unglaubiger Miene an; Seamus Finnigan und Dean Thomas, die in der ersten Reihe sa?en, schuttelten sich vor unterdrucktem Lachen. Hermine hingegen lauschte Lockhart mit verzuckter Aufmerksamkeit und zuckte zusammen, als er ihren Namen nannte.
»… doch Miss Hermine Granger kennt meinen geheimen Wunsch, die Welt von allem Bosen zu befreien und meine eigene Serie von Haarpflegeprodukten zu vermarkten. Gutes Madchen! Tatsachlich -«er uberflog ihre Arbeit,»die volle Punktzahl! Wo ist Miss Hermine Granger?«
Hermine hob eine zitternde Hand.
»Hervorragend!«, strahlte Lockhart,»ganz hervorragend! Nehmen Sie zehn Punkte fur Gryffindor! Und nun zu den ernsten Dingen«
Er beugte sich hinter seinen Tisch, hob einen gro?en, tuchbedeckten Kafig hoch und stellte ihn auf die Tischplatte.
»Ich muss euch warnen! Es ist meine Aufgabe, euch gegen die heimtuckischsten Geschopfe zu wappnen, die die Zauberer-welt kennt! Und es mag durchaus sein, da? ihr in diesem Raum euren schlimmsten Angsten ins Gesicht sehen musst. Ihr sollt jedoch wissen, da? euch nichts passieren kann, solange ich hier bin. Alles, was ich verlange, ist, da? ihr ruhig bleibt.«
Widerwillig beugte sich Harry zur Seite, um an seinem Bucherstapel vorbei den Kafig besser sehen zu konnen. Lockhart legte eine Hand auf die Abdeckung. Dean und Seamus hatten jetzt aufgehort zu lachen. Neville vorn in der ersten Reihe kauerte sich in seinem Stuhl zusammen.
»Ich mu? euch bitten, nicht zu schreien«, sagte Lockhart mit leiser Stimme,»das konnte sie reizen.«
Die ganze Klasse hielt die Luft an und Lockhart zog die Decke vom Kafig.
»Ja«, sagte er mit theatralischer Stimme,»frisch gefangene Wichtel aus Cornwall.«
Seamus Finnigan konnte nicht mehr an sich halten. Er prustete los und selbst Lockhart konnte dieses Lachen nicht mit einem Entsetzensschrei verwechseln.
Ja?«, sagte er lachelnd zu Seamus.
»Nun, sie sind nicht – sie sind nicht sehr – gefahrlich, oder?«, sagte er mit verschluckter Stimme.
»Da war ich mir nicht so sicher!«, sagte Lockhart und fuchtelte lastig mit dem Finger vor Seamus' Nase herum.»Teuflisch trickreiche kleiner Biester konnen das sein«
Die Wichtel waren leuchtend blau und etwa zwanzig Zentimeter gro?, mit spitzen Gesichtern und so schrillen Stimmen, da? man meinen konnte, einen Haufen streitender Wellensittiche vor sich zu haben. Kaum war die Abdeckung weg, begannen sie auch schon zu plappern und umherzuflitzen, sie ruttelten an den Kafigstaben und zogen den Schulern in der Nahe ha?liche Grimassen.
»Nun gut«, sagte Lockhart laut.»Sehen wir mal, wie ihr mit ihnen klarkommt!«Und er offnete den Kafig.
Es war, als hatte er das Tor zur Holle aufgesto?en. Pfeilschnell schossen die Wichtel heraus und in alle Richtungen davon. Zwei von ihnen packten Neville bei den Ohren und hoben ihn in die Luft. Einige brachen geradewegs durchs Fenster und lie?en einen Hagel aus Glassplittern uber die hinteren Reihen niederprasseln. Der Rest machte sich daran, das Klassenzimmer grundlicher zu verwusten als ein rasendes Nilpferd. Sie packten Tintenfasser und spritzten damit in der Klasse herum, zerfetzten Bucher und Papiere, rissen Bilder von den Wanden, stulpten den Papierkorb um, packten Taschen und Bucher und warfen sie aus dem zerborstenen Fenster; nach ein paar Minuten nahmen die Schuler unter ihren Tischen Deckung und Neville pendelte vom Kronleuchter an der Decke.
»Na kommt schon! – treibt sie zusammen, zeigt es ihnen! Es sind doch blo? Wichtel«, rief Lockhart.
