eine dampfende Tasse Tee vor sich hatte, schnauzte er sich mit einem tischtuchgro?en Taschentuch und sagte:
»Ihr habt Recht, ich kann hier nicht einfach in Grund und Boden versinken. Mu? mich zusammenrei?en…«
Fang, der Saurude, kroch schuchtern unter dem Tisch hervor und legte den Kopf auf Hagrids Knie.
»War in letzter Zeit einfach nicht mehr der Alte«, sagte Hagrid und streichelte Fang mit einer Hand und wischte sich das Gesicht mit der andern.»Mach mir Sorgen wegen Seidenschnabel, und da? keiner meinen Unterricht mag -«
»Wir finden ihn gut!«, log Hermine sofort.
»Ja, ist wirklich toll!«, sagte Ron und kreuzte dabei die Finger unter dem Tisch.»Ahm – wie geht's den Flubberwurmern?«
»Tot«, sagte Hagrid duster.»Zu viel Salat.«
»O nein!«, sagte Ron mit zuckenden Lippen.
»Und diese Dementoren spielen mir ganz ubel mit, konnt ihr glauben«, sagte Hagrid unter jahem Schaudern.»Mu? jedes Mal an denen vorbei, wenn ich in den Drei Besen einen trinken will. Als ob ich wieder in Askaban ware -«
Er verfiel in Schweigen und nahm nur noch hin und wieder einen Schluck Tee. Harry, Ron und Hermine starrten ihn atemlos gespannt an. Nie hatte er ihnen von seiner kurzen Haft in Askaban erzahlt. Nach einer Weile sagte Hermine schuchtern:
»Ist es schlimm dort, Hagrid?«
»Du hast ja keine Ahnung«, sagte Hagrid leise.»Hab noch nie so was erlebt. Dachte, ich wurde verruckt. Standig ging mir furchterliches Zeugs durch den Kopf… der Tag, an dem sie mich aus Hogwarts rausgeworfen haben… der Tag, an dem mein Dad gestorben ist… der Tag, an dem ich Norbert gehen lassen mu?te…«
Seine Augen fullten sich mit Tranen. Norbert war das Drachenbaby, das Hagrid einst beim Kartenspiel gewonnen hatte.
»Du wei?t nach 'ner Zeit nicht mehr, wer du bist. Und du wei?t nicht mehr, warum du uberhaupt noch leben sollst. Ich hab immer gehofft, ich wurd einfach im Schlaf sterben… als sie mich rausgelassen haben, war es, als war ich neu geboren, alles kam wieder auf mich eingestromt, es war das schonste Gefuhl der Welt. Aber ich sag euch, die Dementoren waren gar nicht begeistert davon, da? sie mich gehen lassen mu?ten.«
»Aber du warst unschuldig!«, sagte Hermine.
Hagrid schnaubte.
»Glaubt ihr, das spielt fur die 'ne Rolle? Ist ihnen schnurzegal. Solange ein paar hundert Menschen dort um sie her festsitzen und sie ihnen alles Gluck aussaugen konnen, schert es sie keinen Deut, wer schuldig ist und wer nicht.«
Hagrid verstummte einen Moment und starrte in seinen Tee. Dann sagte er leise:
»Dachte, ich la? Seidenschnabel einfach frei… vielleicht krieg ich ihn dazu, fortzufliegen… Aber wie erklarst du einem Hippogreif, da? er sich verstecken mu?? Und – und ich hab Angst, das Gesetz zu brechen…«Er sah sie an und wieder rannen Tranen uber seine Wangen.»Ich will nie mehr zuruck nach Askaban.«
Der Besuch bei Hagrid war zwar nicht gerade lustig gewesen, doch er hatte die Wirkung, die Ron und Hermine erhofft hatten. Obwohl Harry Black keineswegs vergessen hatte, konnte er nicht standig uber Rache nachbruten, wenn er Hagrid in seiner Sache gegen den Ausschu? fur die Beseitigung gefahrlicher Geschopfe helfen wollte. Am nachsten Tag gingen er, Ron und Hermine in die Bibliothek und kehrten mit den Armen voller Bucher in den leeren Geineinschaftsraum zuruck. Vielleicht stand etwas Hilfreiches fur die Verteidigung Seidenschnabels drin. Alle drei setzten sich vor das prasselnde Feuer und blatterten langsam durch die Seiten der verstaubten Bande uber beruhmte Falle wild gewordener Biester. Nur gelegentlich wechselten sie ein paar Worte, wenn sie auf etwas Wichtiges stie?en.
