«Wei?e Koffer sind doch fur die See«, sagte Peter etwas unwirsch. Ihn argerte, da? er Sabines Augen wieder herrlich fand.

«Man kann auch im Gebirge wei? tragen.«

«Kann man. «Katze, dachte er. Ob sie einen Liebhaber hat? Vielleicht trifft sie ihn in diesen sechs Wochen. Ich bringe ihn um!

Er schwang den Koffer und trug ihn zu seinem Wagen. Sabine ging hinterher.

«Du fahrst schon wieder?«

«Du nicht?«

«Nein. Ich bleibe noch in der Stadt.«

«Du willst noch einkaufen?«

«Auch.«

Peter fuhr herum.»Was hei?t auch?«

«Auch hei?t auch. «Sie hob die Schultern und hatte ein unschuldiges, fast schmollendes Gesicht.»Willst du auf mich warten?«

«Das gehort sich ja wohl so«, sagte Peter giftig.

«Es wird vielleicht zehn Minuten dauern.«

«Uberhetze nichts. Es schadet dem Kreislauf.«

Er stieg in den Wagen und zog mit einem Ruck die Tur zu, ohne eine Entgegnung Sabines abzuwarten. Doch bevor sie ging, kurbelte er die Scheibe hinunter und rief ihr nach:»Bring mir bitte eine Schachtel Zigaretten mit.«

Sie nickte und ging mit schnellen Schritten Richtung Borse. Peter sah ihr nach. Sie fragt gar nicht, welche Zigarettenmarke, grubelte er. Sollte sie tatsachlich wissen, was ich rauche? Und schlanke, lange Beine hat sie auch. Und schone Huften. Wie der Kerl da im hellbraunen Anzug sie anstarrt. Stehen bleibt er auch noch, dieser Affe! Weitergehen, du Idiot. Diese Dame ist verheiratet. Mit mir! Und glucklich verheiratet.

Glucklich? Peter Sacher suchte im Handschuhfach nach einer Zigarette. Er fand einen alten, platt gequetschten Stengel, druckte ihn rund und zundete ihn an.

Sabine bog in die Alleestra?e ein. Peter uberlegte, was sie da wohl kaufen konnte. Einen Pelz? Ein Modellkleid? Zarte, hauchdunne Unterwasche aus Perlon. Und dann sechs Wochen allein.

Er nahm wutend eine Illustrierte vom Sitz und blatterte unlustig darin herum, um sich abzulenken. Als der Herr im hellbraunen Anzug, der Sabines wegen stehengeblieben war, an seinem Wagen vorbeikam, sagte Peter Sacher noch einmal laut» Idiot!«Aber der Herr horte es nicht.

Immerhin befreite es Peter von einem inneren Druck, als habe man an einem Dampfkessel das Ventil geoffnet.

Ein Glas warme Milch ist ein beliebtes Getrank bei denen, die Milch mogen. Es enthalt Kalorien und Aufbaustoffe. Es soll vor Erkaltungen der Atemwege schutzen. Mit Honig vermischt, wird es zur echten Athletennahrung.

Auf dem Schreibtisch Dr. Portz' aber war es eine Beleidigung.

Als Assessor Hubert Bornemeyer mit dem Glas Milch in der Tur erschien, hatte ihn Dr. Portz entgeistert angestarrt und abgewinkt.»Bornemeyer«, hatte er gesagt.»Wenn Sie schon immer etwas zu sich nehmen mussen, dann kommen Sie meinetwegen mit Salamibrotchen herein, aber nie und nimmer mit Milch. Ich bekomme eine Gansehaut.«

Assessor Bornemeyer stellte das Glas Milch auf den Schreibtisch. Dr. Portz verzog die Nase, als stanke es nach Kloake.

«Bitte«, sagte Bornemeyer unsicher.

«Was bitte?«

«Ihre Milch.«

«Meine.«

Dr. Portz starrte das Glas an. Es gibt zwei Moglichkeiten, dachte er rasend schnell. Entweder man wirft das Glas Bornemeyer an den Kopf und wird fur jahzornig erklart, oder man streichelt Bornemeyer uber das schuttere Haar, denn er ist schwachsinnig geworden.

Auf Zehenspitzen verlie? der Assessor das Chefzimmer. Drau?en in der Kanzlei verkundete er dem atemlos lauschenden Personal, der Chef sei anscheinend trubsinnig geworden.

