Harry ware glucklich gewesen, wenn es ihm in den anderen Fachern ebenso gut gefallen hatte. Am schlimmsten war der Zaubertrankunterricht. Snape war dieser Tage ausgesprochen rachsuchtig gelaunt, und der Grund dafur war kein Geheimnis. Die Geschichte von dem Irrwicht, der Snapes Gestalt angenommen hatte und von Neville in die Sachenseiner Gro?mutter gesteckt worden war, hatte sich wie ein Lauffeuer im Schlo? verbreitet. Der Einzige, der das nicht komisch fand, war Snape. Seine Augen blitzten drohend bei jeder Erwahnung von Professor Lupin, und Neville drangsalierte er schlimmer denn je.

Harry empfand auch wachsenden Abscheu vor den Stunden, die er im stickigen Turmzimmer von Professor Trelawney mit der Deutung von Figuren und Symbolen zubrachte, die man irgendwie schrag gegen das Licht halten sollte, und dabei auch noch versuchen mu?te, sich nicht von Professor Trelawneys Tranen ruhren zu lassen, die ihr jedes Mal in die riesigen Augen traten, wenn sie Harry ansah. Professor Trelawney konnte er einfach nicht leiden, wahrend viele andere ihr Hochachtung oder gar Verehrung entgegenbrachten. Parvati Patil und Lavender Brown sturmten jetzt in der Mittagspause regelma?ig hoch in den Turm und kamen immer mit einem uberlegenen Gesichtsausdruck zuruck, der einem lastig werden konnte, gerade so, als ob sie Dinge wu?ten, von denen die andern keine Ahnung hatten. Au?erdem sprachen sie nur noch mit gedampfter Stimme zu Harry, als wurde er schon auf dem Totenbett liegen.

Pflege magischer Geschopfe mochte keiner mehr; nach der dramatischen ersten Stunde war der Unterricht todlangweilig geworden. Hagrid schien sein Selbstvertrauen verloren zu haben. Stunde um Stunde verbrachten sie jetzt damit, Flubberwurmer zu pflegen, die zu den fadesten Geschopfen uberhaupt zahlen mu?ten.

»Warum sollte sich uberhaupt jemand um sie kummern?«, sagte Ron nach einer weiteren Stunde, in der sie klein gehackte Salatblatter in die schleimigen Kehlen der Flubberwurmer gestopft hatten.

Anfang Oktober jedoch fand Harry etwas, das ihn beschaftigte und ihm so viel Spa? machte, da? er den staubtrockenen Unterricht verga?. Die Quidditch-Saison sollte bald beginnen und Oliver Wood, der Kapitan des Gryffindor-Teams, rief sie eines Donnerstags zusammen, um die Taktik fur die kommende Spielzeit zu erortern.

Eine Quidditch-Mannschaft besteht aus sieben Spielern: aus drei Jagern, deren Aufgabe es ist, den Quaffel (einen roten, fu?ballgro?en Ball) durch die in zwanzig Meter Hohe auf Stangen an beiden Seiten des Spielfelds angebrachten Ringe zu werfen; zwei Treibern, die mit schweren Schlagern ausgestattet sind, um die Klatscher abzuwehren (zwei schwere schwarze Balle, die durch die Luft sausen und die Spieler angreifen); einem Huter, der die Tore verteidigt, und dem Sucher, der die schwierigste Aufgabe hat, namlich den Goldenen Schnatz zu fangen, einen winzigen geflugelten Ball von der Gro?e einer Walnu?, dessen Fang das Spiel beendet und dem Team des Suchers hundertfunfzig Punkte extra einbringt.

Oliver Wood war ein stammiger Siebzehnjahriger, inzwischen im siebten und letzten Schuljahr in Hogwarts. An jenem Donnerstagabend im kalten Umkleideraum drau?en am Spielfeldrand, als er vor die anderen sechs Spieler seines Teams trat, war eine Spur von Verzweiflung aus seiner Stimme herauszuhoren:

»Das ist unsere letzte Chance – meine letzte Chance – den Quidditch-Pokal zu gewinnen«, erklarte er, wahrend er vor dem Team auf und ab schritt.»Ende des Jahres gehe ich von der Schule. Noch eine Gelegenheit kriege ich nicht.

Gryffindor hat jetzt seit sieben Jahren nicht mehr gewonnen. Gut und schon, wir hatten tatsachlich schlimmes Pech – Verletzungen, und dann ist das Turnier letztes Jahr auch noch abgeblasen worden…«Wood schluckte, als ob ihm die Erinnerung immer noch wie ein Klumpen im Hals steckte.»Aber wir wissen auch, da? wir das verdammt – noch – mal -beste – Team – der – Schule sind«, sagte er. Dabei schlug er mit der rechten Faust in die linke Handflache und in seinen Augen erschien wieder das alte, manische Glimmen.