»Hier ist was… im Jahr 1722 gab es einen Fall… aber der Hippogreif wurde verurteilt – urrgh, schaut mal, was sie mit ihm gemacht haben, das ist ja abscheulich -«
»Das hilft uns vielleicht weiter, seht mal – im Jahr 1296 hat ein Mantikor jemanden zerfleischt und sie haben ihn freigelassen – oh – nein, das war nur, weil sie alle zu viel Angst hatten und keiner sich in seine Nahe traute…«
Unterdessen war das Schlo? wie immer herrlich weihnachtlich geschmuckt worden, auch wenn kaum Schuler dageblieben waren, die sich daruber freuen konnten. Dicke Buschel aus Stechpalmenzweigen und Misteln zogen sich die Korridore entlang, aus den Rustungen leuchteten geheimnisvolle Lichter und in der Gro?en Halle prangten die ublichen zwolf Weihnachtsbaume, an denen goldene Sterne glitzerten. Ein uberwaltigender und leckerer Geruch aus den Kuchen wehte durch die Korridore und am Weihnachtsabend war er so stark geworden, da? selbst Kratze die Nase aus Rons schutzender Tasche herausstreckte und hoffnungsvoll schnupperte.
Am Weihnachtsmorgen weckte Ron Harry, indem er ihm ein Kissen an den Kopf warf.
»Hallo! Geschenke!«
Harry tastete nach seiner Brille und setzte sie auf, dann schaute er durch das Halbdunkel zum Bettende, wo ein kleiner Haufen Packchen lag. Ron war schon dabei, das Papier von seinen Geschenken zu rei?en.
»Noch ein Pulli von Mum… wieder kastanienbraun sieh nach, ob du auch einen hast.«
Harry hatte. Mrs Weasley hatte ihm einen scharlachroten Pulli geschickt, den Gryffindor-Lowen auf die Brust gestickt, zusammen mit einem Dutzend selbst gebackener Pfefferminztortchen, einem Stuck Weihnachtskuchen und einer Schachtel Nu?krokant. Als er all diese Sachen beiseite schob, sah er ein langes, schmales Paket darunter liegen.
»Was ist das?«, fragte Ron, der mit einem frisch ausgepackten Paar kastanienbrauner Socken in der Hand zu ihm herubersah.
»Keine Ahnung…«
Harry ri? das Packchen auf und erstarrte mit offenem Mund, als ein schimmernder Besen auf seine Bettdecke rollte. Ron lie? die Socken fallen und sprang vom Bett, um sich die Sache naher anzusehen.
»Ich fa? es nicht«, sagte er mit rauher Stimme.
Es war ein Feuerblitz, der gleiche wie der Traumbesen, den sich Harry Tag fur Tag in der Winkelgasse angesehen hatte. Der Stiel glanzte, als er ihn hochhielt. Er spurte ihn vibrieren und lie? ihn los; er blieb mitten in der Luft schweben, ohne Halt, auf genau der richtigen Hohe, um ihn besteigen zu konnen. Harrys Augen wanderten von der goldenen Seriennummer an der Spitze des Stiels hinuber zu den vollkommen glatten, stromlinienformig gestutzten Birkenzweigen, die den Schweif bildeten.
»Wer hat dir den geschickt?«, fragte Ron mit andachtiger Stimme.
»Schau nach, ob irgendwo eine Karte rumliegt«, sagte Harry.
Ron zerri? die Verpackung des Feuerblitzes.
»Nichts! Meine Gute, wer sollte denn so viel Gold fur dich ausgeben?«
»Nun«, sagte Harry vollig verdutzt,»ich wette jedenfalls, da? es nicht die Dursleys waren.«
»Ich wette, es war Dumbledore«, sagte Ron, der jetzt Runde um Runde um den Feuerblitz drehte und jeden herrlichen Zentimeter genu?lich betrachtete.»Er hat dir auch den Tarnumhang anonym geschickt…«
»Der gehorte allerdings meinem Dad«, sagte Harry.»Dumbledore hat ihn nur an mich weitergegeben. Er wurde keine funfhundert Galleonen fur mich ausgeben. Das kann er einfach nicht machen, seinen Schulern solche Sachen schenken -«