Zunachst rief er von einer Telefonzelle des Hauptbahnhofes seinen Anwalt und Freund Dr. Portz an. Die Uhrzeit beachtete Peter dabei nicht. Freunde haben immer zur Stelle zu sein.

Dr. Portz meldete sich nach einigem Klingelkonzert. Er war verschlafen, wutend und ungenie?bar, aber als er Peters Stimme horte, bekam er ein flaues Gefuhl in der Magengegend und setzte sich gerade ins Bett.

«Peter! Mensch!«stammelte er.»Wo steckst du denn? Ich habe versucht, dich zu erreichen. Seit Tagen! Aus Paris warst du verschwunden.«

«Uber Nacht gewisserma?en«, lachte Peter.

«Sag, von wo aus rufst du an?«fragte Dr. Portz todernst.

«Vom Bahnhof«, antwortete Peter wahrheitsgema?.

«Das ist gut! Gare du Nord, ja? Setz dich sofort auf den nachsten Zug und komm zuruck nach Dusseldorf! Sofort! Ohne Gepack!«

«Aber warum denn?«Peter begann das Spiel gro?en Spa? zu machen.

«Das erklare ich dir spater. Warum bist du denn aus Paris verschwunden?«

«Weil ich nach Nizza fuhr.«

«Nach Nizza?! Was wolltest du denn dort?«

«Eine herrliche Frau lieben lernen.«

«Mein Gott!«Dr. Portz schlug die Hande zusammen. Er lehnte den Kopf gegen die Ruckwand des Bettes und seufzte.»Hatte ich euch zwei Dickkopfe doch nie fahren lassen! Jetzt haben wir den Salat! Sabine.«

«Ist etwas mit Sabine?«fragte Peter Sacher schnell.

«Ja, Peterchen.«

«Ist sie verungluckt?«schrie Peter.

«Wie man's nimmt. Sie ist ausgerutscht.«

«Hat sie sich was gebrochen?!«

«Weder Arme noch Beine. Aber vielleicht das Herz!«

Peter schuttelte den Kopf.»La? den Unsinn, Ernst«, sagte er feierlich.»Um ein Uhr nachts solche faden Witze zu machen.«

Dr. Portz nahm allen Mut zusammen. Er druckte den Horer eng an den Mund und sagte deutlich artikulierend:

«Sabine ist weg aus Borkum!«

«Sieh an!«Peters Stimme war frohlich.»Was du nicht sagst.«

«Sie ist in Kopenhagen.«

«Welch ein tolles Reisetempo.«

«Bist du besoffen?«brullte Dr. Portz.»Begreif es doch: Wegen eines Mannes ist sie fort!«

«Igittegitt! Wegen eines Mannes. Nach Kopenhagen! Hat der Mann einen guten Geschmack!«

«Du bloder Hund!«Dr. Portz hieb auf das Oberbett und keuchte.»Sie ist mit einem Mann auf und davon, der sie eigentlich bewachen sollte! In deinem Auftrag! Sie ist mit meinem Assessor Bornemeyer durchgebrannt!«

«La? dir diese Filmidee patentieren!«schrie Peter frohlich.

«Bornemeyer reist mit deiner Sabine durch die Welt und nennt sich Ermano Ferro.«

«Wie nennt er sich?«Peter Sacher wurde plotzlich ernst. Ferro! So hie? doch der lange Genuese! Ferro, das war doch.»Du bist verruckt«, sagte er kleinlaut.

«Ich wei? nicht mehr, wie ich die Situation retten soll! Komm morgen zu mir. Wir wollen alles in Ruhe uberlegen. Fahr auf jeden Fall sofort von Paris ab.«

Peter nickte.»Einen Augenblick«, sagte er. Dann machte er laut:»Rrrrrrr!«und sagte wieder:»So, jetzt bin ich schon in Dusseldorf! Ging schnell, was?«

Dr. Portz starrte seinen Telefonhorer an.»Ich lege auf«, sagte er steif.»Du bist stockbesoffen!«

«Ich stehe hier in einer Telefonzelle des Dusseldorfer Hauptbahnhofes und rief dich an, um dir mitzuteilen, da? ich gleich nach Hause gehe, dort Sabine in die Arme nehme und fur die nachsten Tage wegen Flitterwochen nicht zu sprechen bin.«

«Aber Sabine ist doch.«

«Zu Hause! Sie war nie in Kopenhagen. Sie war in Nizza!«»Mit dir?«

«Mit Ferro!«

«Du hast Bornemeyer gesehen?«brullte Dr. Portz.