Der Gedanke, die Bestellung der Milch konne von Peter Sacher ausgehen, war mittlerweile in Dr. Portz zur Gewi?heit geworden. Er nur allein kannte seine Abneigung gegen dieses Getrank. Es war die Rache eines Mannes, dem man die Wahrheit gesagt hatte. Dr. Portz schob das Glas Milch mit dem Handrucken in die hinterste Ecke des Schreibtisches. In diesem Augenblick fuhrte Assessor Bornemeyer eine Dame ins Zimmer.

«Sie lie? sich nicht abhalten, Herr Portz«, sagte Bornemeyer entschuldigend.

Dr. Portz schnellte aus seinem Sessel hoch und rannte mit ausgestreckten Armen um den Schreibtisch herum auf Sabine Sacher zu.

«Gnadige Frau, Sie?!«Er ergriff ihre Hand und ku?te sie innig.»Wenn ein Vormittag so endet, kann man den ganzen Tag loben.«

Sabine entzog ihm lachelnd ihre Hand. Ihr Blick fiel auf das Glas Milch.»Ach, Sie leben neuerdings diat?«fragte sie.»Milch ist gesund fur die Nerven.«

«Wenn dem so ist, sollte man Milch zum Pflichtgetrank fur Politiker und Ehemanner machen.«

«Ihr Wort in die richtigen Ohren. «Sabines Stimme war so bitter, da? Dr. Portz, Unheil witternd, ernst wurde und sie genau betrachtete. Sieht so eine Frau aus, die sechs Wochen Urlaub macht? Allein Urlaub?! Weg von einem Ekel von Ehemann, dachte Portz einen Augenblick gehassig.

«Ist etwas nicht in Ordnung, Sabine?«fragte er.

«Peter will sechs Wochen verreisen!«

«Peter? Soso!«Dr. Portz spurte, da? Verwicklungen nicht zu vermeiden waren.»Er hat Erholung notig. So ein Arbeitstier wie Peter! Wenn er nicht einmal zwischendurch Urlaub macht, besteht die Welt nur noch aus Peter- Sacher-Bauten!«

Es sollte witzig klingen, aber es traf genau den neuralgischen Punkt Sabines. Sie sank in den Sessel, den vor wenigen Minuten noch Peter gewarmt hatte, und sah hilflos zu Dr. Portz empor.

«Er will allein fahren.«

«Ohne Sie?«tat Portz ba? verwundert.

«Ja.«

«So ein Lummel!«Dr. Portz fuhlte einen leichten Schwei?ausbruch auf seiner Stirn und in seinem Nacken.»Ich spreche Ihnen mein Beileid aus, Sabine. Sie sind mit einem Flegel verheiratet. Wie konnten Sie so etwas tun, wo so viele stattliche Manner zur Verfugung stehen. «Dabei richtete er sich hoch auf. Er war wirklich eine Huh-nengestalt, aber nicht der Typ, den man heiratet, sondern nur als Freund verehrt. Ein Gorilla mit Herz.

«Bleiben wir doch ernst, bitte«, sagte Sabine schwach. Sie war dem Weinen nahe.»Peter will Ferien von der Ehe machen. Als ob ich nicht sieben Jahre lang eine gute Ehefrau gewesen ware.«

«Wer daran zweifelt, ist ein garstiger Gauch!«pflichtete Portz ehrlich zu.

«Nach Paris will er sogar.«

«Mir fehlen die emporten Worte!«Portz zog sich hinter seinen Schreibtisch zuruck. Das wei? sie also schon. Woher blo??! Peter sieht es ahnlich und hat es ihr gesagt. Garkochen im eigenen Saft, nennt er so etwas, der Sadist! Es fragt sich nur, was Sabine von mir will!

«Wie ist er eigentlich auf diesen Gedanken gekommen?«

«Er hat die New York Times gelesen.«

«Nicht das >Fachblatt fur Sexual-Neurotiker<?«

Sabine schlo? die Augen bis zu einem schmalen Schlitz. Erregt nestelte sie an ihrer Kostumjacke.»Sie nehmen mich nicht ernst, Herr Dr. Portz.«

«So ernst wie nur moglich! Also in der New York Times stand es. Kann Peter uberhaupt so gut Englisch? Vielleicht hat er den Marktbericht falsch ubersetzt?«

«Wir sitzen an diesem Abend friedlich wie immer im Zimmer. Er liest, ich sitze im Sessel an der Terrassentur und stricke. Einen Pullover fur mich, Angorawolle, orangenfarbig, seidenweich, ganz auf Figur.«

«Bezaubernd. Wie ich die Stricknadeln beneide — «

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