»Du mu?t mit dem Kopf untertauchen«, sagte Myrte, die es offensichtlich zutiefst geno?, ihn herumkommandieren zu konnen.»Mach schon!«

Harry holte tief Atem und tauchte unter – und jetzt, da er auf dem marmornen Boden des schaumgefullten Bades sa?, horte er einen Chor schauriger Stimmen, der aus dem offenen Ei in seinen Handen heraus ein Lied fur ihn sang:

Komm, such, wo unsere Stimmen klingen,

denn uber dem Grund konnen wir nicht singen.

Und wahrend du suchst, uberlege jenes:

Wir nahmen, wonach du dich schmerzlich sehnest.

In einer Stunde mu?t du es finden

und es uns dann auch wieder entwinden.

Doch brauchst du langer, fehlt dir das Gluck,

zu spat, 's ist fort und kommt nicht zuruck.

Harry lie? sich nach oben treiben, stie? mit dem Kopf durch die Seifenblasen und schuttelte sich das Haar aus dem Gesicht.

»Hast du es gehort?«, fragte Myrte.

»Ja… ›Komm, such, wo unsere Stimmen klingen… ‹ Und wenn ich mich bitten lasse?… Warte, ich mu? es noch mal horen…«Wieder tauchte er unter. Harry mu?te sich das Unterwasserlied noch dreimal anhoren, bis er es endlich auswendig konnte; dann dachte er eine Weile im Wasser planschend angestrengt nach, wahrend Myrte dasa? und ihn beobachtete.

»Ich mu? wohl nach Leuten Ausschau halten, die ihre Stimmen uber dem Wasser nicht benutzen konnen…«, sagte er langsam.»Hmh… wer konnte das sein?«

»Bist einer von den Langsamen, nicht?«

Er hatte die Maulende Myrte noch nie so gut gelaunt gesehen, au?er an dem Tag, als sich Hermine mit einer Dosis Vielsaft-Trank ein haariges Gesicht und einen Katzenschwanz verpa?t hatte.

Harry sah sich nachdenklich im Badezimmer um… wenn die Stimmen nur unter Wasser zu horen waren, dann mu?ten es Wassergeschopfe sein. Er stellte seine Uberlegung Myrte vor, die ihn nur geziert anlachelte.

»Tja, das hat Diggory auch gedacht«, sagte sie.»Da lag er und hat ewig lang mit sich selbst gesprochen. Kam einfach nicht zum Schlu?… fast alle Seifenblasen waren weg…«

»Unter Wasser…«, sagte Harry langsam.»Myrte… was lebt eigentlich im See, au?er dem Riesenkraken?«

»Oh, dies und das«, sagte sie.»Manchmal komm ich dort runter… es geht einfach nicht anders, wenn jemand uberraschend mein Klo spult…«

Harry versuchte sich lieber nicht vorzustellen, wie es war, wenn die Maulende Myrte mit dem Inhalt eines Klos durch ein Rohr in den See rauschte, und sagte:»Hat denn etwas dort im See eine menschliche Stimme? Wart mal -«

Sein Blick war auf das Bild der schnarchenden Nixe an der Wand gefallen.»Myrte, dort drin leben doch nicht etwa Wassermenschen?«

»Ooh, sehr gut«, sagte sie und ihre dicken Brillenglaser funkelten.»Diggory hat viel langer gebraucht! Und die dort war sogar wach«- Myrte zuckte mit dem Kopf angewidert in Richtung Nixe -»und hat gekichert und sich rausgeputzt und mit ihrer Flosse gespielt…«

»Das ist es!«, sagte Harry aufgeregt.»Die zweite Aufgabe ist, die Wassermenschen im See aufzusuchen und… und…«

Doch plotzlich wurde ihm klar, was er eben gesagt hatte, und die Freude uber seine Entdeckung wurde aus ihm herausgesogen, als ob jemand einen Stopsel aus seinem Magen gezogen hatte. Er war kein sehr guter Schwimmer; viel geubt hatte er nie. Dudley hatte, als er noch kleiner war, Unterricht bekommen, doch Tante Petunia und Onkel Vernon hatten sich nie darum gekummert, da? Harry schwimmen lernte, zweifellos in der Hoffnung, Harry wurde eines Tages ersaufen. Ein paar Langen dieses Beckens, schon und gut, doch dieser See war sehr gro? und sehr tief… und die Wassermenschen lebten sicher auf dem Grund des Sees…

»Myrte«, sagte Harry langsam,»wie soll ich dort unten atmen?«

Bei diesen Worten fullten sich Myrtes Augen plotzlich mit Tranen.»Wie taktlos von dir!«, murrte sie und stoberte in ihrem Umhang nach einem Taschentuch.

»Was ist taktlos?«, fragte Harry verwirrt.

»Vor mir vom Atmen zu sprechen!«, sagte sie schrill, und ihre Stimme hallte laut im Badezimmer wider.»Wo ich doch… schon so lange… nicht mehr… kann…«Sie vergrub das Gesicht in ihrem Taschentuch und schniefte laut.

