschaftigt.

6) Die Arbeitsbedingungen waren sehr schwer und erschop- fend. Neben der Tragodie der Mordtat selbst haben die sich zer- setzenden Leichen und dadurch verseuchte Luft eine hochst pein- liche Atmosphare geschaffen.

Die Ankunft zahlreicher Abordnungen, die unaufhorlichen Besuche deutscher Soldaten, sowie die durch deutsche Militar- arzte und Mitglieder der verschiedenen wissenschaftlichen Dele- gationen durchgefuhrten Leichenoffnung komplizierten die lau- fende Arbeit.

Die Kommission setzte sich aus folgenden Mitgliedern zu- sammen:

1. Rojckiewicz Ludwig Leiter vom 17. IV. bis 1. V. 43

2. Kassur Hugo Leiter vom 19. IV. bis 12. V. 43

3. Wodzinowski Georg Leiter vom 12. IV. bis 12. VI. 43

4. Kolodziejski Stefan Mitglied vom 14. IV. bis 1. V. 43

5. Jaworowski Gracian Mitglied vom 19. IV. bis 9. VI. 43

6. Godzik Adam Mitglied vom 19. IV. bis 11. VI. 43

7. Dr. Wodzinski Marian Mitglied vom 27. IV. bis 8. VI. 43

8. Buczak Ladislaus Mitglied vom 27. IV. bis 12. VI. 43

9. Krol Franz Mitglied vom 27. IV. bis 12. VI. 43

10. Plonka Ferdinand Mitglied Vom27. IV. bis 12. VI. 43

11. Gupryjak Stefan Mitglied vom 28. IV. bis 7. VI. 43

12. Mikolajczyk Johan Mitglied vom 28. IV. bis 10. VI. 43

Die Tatigkeiten in Katyn waren von der Befurchtung der nahenden Sommerwarme beeinflusst, wodurch eine gewisse Arbeitshast he vorgerufen wurde. Es muss auch beriicksichtigt werden, dass die Ausgrabungen in einem besetzten Gebiet und im Frontbereich sich vollzogen. Trotz der Hilfe der zustandigen deutschen Behorden waren die technischen Bedingungen mehr als schwer und eine Verbindung der Kommission mit dem Haupt- vorstand des PRK bestand fast gar nicht. Diese Verbindung beschrankte sich auf einige recht seltene und unregelmassige Rei- sen von Warschau nach Katyn und zurtick, was den Bedurfnissen nicht entsprechen konnte. Die Reklamationen des Hauptvorstan- des in dieser Angelegenheit bei den deutschen Behorden waren wohlwollend entgegengenommen, blieben Jedoch erfolglos.

Infolge der mangelhaften Verbindung hatten die Verzeichnisse der ausgehobenen Opfer, die der Hauptvorstand in Warschau erhielt, keinen Charakter endgtiltiger Dokumente. Einige waren in der Eile verfasst und mit Bleistift geschrieben. Die bei den Lei- chen gefundnen Dokumente und verschiednen Gegenstande sind bis jetzt noch nicht im Besitze des Hauptvorstandes, der bis dahin nur das Versprechen erhielt, die Dokumente nach ihrer Ausntit- zung fur die Zwecke der Propaganda zu erhalten.

Unter diesen Verhaltnissen hoben sich besonders zwei Fra- gen scharf hervor und durften einer Entscheidung des Hauptvorstandes des Polnischen Roten Kreuzes:

1) Welche Opfer von Katyn fur endgultig identifiziert aus- gesehen werden konnten?

2) Auf welche Art und Weise man die betreffenden Angeho- rigen benachrichtigen rnusste?

Diese Fragen wurden auf mehreren Konferenzen zwischen dem PRK und den deutschen Behoren in Warschau und Krakau besprochen. Die um die Katyner Angelegenheit hervorgerufene Propaganda begann mit der Veroffentlichung der Listen der Opfer durch die Lautsprecher und die in polnischer Sprache erscheinen- de Presse. Dank der Intervention, des Polnischen Roten Kreuzes zogen sich die Lautsprecher in dieser Hinsicht zuriick, doch trotz unserer Reklamationen und der erhaltenen Versprechungen, setz- te die Presse und setzt bis heute noch die Veroffentlichung der Listenfort. Das PRK vertritt den Standpunk, dass die Angehori- gen der Opfer lediglich durch die Vermittlung des Roten Kreuzes benachrichtigt werden mussten und zar in einer passenden Art und Weise, die der Wurde und dem tragischen Charakter dieser Nachricht ensprechen wurde.

Anderseits selbst wenn das PRK samtliche Ergebnisse der Exhumation und Identifikationsarbeiten einschl [iesen -???] der Dokumente und Andenken besasse konnte es offiziell und in end- giiltiger Form nicht bescheinigendass der betreffende Offiziere in Katyn gestorben ist. Der unerkennbare Zustand der Leichen, die Tatsache, dass in vielen Fallen bei 2 Leichen Dokumente vorgefunden worden sind, die zweifellos einer einziger Person angehorten, die minimale Zahl der Kennmarken, der einzig ein- wandfreien Beweisstocke, die auf den Leichen gefunden wurden, endlich der der Mordtat vorangegangene Zustand, das die in Katyn ermorderten Militarpersonen nicht auf dem Schlachtfelde, sondern nach einer Zeitraum fielen, in welcher der Wechsel der

Uniform, das Verkleiden und die Fluchtversuche an der Tages- ordnung waren, alle diese Urstande berechtigen das DRK nur bescheinigen zu konnen, dass die betreffenden Leichen, gewisse Dokumente getragen hat. Man muss es den Gerichten uberlassen, die dem polnischen Recht entsprechen sich bemtihen werden zu entscheiden, ob es angenracht ist schon jetzt eine Sterbeurkunde auszustellen.

Unsere Besprechungen iiber diese Angelegenheit mit den Behorden des Deutschen Roten Kreuzes sind noch

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