denke, er konnte uns begleiten. Es liegt doch in der Natur des Bosen, teilen zu mussen, wenn man nicht teilen will, oder?«

»Ich furchte, das ist unmoglich«, sagte Ylith. »Babriel ware damit niemals einverstanden.«

»Babriel?«

»Ja, er ist es, den ich liebe. Er hat mich eingeladen, ihn zu einem hubschen kleinen Ort zu begleiten, wo es grune Wiesen, verspielte Lammer und uberall leuchtende Fruhlingsblumen gibt.«

»Klingt ekelhaft«, kommentierte Azzie. »Was geht nur in dir vor, Ylith? Es liegt nicht in der Natur des Bosen, Gefallen an Lammern zu finden, es sei denn in Form von gegrillten Koteletts mit etwas Rosmarin und Minzso?e.«

»Immer noch derselbe alte Azzie«, stellte Ylith fest. »Du hast nicht verstanden. Ich bin konvertiert. Ich habe beschlossen, gut zu sein.«

»Nein! Nicht du, Ylith! Du brauchst sofort einen Exorzismus!«

»Das hat uberhaupt nichts damit zu tun«, erwiderte sie. »Ich habe mich in Babriel verliebt. Ich mochte mit ihm gehen und jemand sein, den er lieben und respektieren kann.«

Azzie ri? sich zusammen und stellte die entscheidende Frage. »Bist du dir sicher, da? du das wirklich willst?«

»Vollkommen. Sieh her!« Sie drehte sich um, und Azzie entdeckte die rudimentaren Flugel, die aus ihrem Rucken wuchsen. Sie waren wei?er als Schnee, wei?er als der Schaum auf der offenen See. Noch waren sie winzig, aber sie wurden wachsen. Ylith war ein Geschopf des Lichtes geworden.

»Das ist absto?end«, sagte Azzie. »Du wirst es noch bereuen, das verspreche ich dir.«

Er lie? die Tur hinter sich offen, als er aus dem Zimmer stolzierte.

KAPITEL 5

Der Marchenprinz und Prinzessin Rosenrot! Und ihr Gluck! Azzie war gegen seinen Willen fasziniert. Er kehrte zu dem magischen Spiegel in seinem Arbeitszimmer zuruck. Der Spiegel war gro? und hatte einen schwachen blaulichen Farbton. Azzie stolperte auf ihn zu, eine Flasche Jauche in der Hand, und blieb davor stehen. Er starrte in den Spiegel und befahl: »Zeig sie mir!«

»Wen soll ich zeigen?« fragte der Spiegel.

»Das wei?t du verdammt genau!« fauchte Azzie.

»Einen Moment Geduld, bitte, wahrend ich die Verbindung herstelle«, erwiderte der Spiegel.

Azzie wartete wutentbrannt. In dem Leder sack neben ihm wanden sich Frikes Korperteile. Er ignorierte sie. Von damonischer Besessenheit und unheiligem Tatendrang erfa?t, sah er zu, wie der Spiegel zuerst verschwommen, dann wieder langsam klar wurde und den Marchenprinzen und Prinzessin Rosenrot zeigte. Wie hubsch sie waren! In Seide gekleidet, schienen sie ein Symbol all dessen zu sein, was in der Welt gut war. Azzie konnte horen, wie sie mit leisen und wohlklingenden Stimmen Belanglosigkeiten austauschten.

»Bist du mein su?er Schnuckiputz?« fragte Rosenrot.

»Ich bin auf ewig dein«, erwiderte der Marchenprinz. »Ich wei?, da? man in diesen Dingen gewohnlich nicht an das Ende denkt. Ich wei?, da? die tiefen Spuren des Alters spater sagen werden, ich hatte dich schlecht behandelt und du hattest standig an mir herumgenorgelt. Aber was kummern uns solche zynischen Betrachtungen? Wir sind jung, verliebt und schon, und im Gegensatz zur landlaufigen Erwartung werden wir es noch sehr lange bleiben und uns aufrichtig und herrlich lieben.«

»Wie schon du das gesagt hast!« sauselte Rosenrot und glitt wieder in seine Arme.

»Seid ihr glucklich, ihr zwei?« fragte Azzie. »Das werden wir ja noch sehen. Es mu? doch irgend etwas geben, das ich tun kann.«

»Das gibt es, Herr!« erklang es aus dem Leder sack.

»Was denn?« wollte Azzie wissen.