«Aber nicht erkannt! Ich hatte ihn vor Eifersucht erwurgen konnen!«

«Hattest du's doch getan!«

«Und dann habe ich Sabine betrogen!«

«Vor ihren Augen? Hat sie's gesehen?«

«Gespurt.«

«Ge.«

«Ich habe sie mit ihr betrogen.«

Dr. Portz knallte den Horer auf die Gabel, legte sich zuruck, deckte sich bis zum Kinn zu und schlo? die Augen.

«Besoffener Affe!«sagte er laut.»Wenn er nuchtern ist, sieht's anders aus.«

Doppelt beschwingt lie? sich Peter mit einer Taxe hinaus zu seiner Villa am Rhein fahren.

Ferro war kein anderer als der zur Bewachung abgesandte Bornemeyer. Das war eine Tatsache, die ihn fast zum Jubeln anregte. Bisher war dieser Ferro der einzige dunkle Punkt in Sabines Gegenwartsgeschichte gewesen. Da? er sich so erhellen wurde, ubertraf alles, was Peter heimlich zur Entschuldigung seiner Frau sich selbst vorgetragen hatte.

Schon von weitem sah er sein Haus. Es war hell erleuchtet. Die Lampen an der Einfahrt brannten, die Leuchten auf der Terrasse, sogar die versteckten Lampen im Garten. In allen Raumen war Licht, es war, als gebe Sabine ein Fest.

Peter Sacher blickte auf die Uhr. Fast 2 Uhr morgens.

Er lie? vor der Einfahrt halten, bezahlte den Fahrer und ging langsam uber den breiten Weg dem Eingang zu.

Kurz vor der Tur machte er einen Bogen. Ein Gedanke war ihm gekommen. Er umschlich das Haus, kletterte uber die geschlossene Gartenpforte, die den Vorgarten vom hinteren Park trennte, und pirschte sich an die Terrasse heran.

Auch hier vollste Beleuchtung. Sogar Musik klang aus dem Kaminzimmer. Das ist doch unmoglich, dachte Peter. Sie mu? vor vier Stunden angekommen sein, und schon gibt sie eine Party? Irgend etwas stimmt da nicht im Zeitablauf und in der Logik des Geschehens.

Er schlich auf die Terrasse, blickte ins Zimmer. Es war leer. Nur das Radio spielte. Tanzmusik. Auf dem Tisch vor dem Kamin sah er in einem Sektkuhler eine Flasche Sekt stehen und davor zwei Glaser. Eine Gebackschale. Rosen in einer schlanken Vase. Von Sabine war nichts zu sehen.

Peter druckte die Klinke der Terrassentur hinunter. Sie war nicht verschlossen. Leise trat er ins Zimmer, ging schnell zu den Glasern, schnupperte an ihnen. Sie waren noch ungebraucht.

Zwei Glaser nachts bei einer sich allein und unbeobachtet dunkenden schonen Frau sind immer ein Verdachtsmoment von gro?er Durchschlagskraft. Auch in Peter klomm wieder ein ha?licher Gedanke hoch. Die Eifersucht fra? wieder an ihm. Er war zu angstlich, ins Schlafzimmer zu gehen. Wenn wirklich ein Mann bei Sabine ist? Der Anblick wurde mich wahnsinnig machen, dachte er. Eiskalt durchzog es ihn. Da? jemand hier sein mu?te, war unwiderruflich. Die Sektflasche war geoffnet! Zwar hatte noch keiner etwas in die Glaser geschuttet, aber man entkorkt nur dann eine Flasche, wenn man sie trinken will. Vielleicht zur Abkuhlung, dachte er gehassig und ballte die Fauste.

Er sah sich um. In der Tur zum Herrenzimmer stand Sabine. Schlank, herrlich, in einem wei?en Abendkleid. Um den Hals trug sie das Rubincollier. Es funkelte im Licht, als strahle es selbst Helle aus.

«Du«, sagte Sabine gedehnt.»Sieh an!«

«Ich dachte, du warst in Borkum«, sagte Peter muhsam. Dabei starrte er unauffallig auf das Collier. Sabine sah den Blick und legte die Hand auf den glei?enden Schmuck.»Welch ein Collier«, sagte er hart.

«Ein Narr hat es mir geschenkt.«»Und du hast diesen Narren am >See des Vergessens< geku?t und ihm deine Zimmernummer genannt.«

Sabine senkte den Kopf. Sie lachelte.»Noch nicht einmal einsteigen konnte er, dieser Depp.«

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