Er rollte die Armel hoch, fuchtelte mit seinem Zauberstab und brullte:»Peskiwichteli Pesternomi!«
Nichts passierte, au?er da? einer der Wichtel Lockharts Zauberstab packte und ihn aus dem Fenster warf. Lockhart schluckte vor Schreck und tauchte ab unter seinen Tisch, wobei er gerade noch Gluck hatte, nicht von Neville zerquetscht zu werden, der eine Sekunde spater mitsamt dem Kronleuchter herunterkrachte.
Die Glocke lautete und alle rannten in wilder Hast zum Ausgang. Nun trat ein wenig Ruhe ein. Lockhart richtete sich auf, sah Harry, Ron und Hermine, die fast an der Tur waren, und sagte:
»Nun, ich bitte euch drei, den Rest von ihnen einfach wieder in den Kafig zu sperren.«Er huschte an ihnen vorbei und schlo? rasch die Tur hinter sich.
»Das ist doch unglaublich!«, brullte Ron, als einer der verbliebenen Wichtel ihn ins Ohr bi?.
»Er will doch nur, da? wir ein wenig praktische Erfahrung sammeln«, sagte Hermine, legte mit einem pfiffigen Erstarrungszauber zwei Wichtel auf einmal lahm und stopfte sie zuruck in den Kafig.
»Praktische Erfahrung?«, sagte Harry und versuchte einen Wichtel zu packen, der jedoch tanzelnd entwich und ihm die Zunge rausstreckte.»Hermine, der hatte doch keinen blassen Schimmer von dem, was er da hatte tun sollen -«
»Unsinn«, sagte Hermine,»du hast doch seine Bucher gelesen – uberleg doch mal, was fur tolle Sachen er gemacht hat -«
»Die er angeblich gemacht hat«, murmelte Ron.
Die unheimliche Stimme
In den nachsten Tagen war Harry hauptsachlich damit beschaftigt, rasch abzutauchen, wenn er Gilderoy Lockhart herumstolzieren sah. Schwieriger war es allerdings, Colin Creevey aus dem Weg zu gehen. Colin hatte Harrys Stundenplan offenbar auswendig gelernt. Nichts schien ihm mehr Spa? zu machen, als sechs oder sieben Mal taglich»Alles klar, Harry?«zu rufen und darauf»Hallo, Colin«zu horen, und mochte Harry dabei noch so entnervt klingen.
Hedwig war wegen der furchterlichen Reise immer noch sauer auf Harry, und Rons Zauberstab spielte immer noch verruckt. Am Freitagmorgen ubertraf er sich selbst: Pfeilschnell scho? er aus Rons Hand, flog genau zwischen die Augen des kleinen alten Professor Flitwick und hinterlie? dort eine gro?e, pulsierende grune Beule. So kam das eine zum andern, und Harry war ganz froh, da? endlich Wochenende war. Mit Ron und Hermine wollte er am Samstagvormittag Hagrid besuchen. Fruhmorgens jedoch, nach Harrys Geschmack ein paar Stunden zu fruh, ruttelte ihn Oliver Wood, der Kapitan der Quidditch-Mannschaft von Gryffindor, aus dem Schlaf,
»Wasn los?«, sagte Harry noch ganz benommen.
»Quidditch-Training«, sagte Wood.»Mach schon«
Harry blinzelte aus dem Fenster. Ein leichter Nebelschleier hing am gold und rosa gefarbten Himmel. jetzt, wo er wach war, begriff er nicht, wie er bei dem Hollenspektakel der Vogel hatte schlafen konnen.
»Oliver«, krachzte Harry,»in dieser Herrgottsfruhe.«
»Selbstverstandlich«, sagte Wood. Er war ein gro?er und stammiger Sechstkla?ler, und seine Augen waren voll gluhender Begeisterung.»Unser neues Trainingsprogramm. Los jetzt, nimm deinen Besen und la? uns endlich gehen«, sagte Wood energisch.»Von den andern Mannschaften hat noch keine mit dem Training angefangen, dieses Jahr sind wir die Ersten in den Startlochern -«
Gahnend und ein wenig frostelnd stieg Harry aus dem Bett und machte sich auf die Suche nach seinem Quidditch-Umhang.
»Bist ein guter Mann«, sagte Wood.»Wir sehen uns in einer Viertelstunde auf dem Feld.«