»Ach, Gebieter, nehmt Euch die Zeit, mich wieder zusammenzusetzen, und ich werde es Euch mit Freuden verraten.«

»Es sollte lieber eine gute Idee sein«, murmelte Azzie murrisch. »Besser als ein schneller Schwerthieb.«

Er offnete den Ledersack, breitete Frikes Einzelteile auf dem Tisch aus und setzte sie schnell zusammen. In seiner Eile und Trunkenheit pfuschte er ein wenig bei den Armen, aber alles in allem war es eine ansehnliche Arbeit.

»Danke, Herr«, sagte Frike.

»Sprich schon, raus damit!«

»O Gebieter, Ihr konnt Euch noch immer an diesen abscheulich hubschen und glucklichen jungen Leuten rachen. Die unbegrenzte Kreditkarte Herr! Ihr habt sie noch immer!«

»Was fur eine gute Idee, Frike! Ich werde ihnen schon bald die Rechnung fur ihren Spa? prasentieren!«

Er zog die Karte aus seiner Westentasche und schlug damit zweimal auf eine dazu geeignete widerwartige Unterlage. Ein kleiner Spalt tat sich fur einen Sekundenbruchteil auf, und dann erschien der Angestellte der Abteilung fur Ausrustung und Zubehor.

»Ja, Sie wunschen?«

»Ich habe einen besonderen Wunsch«, sagte Azzie und lachelte bosartig, ein Gesichtsausdruck, den er haufig geubt, aber bisher nie richtig benutzt hatte. Er hatte ihn fur eine Gelegenheit wie diese aufgehoben.

»Und der ware?«

»Erst einmal eine hubsche Katastrophe. Ich mochte das Schlo? des Marchenprinzen und seiner Gattin zum Einsturz bringen. Dann brauche ich eine besondere Holle, in die ich die beiden fur ein paar tausend Jahre sperren kann, um ihnen zu beweisen, da? es sich nicht auszahlt, sein Gluck vor den Augen eines Damons zu feiern.«

»Was fur eine Katastrophe?« fragte der Angestellte und griff nach Stift und Auftragsformular.

»Nehmen wir ein Erdbeben.«

»Ein Erdbeben wird geliefert«, erwiderte der Angestellte. »Und danach zeige ich Ihnen unsere Kollektion besonderer Hollen.« Er schlug ein gro?es Buch auf. Plotzlich hob er den Kopf. Eine gro?e Glocke hatte zu lauten begonnen. Azzie horte es ebenfalls. Auch im Dorf in der Nahe seines Anwesens lauteten die Glocken.

»Was soll das?« fragte er. »Es ist doch nicht Sonntag, oder?«

Frike war zum Fenster geeilt. »Nein, Herr, es ist der Beginn der Feierlichkeiten zur Jahrtausend wende. In den Stra?en tanzen die Menschen! O Gebieter, welch Anblick unangebrachter Freude bietet sich da meinen Augen!«

»Zur Holle damit«, knurrte Azzie. »Worauf warten Sie noch?« fragte er den Angestellten.

Der Mann lachelte niedertrachtig und schlug das Buch zu. »Tut mir leid, aber Ihr Auftrag wurde storniert.«

»Was wollen Sie damit sagen? Wenn Sie nicht sofort tun, was ich von Ihnen verlange, mache ich mir aus Ihren Darmen eine Halskette!«

»Nein, das werden Sie nicht tun«, erwiderte der Angestellte. »Es ist der Glockenschlag zum Mittag. Der Jahrtausendwettkampf ist voruber. Die Hohen Machte der Finsternis haben Ihre unbegrenzte Kreditkarte geloscht.«

»Nein, das durfen sie nicht! Noch nicht! Ich mu? noch diese letzte Sache erledigen!«

Er hielt die Karte hoch und wedelte hektisch damit herum. Der Mitarbeiter der Abteilung fur Ausrustung und Zubehor grinste mit boser Befriedigung und machte eine Handbewegung. Die Karte zerschmolz Azzie zwischen den Fingern.

Azzie stie? einen gellenden Schrei aus, in dem Wut, Verwirrung und Wahnsinn mitschwangen. Frike stahl sich davon und versteckte sich in einem kunstvoll geschnitzten Kleiderschrank. Azzie stampfte mit dem Fu? auf. Der Boden unter ihm offnete sich, und er sank in die Tiefe, immer tiefer und tiefer in einen abgelegenen, finsteren kalten Tunnel, in dem er eine Weile herumwandern und seine Fassung wiederfinden wurde. Frike eilte zu dem Loch und spahte hinab. Er konnte Azzie sehen, der unaufhaltsam hinab sank und noch immer Rauchwolken ausstie?.

Und im ganzen Land lauteten die Glocken von Dorf zu Dorf die Jahrtausendwende ein.

Ende

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