Aber er vertraute ja lieber diesem griechischen Legionsarzt.

Es mochte ja sein, da? Philippos sehr erfahren in der Behandlung offener Wunden war, doch was den Umgang mit Heilkrautern anging, war er alles andere als kundig.

Samu lie? sich auf einer der Marmorbanke im Atrium nieder und blickte zum Himmel. Sie sollte sich den Launen des Herrschers fugen! Vielleicht wurde Ptolemai-os mit der Zeit begreifen . Und selbst wenn nicht, war es besser, hier bei Hof zu sein, statt allein einer ungewissen Zukunft entgegenzusehen Es war doch im Grunde so leicht, den Pharao zufriedenzustellen! Sie mu?te nur so unterwurfig wie all die anderen Hoflinge sein und sich seinen Launen fugen. Vor allem sollte sie in Zukunft darauf verzichten, in seiner Gegenwart auszusprechen, was sie uber ihn dachte.

Kleopatras kleine Katze trottete uber den Hof und legte sich auf eine sonnenbeschienene Marmorbank. So sorglos wie eine Katze mu?te man sein.

»Dieser Bastard ist ein Dieb gewesen! Seht euch das hier an! Ein silberner Spiegel mit goldenem Griff, der die Gottin Hathor zeigt. Auf meiner Liste ist dieser Spiegel nicht zu finden. Oder das hier! Ein Schminkgefa? mit Kohl, geformt wie ein nubischer Lastentrager. Das existiert auch nicht auf meiner Liste.« Potheinos war au?er sich vor Wut. »Gut, da? dieser treulose Verrater schon tot ist. Ich wurde ihm sonst mit gluhenden Zangen die Haut vom Leib rei?en lassen.«

»Ich habe die gestohlenen Sachen auf seinem Zimmer gesehen. Thais hat sie sich nach seinem Tod genommen. Du mu?t sie bei ihr gefunden haben, Potheinos. Hat es dich nicht gewundert, da? eine einfache Hetaire so kostbares Schminkgerat besa??«

»Sie war die Auserwahlte des Pharaos. Ich wu?te nicht, ob es nicht vielleicht Geschenke des Neuen Osiris waren. Wir mussen Ptolemaios sofort die frohe Kunde uberbringen. Dadurch, da? du diesen Diebstahl aufgeklart hast, Philippos, erscheinen die Todesfalle der letzten Tage jetzt in einem vollig neuen Licht. Artemis hat nicht Frevler, sondern Diebe bestraft! Ja, in ihrer unendlichen Weisheit hat sie das Schicksal sogar so gelenkt, da? die gestohlenen Schatze zuletzt wieder in den Besitz der Konigsfamilie gelangten. Wir sollten der Gottin ein Dankopfer dafur bringen, da? sie so unnachgiebig die Ungetreuen ausgemerzt hat!«

Philippos kratzte sich am Kopf. Die Losung erschien ihm zu einfach. Auf der anderen Seite wurde sein Ansehen bei Ptolemaios wachsen, wenn der Herrscher von Pothei-nos uber die gluckliche Wendung unterrichtet wurde. Der Arzt rausperte sich verlegen. »Du solltest nicht vergessen, zu erwahnen, da? Batis mir bei der Losung dieses Mysteriums geholfen hat. Nur mit seiner Hilfe habe ich die Hintergrunde dieses Verbrechens an seiner gottlichen Majestat aufklaren konnen. Ohne deine scharfsinnigen Schlu?folgerungen in Frage zu stellen, mochte ich jedoch anmerken, da? es mir ein wenig seltsam erscheint, da? ein Mann wie Buphagos ausgerechnet Schminkutensilien gestohlen hat. Was wollte er damit?«

»Du wei?t doch, wie sehr er stets auf sein Au?eres bedacht war. Er hat sicher viel Geld fur Schminkutensilien und Salben ausgegeben. Vielleicht hatte er auch uberlegt, sich mit den Kleinodien die Gunst der Thais zuruckzukaufen. Seit der Herrscher sie fast allabendlich in seine Gemacher gerufen hat, unterhielt sie nur noch sehr sporadischen Kontakt zu Buphagos. Aber wen wundert das? Schlie?lich hatte sie nun mehr Macht und Einflu? als ihr einstiger Gonner.«

»Ich bewundere deine Klugheit, Potheinos. Nichts bleibt deinem klaren Blick fur die Tatsachen verborgen. Ich wunschte, ich konnte es dir darin gleichtun.«

Der Eunuch lachelte zufrieden. »Wenn du erst einmal so lange bei Hof uberlebt hast wie ich, dann wird auch dein Blick fur das Wesentliche gescharft sein. Doch nun la? uns den gottlichen Pharao aufsuchen. Er soll nicht langer auf die frohe Kunde warten mussen.«

Verwundert beobachtete Samu die Katze auf der Marmorbank. Das Tier hatte sich zu schutteln begonnen. Mit steifen Gliedern stand es dort und wurgte, als habe es sich an seinem Fressen verschluckt. Dann erbrach die Katze sich, doch schien ihr dies keine Erleichterung zu verschaffen. Wieder begann sie zu wurgen. Ihr Schwanz stand so steif wie ein Stock von ihrem Korper ab.