»Wir haben drei erstklassige Jagerinnen.«

Wood deutete auf Alicia Spinnet, Angelina Johnson und Katie Bell.

»Wir haben zwei unschlagbare Treiber.«

»Hor auf, Oliver, du machst uns ganz verlegen«, sagten Fred und George und taten so, als wurden sie sich schamen.

»Und wir haben einen Sucher, der noch jedes Spiel fur uns gewonnen hat!«, donnerte Wood und starrte Harry mit einer Art grimmigem Stolz an.»Und mich«, fugte er noch hinzu, als ware es ihm gerade eingefallen.

»Du bist auch ganz toll, Oliver«, sagte George.

»Als Huter ein As«, sagte Fred.

»Die Sache ist die«, fuhr Oliver fort und fing wieder an, auf und ab zu schreiten,»der Quidditch-Pokal hatte in den letzten beiden Jahren unseren Namen tragen mussen. Seit Harry dabei ist, denke ich immer, wir hatten das Ding eigentlich schon in der Tasche. Aber wir haben's nicht geschafft, und jetzt haben wir die letzte Chance, endlich unseren Namen auf diesem Pokal zu sehen…«

Wood schien so niedergeschlagen, da? selbst Fred und George ihn mitleidig ansahen.

»Oliver, das ist unser Jahr«, sagte Fred.

»Diesmal packen wir's, Oliver!«, sagte Angelina.

»Ganz klar«, sagte Harry.

Voll Entschlossenheit begannen sie zu trainieren, drei Abende die Woche. Allmahlich wurde es kalter und regnerischer und es wurde immer fruher dunkel, doch weder Schlamm, Wind noch Regen konnten Harry aus dem wunderbaren Traum rei?en, endlich einmal den riesigen silbernen Quidditch-Pokal zu gewinnen.

Eines Abends nach dem Training kehrte Harry steif gefroren, doch hochst zufrieden mit dem Training ins Schlo? zuruck. Im Gemeinschaftsraum der Gryffindors herrschte ein aufgeregtes Summen.

»Was ist denn hier los?«, fragte er Ron und Hermine, die in zwei der besten Sessel am Kamin sa?en und an ihren Sternkarten fur Astronomie arbeiteten.

»Das erste Wochenende in Hogsmeade«, sagte Ron und deutete auf den Zettel, der am ramponierten alten Notizbrett aufgetaucht war.»Ende Oktober, an Halloween.«

»Klasse«sagte Fred, der Harry durch das Portratloch gefolgt war,»ich mu? zu Zonko, meine Stinkkugelchen sind fast alle.«

Harry lie? sich in den Sessel neben Ron fallen; sein Hochgefuhl versandete rasch. Hermine schien seine Gedanken lesen zu konnen.

»Das nachste Mal kannst du dann sicher mitkommen, Harry«, sagte sie.»Sie werden Black bestimmt bald fassen, er wurde ja schon gesehen.«

»Black ist nicht so bescheuert, in Hogsmeade Arger zu machen«, sagte Ron.»Frag doch McGonagall, ob du dieses eine Mal mitkommen kannst, wer wei?, wann wir wieder durfen -«

»Ron!«, sagte Hermine,»Harry soll in der Schule bleiben.«

»Er kann doch nicht der einzige Drittkla?ler sein, der nicht mit darf«, sagte Ron.»Frag McGonagall, mach schon, Harry.«

»Ja, vielleicht hast du Recht«, sagte Harry nachdenklich.

Hermine offnete den Mund, um zu widersprechen, doch in diesem Moment sprang Krummbein auf ihren Scho?. Eine gro?e tote Spinne hing ihm aus dem Maul.

»Mu? er die denn ausgerechnet vor unseren Augen fressen?«, sagte Ron mi?mutig.

»Kluger Krummbein, hast du die ganz alleine gefangen?«, sagte Hermine.

Gemachlich zerkaute Krummbein die Spinne, die gelben Augen frech auf Ron gerichtet.

»Pa? blo? auf, da? er bei dir bleibt«, sagte Ron gereizt und wandte sich wieder seiner Sternkarte zu.»Kratze schlaft in meiner Tasche.«

Harry gahnte. Am liebsten ware er schlafen gegangen, doch auch er mu?te seine Sternkarte noch zu Ende zeichnen. Er zog seine Tasche heran, holte Papier, Tinte und Feder heraus und begann

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