»Dann nenne mich Daphne, solange ich in deinen Armen liege.«
»Aber, was soll .«
Neaira strich ihm uber die Lippen. »Wirst du mir meinen Wunsch erfullen?«
Philippos fing ihre Fingerspitzen mit den Lippen ein und hauchte leise: »Ja, meine Liebste ... Daphne.«
Samu war schon fast eingeschlafen, als ein scharrendes Gerausch sie aufhorchen lie?. Drau?en tobte der Sturm mit unverminderter Wut. Pfeifend strich der Wind um die prachtige Villa, und irgendwo in der Finsternis erklang das Schaben von durren Asten, die uber einen der holzernen Fensterladen schrammten. Hatte sie sich getauscht? War es nur der Sturmwind gewesen, den sie gehort hatte?
Angestrengt versuchte sie, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Sie hatte das Ollampchen neben ihrer
»Wer ist dort?« Samu versuchte, ihrer Stimme einen unerschrockenen, fordernden Klang zu geben, was klaglich mi?lang. Es horte sich mehr wie das heisere Krachzen eines Geiers an. Ihr Mund war staubtrocken.
»Ich, Batis«, ertonte es aus der Finsternis.
Der Priesterin schlug das Herz bis zum Hals. Der Leibwachter des
»Du mu?t mir helfen, Priesterin.«
»Helfen?« Samu hatte sich halb auf ihrem Lager aufgerichtet und druckte sich angstlich gegen die Wand. Sie traute dem Krieger nicht und uberlegte fieberhaft, wie sie aus dem Zimmer entkommen konnte.
»Du bist die einzige . « Die Laden am Fenster des Zimmers klapperten leise. Von drau?en kratzten Aste uber das Holz.
»Er ist hier!« Batis’ Stimme verstieg sich in schrille Hohen, so da? er jetzt fast wie ein aufgeregter Eunuch klang. »Horst du es auch?«
»Wer ist hier?« Die Priesterin versuchte vergeblich, den Nubier in der Finsternis auszumachen, bis sich plotzlich etwas Schweres auf ihre
»Nur du kannst mir noch helfen, Priesterin«, wimmerte der Krieger leise. »Ich wei? nicht, wie ich ihm entkommen soll!«
»Wem, verdammt nochmal! Von wem sprichst du?« Langsam hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewohnt, und sie erkannte die massige Gestalt des Nubiers. Batis beugte sich jetzt weiter zu ihr vor. Gleichzeitig wurde der Leichengeruch noch intensiver.
»Er«, flusterte der Nubier leise, und die Priesterin spurte seinen warmen Atem auf ihrer Wange. »Der geflugelte Gott.
Unter anderen Umstanden hatte Samu die Furcht des Nubiers mit einer spottischen Bemerkung abgetan. Warum hatten sich die Gotter ausgerechnet fur ihn interessieren sollen? Doch der su?liche Verwesungsgeruch, der schreckliche, nicht enden wollende Sturm ... Waren all das nicht deutliche Zeichen dafur, da? etwas Unfa?bares geschah? Vielleicht stand der Todesgott schon unmittelbar hinter dem Leibwachter des
»Ich kann ihn horen. Sein Flugelschlagen. Es kommt immer naher. Lausch nur!«
Samu hielt den Atem an und offnete sich ganz den tausend Gerauschen der Nacht. Dem schrillen Pfeifen des Windes, der durch den Saulengang vor ihrem Zimmer toste. Dem Klappern der Fensterladen. Dem Rauschen der Baume. Ganz schwach war sogar die Meeresbrandung zu horen. Das Gerausch der Wellen, die sich in wei?en Gischtwolken donnernd an den Klippen brachen. Flugelschlagen jedoch konnte sie nicht vernehmen. Doch was hie? das schon? Wenn
»Ich habe den Befehl des Gottes befolgt. Ich . ich konnte nicht anders«, stammelte der Nubier heiser. »Ich hatte Angst, ... doch ich mu?te es tun. Er ist doch ein Gott.«
»Und dafur verfolgt dich
»Nicht
»Und was hast du mit dem Kopf getan? Wo ist er jetzt?«
»Hier.« Der Nubier druckte ihr etwas in die Hande. Klebriger Leinenstoff streifte ihre Finger. Eine neue Welle von Verwesungsgeruch schlug Samu entgegen. Mit einem spitzen Schrei schob sie das unaussprechliche Bundel zu Batis zuruck. Fassungslos rang die Priesterin nach Worten.
»Du . du hast es die ganze Zeit aufgehoben?«
»Ich habe den Kopf in meinem Zimmer versteckt. Ich habe einen Sack daruber gestulpt, aber es nutzt nichts. Er verfolgt mich, und seine Augen sehen mich durch das Leinen hindurch an. Ich ... er will meinen Tod. Er hat den geflugelten Gott gerufen. Er ist immer in meiner Nahe.
Aber ich habe doch nicht anders gekonnt . Verstehst du? Mir hat ein Gott befohlen, mich an einem Gott zu vergehen! Was sollte ich tun? Ich habe das Bildnis des Flugelmannes mit Hundeblut beschmiert, damit es so aussah, als habe er Buphagos enthauptet und den Kopf des Mundschenks mit sich in sein Gotterreich genommen. Ich hatte keine Wahl . Wie auch immer ich mich entschieden hatte, ich hatte auf jeden Fall einen der Gotter beleidigt, und ich habe mein Leben dem
Fassungslos hatte Samu der wirren Geschichte des Nubiers gelauscht. Sie war nicht sicher, ob der Krieger wirklich vom Totengott verfolgt wurde, doch murmelte sie vorsichtshalber leise eine Schutzformel und schlug mit der Linken ein Zeichen, das bose Geister abwehrte. Sie mu?te an die Ereignisse in Italien denken. Daran, da? sie sich geschworen hatte, dem Nubier nie mehr zu helfen. Doch konnte sie es riskieren, ihn jetzt einfach hinauszuwerfen? Der Krieger war kurz davor, den Verstand zu verlieren. Was wurde geschehen, wenn sie ihn aus ihrem Zimmer vertrieb? Womoglich wurde Batis durch irgendeine unbedachte Handlung den ganzen Hofstaat in Gefahr bringen. Nicht da? ihr soviel an Ptolemaios und seinen Speichelleckern gelegen war, doch Kleopatra galt es um jeden Preis zu schutzen. Die junge Prinzessin war etwas Besonderes! Sie wurde vielleicht einmal eine Herrscherin werden, wie Agypten seit Jahrhunderten keine mehr gehabt hatte.
»Ich werde sehen, was ich fur dich tun kann, Batis. Doch du solltest wissen, da? ein langer, beschwerlicher Weg vor dir liegt. Du wirst dich von den Ubeln reinigen mussen. Deine Taten haben dich besudelt. Es ist ein Schmutz, der nicht an deinem Korper haftet, von dem du dich reinigen mu?t. Er zieht die bosen Geister an, die dich qualen. Du hast das Unsterbliche in dir besudelt. Ich kann dir nicht versprechen, da? ich dich vor dem Zorn eines fremden Gottes retten kann. Doch ich werde versuchen, was in meiner Macht steht. Zunachst einmal brauchen wir jetzt Licht.«
»Danke, Herrin. Ich hatte kaum zu hoffen gewagt .« Er versuchte, ihre Beine zu umklammern und ihr die Fu?e zu kussen, doch Samu entwand sich seiner Zudringlichkeit.
»Kannst du etwas sehen?«
»Kaum.«
»Neben meiner
Samu stand auf und tastete sich mit vorgestreckten Armen durch das Zimmer. Hinter sich konnte sie Batis