Die Priesterin uberquerte den Hof, um nach dem Tier zu sehen. Fast hatte sie die Katze erreicht, als diese das Gleichgewicht verlor und von der Bank auf die Marmorplatten sturzte. Zu schwach, die Pfoten vorzustrecken, schlug sie mit dem Kopf zuerst auf den Boden auf und wand sich in immer heftiger werdenden Krampfen.

Wieder erbrach sie sich. Es war schwarzer Auswurf, der mit frischem Blut durchsetzt war.

Die Priesterin mu?te an die schwarzroten Tranen der sterbenden Hetaire denken und dann an die Vision mit den sieben Katzen. Sie hatten ihr Leben fur die Herrin Isis gegeben. Das hie? ...

Mit einem Schreckensschrei auf den Lippen sprang Samu auf.

Kleopatra war die Tochter der Isis! Sie hatte die Vision bisher falsch gedeutet. Nicht fur die Gottin, sondern fur die Prinzessin hatten die Katzen ihr Leben gegeben! Wie von Furien gehetzt rannte die Priesterin uber den Hof zum Gemach der Prinzessin. All die Ereignisse der letzten Tage ordneten sich in ihrem Kopf zu einem klaren Muster. Nicht dem Zorn der Gottin waren Buphagos und Thais zum Opfer gefallen. Sie waren ermordet worden. Samu wu?te nicht, warum dies geschehen war, und sie hatte auch keine Vorstellung, wer fur diese Taten verantwortlich sein mochte, doch eines war ihr klar. Das nachste Opfer wurde Kleopatra sein!

Die Priesterin stie? die Tur zum Gemach der Prinzessin so heftig auf, da? sie krachend gegen die Wand schlug. Kleopatra und die Sklavin, die erneut begonnen hatte, die Frisur ihrer Herrin zu richten, drehten sich erschrocken um.

»Was .«

Samu wies auf den Elfenbeinstift in der Hand der Prinzessin.

»Wirf das weg! La? mich deine Augen sehen! Hast du das Kohl schon aufgetragen?«

»Was soll das?«

Samu sturmte durch das Zimmer und schlug der Prinzessin auf die Hand, so da? der mit schwarzer Schminke verschmierte Elfenbeinstift zu Boden fiel. »Deine Augen!« Entsetzt starrte die Priesterin dem Madchen ins Gesicht. Sie hatte die Augenbrauen, Wimpern und Lidrander mit schwarzem Kohl geschminkt und, so wie es zur Zeit der gro?en Pharaonen ublich war, die Linien der Lidrander mit einem Strich verlangert, der uber die Schlafen bis fast zu den Ohren reichte.

»Wisch das ab. Sofort!« schrie die Priesterin und begann, nach einem Tuch zu suchen.

»Was! Was ist mit dir los, Samu? Was soll das?«

Statt zu antworten, griff die Priesterin nach einem Gefa? mit Salbol, benetzte einen Zipfel ihres Gewandes damit und begann, Kleopatra die Schminke von den Lidern zu wischen.

»Bist du verruckt geworden?« Die Prinzessin versuchte, sich der Priesterin zu entwinden, die sie mit eisernem Griff gepackt hatte. »Es hat eine Ewigkeit gedauert, die Schminke aufzutragen. Ich werde zu spat zum Empfang kommen, wenn du jetzt alles wieder verwischst. Bitte hor auf! Was ist denn nur in dich gefahren?«

»Du wirst sterben«, keuchte die Priesterin, wahrend sie weiter mit dem oligen Stoff uber die Augenlider der Prinzessin wischte. »Das Kohl war vergiftet. Auf diese Weise sind Buphagos und Thais gestorben. Das Gift dringt durch die Haut in den Korper und totet dann. Wann hast du angefangen, die schwarze Schminke aufzutragen?«

»Sofort, nachdem du gegangen bist.«

Samu versuchte, abzuschatzen, wieviel Zeit seither vergangen war und wieviel Zeit der Hetaire und dem Mundschenk verblieben war, nachdem sie die Schminke aufgelegt hatten. Dann dachte die Priesterin an die Katze. Das Tier hatte, kurz bevor sie die Prinzessin verlassen hatte, von dem mit Ochsenfett versetzten Kohl genascht.

Wieviel Zeit mochte Kleopatra noch bleiben, bis das Gift zu wirken begann? Samu dachte mit Schrecken an die Nacht, in der Thais in ihren Armen gestorben war. Wenn das Gift erst einmal zu wirken begonnen hatte, gab es keine Hilfe mehr!

»Los, schaff eine Schale mit Wasser heran«, schnauzte sie die Sklavin an, die untatig neben ihr stand und sie erschrocken anstarrte. »Du mu?t dein Gesicht waschen, Kleopatra. Reib dir die Augen ab! Es darf nichts von dem Kohl haften bleiben!«

Samu nahm einen anderen Zipfel ihres Kleides und begann, die vom Ol glanzende Haut rund um die Augen der Prinzessin trocken zu reiben. Nur in den Augenwinkeln hafteten noch grunschwarze Reste von

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