Harry fiel ein, wie empfindlich Myrte schon immer gewesen war, weil sie tot war, doch kein anderer Geist, den er kannte, machte ein solches Drama daraus.

»Verzeihung«, sagte er ungeduldig.»Ich hab's nicht so gemeint – ist mir ganz entfallen…«

»O ja, es ist so leicht, Myrtes Tod zu vergessen«, schluchzte Myrte und sah ihn mit verquollenen Augen an.»Keiner hat mich vermi?t, selbst als ich noch am Leben war. Stundenlang haben sie gebraucht, um meine Leiche zu finden – ich wei? es noch, ich sa? ja da und hab auf sie gewartet. Olive Hornby kam in mein Klo – ›Steckst du schon wieder hier drin und schmollst, Myrte?‹, hat sie gesagt. ›Professor Dippet hat mich namlich gebeten, nach dir zu suchen -‹ Und dann hat sie meine Leiche gesehen… ooooh, das hat sie bis an ihr Lebensende nicht vergessen, dafur hab ich schon gesorgt… ich bin ihr namlich standig gefolgt und hab sie dran erinnert, ich wei? noch, bei der Hochzeit ihres Bruders -«

Doch Harry horte ihr nicht zu; er dachte wieder uber das Lied der Wassermenschen nach.»Wir nahmen, wonach du dich schmerzlich sehnest.«Das klang ganz danach, als wurden sie ihm etwas stehlen, etwas, das er zuruckholen mu?te. Was sollte das sein?

»- und dann ist sie naturlich vors Zaubereiministerium gezogen, damit ich ihr nicht mehr nachspuke, deshalb mu?te ich wieder hierher kommen und in meinem Klo leben.«

»Gut«, sagte Harry verschwommen.»Schon, ich bin jetzt viel weiter als vorher… schlie? doch noch mal die Augen, ich komm raus.«

Er holte das Ei vom Beckenboden herauf, kletterte heraus, trocknete sich ab und zog Pyjama und Morgenrock an.

»Kommst du mich mal wieder in meinem Klo besuchen?«, fragte die Maulende Myrte mit trauriger Stimme, als Harry den Tarnurnhang aufhob.

»Ahm… ich versuch's«, sagte Harry, obwohl er im Stillen dachte, er wurde nur dann noch einmal in Myrtes Klo vorbeischauen, wenn alle anderen Klos im Schlo? verstopft waren.»Bis dann, Myrte… danke fur deine Hilfe.«

»Adieu, adieu«, sagte sie schwermutig, und als sich Harry den Tarnurnhang wieder anzog, sah er, wie sie in einem der Wasserhahne verschwand.

Drau?en im dunklen Korridor warf Harry einen Blick auf die Karte des Rumtreibers, um zu prufen, ob die Luft noch rein war. Ja, die Punkte fur Filch und Mrs Norris waren immer noch eindeutig in seinem Buro… niemand au?er Peeves schien sich zu bewegen, der ein Stockwerk uber Harry im Pokalzimmer auf- und abhupfte… schon war er den ersten Schritt zuruck in den Gryffindor-Turm gegangen, als ihm etwas anderes ins Auge fiel… etwas au?erst Merkwurdiges.

Peeves war nicht der Einzige, der sich bewegte. Ein anderer Punkt flitzte in einem Zimmer in der linken unteren Ecke umher – in Snapes Buro. Doch der Punkt war nicht mit»Severus Snape«beschriftet… es war Bartemius Crouch.

Harry starrte auf den Punkt. Mr Crouch war doch angeblich zu krank, um zur Arbeit oder zum Weihnachtsball zu kommen – also warum hatte er sich um ein Uhr morgens in Hogwarts eingeschlichen? Harry sah gespannt zu, wie der Punkt sich unablassig im Zimmer auf und ab bewegte und nur hie und da kurz innehielt…

Harry zogerte, uberlegte… und dann gewann seine Neugier die Oberhand. Er drehte sich um und lief in die andere Richtung, bis zur nachsten Treppe. Er wurde schon herausfinden, was Crouch hier zu suchen hatte.

Harry ging, so leise er konnte, treppab, dennoch wandten sich die Kopfe in den Gemalden beim Knarzen eines Dielenbrettes oder bei dem Rascheln seines Pyjamas neugierig um. Er schlich den Korridor einen Stock tiefer entlang, schob auf halbem Weg einen Wandteppich zur Seite und ging eine schmalere Treppe hinunter, eine Abkurzung, die ihn gleich zwei Stockwerke tiefer bringen wurde. Immer wieder warf er einen Blick auf die Karte und wunderte sich… es schien einfach nicht zu diesem korrekten, gesetzestreuen Charakter von Mr Crouch zu passen, so spat in der Nacht in einem fremden Buro herumzuschnuffeln…

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