«Mein Held«, sagte sie spottisch.

Peter duckte sich, als sei er geschlagen worden.

«Du hast mir das falsche Zimmer gesagt. Wie glucklich bin ich, jetzt unter dem richtigen zu stehen. Ich komme sofort hinauf!«

«Nein!«Sabine hob die Hand. Sie hatte die silberne Maske wieder umgebunden.»Jetzt ist es zu spat. Feuer gluht nur eine Weile, bekommt es keine Nahrung, sinkt die Glut zusammen. Aus hei?er Asche aber kommen keine Funken mehr.«

«Ich werde dich an meinem Feuer entzunden!«

Sabine schuttelte den Kopf.»Denk an deine Frau.«

«Verlange das nicht von mir!«sagte er gehassig.»Wenn ich wieder in Dusseldorf bin, wird sie wieder unter der Stehlampe sitzen und stricken. Pullover, die nie fertig werden. Es macht mich rasend. Wie ein Aschenputtel lauft sie im Hause herum, mit Wicklern in den Haaren, im Bademantel, in Pantoffeln. Dabei ist sie schon, sehr schon! Aber sie achtet nicht mehr darauf. Wenn sie so ware wie du, so frei, so lustig, so voller Glut. Aber nein, wenn ich ins Theater will (selten genug ist das, dachte Sabine), mu? das erst wochenlang vorher besprochen werden. Wenn ich verreisen will mit ihr, mu? es genau geplant werden. Nie geht es schnell, sofort, nie kann sie improvisieren. Sie ist eben langweilig! Das bringt mich um!«

Sabine umklammerte das eiserne Balkongelander. Ihre Knochel waren wei?, so sehr pre?te sie die Hande gegen den Stein. So also sieht er mich, durchfuhr es sie. So soll ich sein? Aber ist er anders? Ist er so, wie er sich hier gibt, einer fremden Frau gegenuber? O nein, nein!

«So sind alle Eheleute«, sagte sie stockend.»Mein Mann ist nicht anders. Immer liegt er abends auf der Couch, mit schmutzigen Schuhen auf dem schonen Bezug. Er liegt da stundenlang und liest, die Zeitung, ein Buch, einen Kalender, einen Prospekt, das Telefonbuch. Und wenn alles weg ist, liest er die Aufschrift seiner Whiskyflasche, nur um etwas zu lesen. Es gibt fur ihn nichts anderes als lesen. Und dazu raucht er. Zigarren, Zigaretten, Zigarillos. Nur priemen, das fehlt noch! Und er schweigt. Bis wir zu Bett gehen. Da sagt er: >Schlaf gut!< gahnt ausgiebig und walzt sich in sein Bett. Drei Minuten spater schnarcht er. Und so geht es Tag um Tag. Ich kann es einfach nicht mehr aushalten, dieses Nebeneinanderherleben! Und darum sollte ich dich lieben, Seerauber! Du bist so, wie ich mir einen Mann wunsche! Frech, charmant, erobernd, frohlich und temperamentvoll! Du bist ein Mann, keine lesende Mumie!«

«Dann la? mich hinauf!«schrie Peter. So sieht sie mich, dachte er bitter. Das also soll ich sein? Benehme ich mich so unmoglich? Er griff in das Rankenwerk des wilden Weines, aber Sabine winkte ab.

«Ich lasse dich nicht ins Zimmer! Wir haben die Stunde verpa?t, Seerauber! Vielleicht morgen.«

«Ich will zu dir!«schrie Peter laut.

Irgendwo klappte ein Fenster. Eine schlaftrunkene Stimme rief:»Ruhe!«Lampen gingen an. Peter duckte sich eng an die Wand in den wilden Wein.

«Geh jetzt«, sagte Sabine.»Wenn sie wieder den Garten absuchen und dich finden.«

«Ich liebe dich!«rief Peter leise. Er meinte es ehrlich, Sabine tat es weh.

Ihn wird nichts nachdenklich machen, dachte sie.

«Leb wohl!«sagte sie laut.

«Nimm das!«Peter hatte den Kasten mit dem Collier genommen und warf ihn auf den Balkon. Sabine starrte auf das Etui.»Nur allein du sollst es haben!«sagte Peter.»Nur du! Du sollst immer an mich denken.«

Mit schnellen, weit ausgreifenden Schritten lief er aus dem Park des Hotels.

Sabine blickte ihm nach, bis er hinter den Buschen verschwand. Dann buckte sie sich, nahm das Etui vom Balkonboden und ging langsam ins Zimmer. Auf dem Bett sitzend, knipste sie die Nachttischlampe an und offnete langsam die Schachtel.

