„Okay, Easy. Wollen Sie mir nicht wenigstens erklaren, was Swift vorhat? Warum haben Sie zu diesem ungebildeten Hohlenbewohner mehr Vertrauen als zu Nick und mir?“

„Die anderen Wissenschaftler halten ihn keineswegs fur ungebildet“, antwortete Easy spitz. „Wenn ich Ihnen den Plan erklare, erfahrt Aminadabarlee davon und macht meinen Vater nervos. Sehen Sie uns ruhig zu; es dauert bestimmt nicht mehr lange.“

„Was halt Ihr junger Freund von dem Gedanken, seinen Vater nicht zu informieren?“

„Du hast nichts dagegen, nicht wahr, ›Mina‹?“

„Nein“, stimmte der junge Drommianer zu. „Dad hat mir gesagt, da? ich alles tun mu?, was Easy sagt, und au?erdem war er nicht nett zu ihr. Wir werden es ihm schon zeigen!“

Raeker zog die Augenbrauen in die Hohe und war plotzlich wieder in etwas optimistischerer Stimmung.

Wenn die beiden diesen Aminadabarlee hereinlegen wollten …

Dann wurde offenbar, was Swift vorhatte. Eine Gruppe von Jagern erschien und schleppte ein Schwebetier hinter sich her. Die gefahrlichen Fangarme und Nesselfaden waren entfernt worden — deshalb hatte also jede Gruppe einen mit einer Axt bewaffneten Eingeborenen mitgenommen — und die meisten der Gaszellen waren durchlochert, damit das Tier am Boden blieb. Andererseits waren noch genugend Zellen gefullt, uber deren beabsichtigte Verwendung jetzt kaum noch ein Zweifel bestehen konnte.

Die Wasserstoffzellen des Bathyskaphen waren selbstverstandlich mit Druckausgleichventilen ausgerustet, die verhinderten, da? in den einzelnen Zellen ein gefahrlicher Uberdruck entstehen konnte. Diese Offnungen waren normalerweise geschlossen, aber es war durchaus moglich, von au?en ein dunnes Rohr in sie hineinzuschieben und die Zelle mit Gas oder einer Flussigkeit zu fullen.

Genau das taten die Eingeborenen unter Nicks Anleitung jetzt; Raeker konnte nicht erkennen, was sie als Rohr benutzten, war aber keineswegs uberrascht, da? sie eines improvisiert hatten. Der Transfer des Gases von einer Zelle in die andere gelang naturlich nicht restlos, aber niemand schien sich deswegen Sorgen zu machen. Schlie?lich standen Schwebetiere in jeder beliebigen Menge zur Verfugung.

„Jetzt sehe ich auch, was Sie vorhaben“, sagte Raeker nach wenigen Minuten durch den Roboter. „Aber vielleicht hat die Sache doch einen Haken.“

„Welchen?“ erkundigte Easy sich sofort, woraus zu entnehmen war, da? auch sie gewisse Zweifel empfand.

„Der Bathyskaph ist so konstruiert, da? er Wasserstoffgas braucht, um schweben zu konnen. Woher wissen Sie denn, da? dieses Zeug das Schiff so hoch tragt, da? Sie die Triebwerke zunden konnen, selbst wenn ein Ingenieur an Bord kommt, um…“

„Warum glauben Sie, da? es nicht Wasserstoff ist?“

„Warum glauben Sie, da? es welcher ist?“

„Welche Gase kann es Ihrer Meinung nach vermutlich auf Tenebra geben?“

„Oh, ziemlich viele, nehme ich an … Nein, vielleicht doch nicht; ich wei? es nicht, weil ich mich noch nie mit diesem Problem beschaftigt habe.“ Raeker wurde plotzlich einiges klar. „Sie haben mit unseren Ingenieuren gesprochen!“

„Selbstverstandlich. Ich wollte nicht unhoflich sein, aber von wem hatte ich sonst etwas uber die Konstruktion des Bathyskaphen erfahren konnen? Ich gebe gern zu, da? Sie Tenebra wie Ihre Hosentasche kennen, aber das war fur meine Zwecke nicht ausreichend.“

„Aha“, sagte Raeker nachdenklich. „Richtig, ich habe mich vielleicht nicht genugend mit der Maschine befa?t, sondern vor allem an die Rolle gedacht, die Nick und seine Gruppe spielen sollten. Aber wie steht es mit der elektrischen Anlage; brauchen Sie die nicht doch? Was wollen Sie tun, wenn die Zellen genug Gas enthalten, um den Bathyskaphen einige Meter hochzuheben, so da? die Eingeborenen ihn nicht mehr erreichen konnen — aber noch zuwenig, um genugend Auftrieb zu liefern? Ware es nicht besser, wenn Swifts Leute das Schiff wenigstens festhalten wurden? Vielleicht warten Sie uberhaupt lieber…“

Lautes Gelachter unterbrach ihn. Es kam nicht von Easy, die einen Augenblick lang beeindruckt gewesen war, sondern von den Wissenschaftlern, die hinter Raeker in dem Kontrollraum standen. Raeker merkte, da? sie uber ihn lachten. Er war wutend; dann fiel ihm ein, da? er selbst daran schuld war. Er stimmte in das Gelachter ein, wahrend einer der Wissenschaftler ihm einen kleinen Vortrag uber Elementarphysik zu halten begann.

