Harry suchte den scharlachroten Mannschaftsumhang heraus und zog, weil ihm kalt war, seinen Mantel druber. Dann schrieb er einen Zettel fur Ron und stieg mit geschultertem Nimbus Zweitausend die Wendeltreppe hinunter in den Gemeinschaftsraum. Kurz vor dem Portratloch horte er hinter sich Getrappel. Colin Creevey raste mit wild umherpendelnder Kamera die Wendeltreppe herunter. In der Hand hielt er etwas umklammert.

»Hab gehort, wie jemand auf der Treppe deinen Namen genannt hat, Harry! Schau mal, was ich hier hab! Ich hab's entwickeln lassen und wollte es dir zeigen -«

Gedankenverloren sah Harry auf das Foto, das ihm Colin unter die Nase hielt.

Ein schwarzwei?er Lockhart bewegte sich darauf und zerrte mit Leibeskraften an einem Arm, den Harry als seinen eigenen erkannte. Mit Genugtuung stellte er fest, da? sein Foto-Ich es Lockhart mehr als schwer machte und sich partout nicht ins Blickfeld zerren lie?. Schlie?lich gab Lockhart auf und sank nach Luft ringend am wei?en Bildrand nieder.

»Schreibst du deinen Namen drauf?«, fragte Colin schmeichelnd.

»Nein«, erwiderte Harry schlicht und blickte sich um, ob wirklich niemand im Raum war.»Tut mir Leid, Colin, ich hab's eilig – Quidditch-Training -«

Er kletterte durch das Portratloch.

»Au klasse! Wart auf mich! Ich hab noch nie ein Quidditch-Spiel gesehen!«

Und Colin kraxelte hinter ihm her.

»Das ist sicher ganz langweilig fur dich«, sagte Harry rasch, doch Colin, das Gesicht leuchtend vor Begeisterung, horte nicht auf ihn.

»Du bist der jungste Hausspieler seit hundert Jahren, stimmt doch, Harry?«, sagte Colin, neben ihm hertrottend.»Du mu?t ein toller Spieler sein. Ich bin noch nie geflogen. Ist es leicht? Ist das dein Besen? Ist das der beste, den es gibt?«

Harry wu?te nicht, wie er ihn loswerden konnte. Es war, als hatte er einen au?erst redseligen Schatten.

»Ich versteh eigentlich nichts von Quidditch«, sagte Colin au?er Atem.»Stimmt es, da? es vier Balle gibt? Und zwei davon fliegen herum und wollen die Spieler von den Besen hauen?«

»ja«, sagte Harry mit schwerer Stimme. Wohl oder ubel mu?te er die schwierigen Quidditch-Regeln erklaren.»Sie hei?en Klatscher. Es gibt in jeder Mannschaft auch zwei Treiber mit Schlagern, die die Klatscher von den eigenen Leuten wegzujagen versuchen. Fred und George Weasley sind die Treiber fur Gryffindor.«

»Und wozu sind die anderen Balle?«, fragte Colin und stolperte uber ein paar Stufen, weil er mit offenem Munde unverwandt Harry anstarrte.

»Nun, der Quaffel – der gro?e rote Ball -, mit dem schie?en wir Tore. Die drei Jager in jeder Mannschaft werfen sich den Quaffel zu und versuchen ihn durch die Tore am Ende des Spielfelds zu kriegen – das sind drei lange Stangen mit Ringen an der Spitze.«

»Und der vierte Ball -«

»- ist der Goldene Schnatz«, sagte Harry,»und der ist sehr klein, sehr schnell und schwer zu fangen. Das ist die Aufgabe des Suchers, denn ein Quidditch-Spiel endet nicht, bevor der Schnatz gefangen ist. Und die Mannschaft, deren Sucher den Schnatz kriegt, bekommt hundertfunfzig Punkte extra.«

»Und du bist der Sucher von Gryffindor, nicht?«, sagte Colin ehrfurchtsvoll.

»ja«, sagte Harry, als sie aus dem Schlo?tor gingen und sich auf den Weg uber den taugetrankten Rasen machten.»Und dann gibt es noch den Huter. Er bewacht die Tore. Das war's jetzt aber.«

Doch Colin horte nicht auf, Harry den ganzen Weg uber den Rasen hinunter zum Quidditch-Feld mit Fragen zu lochern, und Harry konnte ihn erst abschutteln, als sie die Umkleidekabinen erreicht hatten.»Ich geh und besorg mir einen guten Platz, Harry!«, rief Colin ihm noch piepsend hinterher, dann rannte er zu den Tribunen.