Sprachlos, dann entsetzt, schlie?lich aufschluchzend starrte sie auf das herrliche Rubincollier. Dann warf sie es weit weg ins Zimmer und sturzte sich in die Kissen, pre?te den Mund gegen die Federn und erstickte ihren lauten Aufschrei.

So etwas schenkt er fremden Frauen. So etwas!

Es war die unglucklichste Stunde ihres Lebens.

Am fruhen Morgen kundigte Sabine Sacher ihr Zimmer und nahm den ersten Zug nach Paris.

Als Ferro-Bornemeyer nachdem Genu? einiger Tabletten imstande war, zum Morgenkaffee zu erscheinen und nach Frau Sabine schicken lie?, war sie langst in der provengalischen Ebene und starrte weinend aus dem Fenster auf die riesigen, wie verbrannt aussehenden Felder.

Auch Peter Sacher kam zu spat. Er hatte die ganze Nacht uber wach in seiner Strandburg gelegen. Heinz v. Kletow kam erst gegen Morgen, allein und schwankend, lallend und von der Blondine schwarmend.

Er schlief sofort ein und rochelte im Schlaf.

Als es dammerte, sprang Peter ins Meer, badete, rasierte sich, zog seinen wei?en Anzug an und machte sich auf den Weg zum Hotel Majestic. Er hatte in den langen Stunden des Grubelns sich durchgerungen, zu Sabine zu gehen und um ihre Hand anzuhalten.»Wir wollen es zum zweitenmal versuchen«, wollte er sagen.»Aber dieses Mal richtig. Wir haben uns benommen wie Kinder! La? uns alles vergessen. Fangen wir von vorne an!«

Der Geschaftsfuhrer hob die Schultern, als Peter bat, ihn bei Frau Sacher zu melden.

«Die gnadige Frau ist abgereist«, sagte der Mann vor dem Schlusselbrett.

«Das durfte unmoglich sein. «Peter lachelte.»Ich habe mit der Dame heute morgen um zwei Uhr noch gesprochen.«

«Und um sieben Uhr ist sie abgereist.«

«Unmoglich!«rief Peter entsetzt.

«Ich bitte Sie, mein Herr!«Der Geschaftsfuhrer war konsterniert.»Es ist so!«

«Und wohin ist sie gefahren?«

«Was geht das Sie an?«»Ich bin ihr Mann!«

«Wer sind Sie?«

«Peter Sacher! Aus Dusseldorf. Bitte. «Er legte seinen Pa? auf die Theke. Der Geschaftsfuhrer warf einen fluchtigen Blick darauf und wurde etwas bla?.

«Die gnadige Frau ist nach Dusseldorf gefahren«, sagte er und musterte Peter kritisch und nachdenklich. Im allgemeinen wissen Ehemanner, wohin ihre Frauen fahren.

«Nach Dusseldorf?«rief Peter. Er machte fast einen Luftsprung, klopfte dem Geschaftsfuhrer auf die Schultern, umarmte den Boy, der neben ihm stand und rannte dann aus der Hotelhalle. Er lief wie ein Besessener zur Nationalbank, erfuhr, da? die Uberweisung angekommen sei, hob das Geld ab, raste zuruck zum Strand und traf dort Heinz v. Kletow, der mit einem rot angelaufenen Brummschadel in der Zeltburg sa? und Selterswasser trank.

«Addio!«schrie Peter und ku?te den verblufften Kletow auf die Stirn.»Ich fahre! Ich fahre!«

«Noch ein Irrer!«Heinz go? den Rest der Seltersflasche uber seinen Kopf.»Wohin denn? In die Pu?ta, zu deiner Zigeunerin?«

«Genau! Genau! Ich fahre zuruck nach Dusseldorf!«

«Und deine Frau?«

«Was kummern mich die Weiber denn?«sang Peter. Er war au?er Rand und Band.

«Und der Genueser?«

«Soll Spaghetti essen! Was kummert's mich?!«

«Die Zigeunerin hat dich verhext!«

«Hat sie. Hat sie! Ich platze vor Gluck!«

«Ich werde es Sabine nicht vorenthalten, wie schamlos du dich benimmst.«

«Sie wird sich riesig freuen!«

«Wustling!«

«Ich bin's! Neidisch, mein Freund?«

«Mich dauert Bienchen.«

«Welcher Edelmut auf einmal!«Peter packte seine Koffer. Heinz v. Kletow sah ihm duster zu.

«Hast du dein Geld bekommen?«

«Auch.«

«Dann fahre ich mit!«

«Nach Dusseldorf?«

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