Um mehr handelte es sich namlich im Grunde genommen wirklich nicht. Nick machte von der Erkenntnis Gebrauch, die er wahrend der ersten Versuche mit dem Flo? gewonnen hatte, und sorgte dafur, da? immer mehr vordere als hintere Zellen gefullt wurden. Als der Bathyskaph langsam nach oben schwebte, wurde er naturlich von dem Wind auf den Vulkan zugetrieben; er stieg zunachst nur so wenig, da? die beiden Kinder Gelegenheit hatten, das gluhende Innere des Kraters aus verhaltnisma?ig niedriger Hohe zu betrachten. Das Schiff sank erschreckend rasch, als es warmere Luftschichten erreichte, stieg aber rechtzeitig wieder auf, weil die Gasfullung der Zellen sich ebenfalls erwarmte. Als der Lichtschein allmahlich unter ihnen versank, warteten Easy und Aminadorneldo freudig erregt auf die Ankunft der Pinasse.

14

„Ich habe Ihnen doch gesagt, da? die meisten Menschen dumm und unfahig sind!“ Aminadabarlee dachte nicht daran, seine liebgewordenen Ideen plotzlich aufzugeben. „Sie bereiten wochenlang eine umstandliche Rettungsaktion vor und mussen dann schlie?lich zugeben, da? ein primitiver Eingeborenenhauptling mit keinerlei Schulbildung mehr Grips als alle hier anwesenden Wissenschaftler hat. Sie vergeuden sechzehn Jahre, um dort unten Ihre Schuler auszubilden, und lernen dann in einer Woche mehr von den Wilden, mit denen Sie nie zuvor in Verbindung getreten waren.“

„Vermutlich hatten die Eingeborenen versucht, den Roboter aufzufressen, wenn er sich ihnen genahert hatte“, widersprach Easy. „Sie mussen berucksichtigen, da? ›Mina‹ und ich Swift kennengelernt haben.

Er respektiert den Roboter nur deshalb, weil er mit ihm sprechen und etwas von ihm lernen kann. Unter anderen Umstanden hatte er ihn wahrscheinlich ignoriert oder sogar zerstort.“

Aminadabarlee warf seinem Sohn einen fragenden Blick zu; der junge Drommianer nickte zustimmend.

„Na, jedenfalls la?t sich mit Swifts Leuten wesentlich mehr anfangen, was ich demnachst beweisen werde.“

„Wie?“ erkundigte sich Raeker.

„Indem ich veranlasse, da? Dromm eine eigene Expedition nach Tenebra schickt — in spatestens zwei oder drei Monaten. Wir konnen ebensogut wie Sie mit Swift sprechen und werden Ihnen beweisen, was man mit den richtigen Methoden aus ihm herausholen kann.“

„Ware es nicht fur alle Beteiligten besser, wenn die Forschung koordiniert wurde, damit die Ergebnisse beiden Seiten zugute kommen?“

„Das sieht Ihnen wieder ahnlich!“ antwortete der Drommianer gereizt. „Ich lege keinen Wert mehr auf eine Zusammenarbeit mit Menschen und werde dafur sorgen, da? ganz Dromm sich dieser Auffassung anschlie?t. Du hast doch Swifts Dialekt ziemlich gut gelernt, nicht wahr, mein Junge?“

„Ja, aber…“

„Dann ist alles in bester Ordnung. Ich wei?, da? du Easy magst, und ich nehme sogar an, da? sie sich seit der Zeit, die sie in deiner Gesellschaft verbracht hat, vorteilhaft von den ubrigen Menschen unterscheidet — aber ich wei? auch, da? sie eine seltene Ausnahme darstellt. Hier, nimm das Mikrophon des Roboters!

Du kannst dich mit Swift in Verbindung setzen und ihm etwas von mir ausrichten.“

„Aber das kann ich nicht, Dad.“ Selbst die Menschen erkannten deutlich, da? der junge Drommianer sich unbehaglich fuhlte.

„Du kannst nicht? Was soll das hei?en? Eben hast du noch behauptet, du hattest seine Sprache gut genug gelernt…“

„Ich verstehe sie wirklich ziemlich gut. Aber ich kann sie nicht aussprechen.“

„Soll das bedeuten, da? du nur zugehort hast, wahrend Easy mit den Eingeborenen gesprochen hat? Ich

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