Die andern aus der Mannschaft von Gryffindor waren schon anwesend, falls man das so nennen konnte. Wood war der Einzige, der wirklich wach aussah. Fred und George Weasley sa?en mit geschwollenen Augen und zerzausten Haaren neben der Viertkla?lerin Alicia Spinnet, die schlaftrunken immer wieder einnickte und dabei mit dem Kopf gegen die Wand schlug. Gegenuber sa?en Seite an Seite ihre Mitjagerinnen Katie Bell und Angelina Johnson und gahnten.

»Da bist du ja, Harry, wo warst du denn so lange?«, sagte Wood munter.»Nun denn, ich wollte noch kurz mit euch reden, bevor wir rausgehen aufs Feld. Den Sommer uber habe ich namlich ein ganz neues Trainingsprogramm entwickelt, und ich bin uberzeugt, da? es uns den entscheidenden Schritt nach vorn bringt…«

Wood hielt eine gro?e Tafel mit dem Plan des Quidditch-Feldes in die Hohe. Mit Tinten in verschiedenen Farben waren Linien, Pfeile und Kreuze darauf eingezeichnet. Wood zuckte seinen Zauberstab, tippte auf die Tafel, und die Pfeile begannen uber den Plan zu krabbeln wie Raupen. Wahrend er seinen Vortrag uber die neue Spieltaktik hielt, sank Fred Weasleys Kopf auf Alicia Spinnets Schulter und er begann zu schnarchen.

Wood brauchte zwanzig Minuten, um die Tafel zu erlautern, doch unter der war noch eine zweite, und darunter noch eine dritte. Harry doste ein, wahrend Wood unablassig weiterplapperte.

»So«, sagte Wood endlich und ri? Harry aus einem wohligen Dammerschlaf, in dem er sich vorstellte, was er in diesem Augenblick oben im Schlo? zum Fruhstuck verspeisen konnte.»Ist alles klar? Noch Fragen?«

»Ich hab eine Frage, Oliver«, sagte der aus dem Schlaf hochgeschreckte George.»Warum hast du uns das nicht gestern erzahlt, als wir wach waren«

Wood war nicht entzuckt.

»Nun hort mal zu, ihr Schlafmutzen«, sagte er und sah sie alle finster an.»Wir hatten letztes Jahr den Quidditch-Pokal gewinnen mussen. Wir sind bei weitem das beste Team. Doch unglucklicherweise – aufgrund von Ereignissen, die wir nicht vorhersehen konnten -«

Harry rutschte unruhig auf seinem Platz umher. Beim Endspiel letztes Jahr hatte er bewu?tlos im Krankenflugel gelegen, Gryffindor hatte einen Spieler weniger gehabt und die schlimmste Niederlage seit dreihundert Jahren einstecken mussen.

Wood brauchte einen Moment, um sich wieder zu fassen. Die letzte Niederlage qualte ihn offenbar immer noch.

»Deshalb strengen wir uns dieses Jahr noch mehr an als sonst… Also los, gehen wir und setzen unsere neuen Theorien in die Praxis um!«, rief Wood, packte seinen Besen und marschierte hinaus. Steifbeinig und immer noch gahnend folgte ihm seine Mannschaft.

Sie waren so lange in der Kabine gewesen, da? die Sonne inzwischen ganz aufgegangen war, wenn auch noch Reste des Morgennebels uber dem Stadionrasen hingen. Als Harry das Feld betrat, sah er Ron und Hermine auf der Tribune sitzen.

»Seid ihr noch nicht fertig?«, rief Ron unglaubig.

»Haben noch nicht mal angefangen«, entgegnete Harry und schielte neidisch auf die Toasts mit Marmelade, die Ron und Hermine aus der Gro?en Halle mitgebracht hatten.»Wood hat uns neue Spielzuge erlautert.«

Er bestieg seinen Besen, stie? sich vom Boden ab und sauste hoch in die Lufte. Die kuhle Morgenluft peitschte ihm ins Gesicht und weckte seine Lebensgeister grundlicher als Woods langatmiger Vortrag. Ein wunderbares Gefuhl, wieder auf dem Quidditch-Feld zu sein. Mit vollem Karacho sauste er um das Stadion und jagte Fred und George hinterher.

»Was ist das fur ein komisches Klicken?«, rief Fred, als sie sich in eine Kurve legten.

Harry blickte hinunter auf die Range. Colin sa? auf einem der hochsten Platze, hielt die Kamera vor die Augen und scho? ein Foto nach dem andern. In dem fast menschenleeren Stadion klang das Klicken merkwurdig laut.

»Schau hierher, Harry, hierher!«, rief er schrill.

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